Knill und Stolitzka im Interview
Industrie-Kapitäne glauben an die Kraft der heimischen Wirtschaft

Vom Jubiläum der Industriellenvereinigung über die Energiekrise bis zum Russland-Krieg: Stefan Stolitzka (l.) und Georg Knill im Interview mit meinbezirk.at | Foto: IV Steiermark
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Die Industriellenvereinigung (IV) feierte kürzlich ihren 75. Geburtstag, die Steirer Georg Knill und Stefan Stolitzka lenken die Geschicke der IV in Österreich bzw. der Steiermark. Wir haben die beiden zum Doppel-Interview gebeten.

STEIERMARK. Vom großen Jubiläum über die großen Krisen bis hin zu einem dennoch optimistischem Zukunftsbild. Der österreichische IV-Präsident Georg Knill und der steirische IV-Präsident Stefan Stolitzka spannten einen breiten Bogen über unser Land und dessen Zukunft.

Industriellenvereinigung 1947 und 2022 – was hat sich verändert in diesen 75 Jahren?
Stefan Stolitzka: 1947 war ein besonderes Jahr, alles lag in Schutt und Asche, die Verzweiflung war groß – was die Verzweiflung angeht, sind wir ja heute in einer ähnlichen Situation. Und dann hat man sich trotz aller Hoffnungslosigkeit entschieden, anzupacken und das gemeinsam anzugehen. Mit der Bevölkerung, mit der Politik sind wir damals die Dinge angegangen und haben sie durchgezogen. Das ist eine innere Gewissheit, die wir als Industrie haben, dass wir das können. Und wir haben alles immer wieder neu gedacht, damals und heute.
Georg Knill: Als Ergänzung dazu: Wir nehmen Verantwortung wahr, für unsere Mitglieder, für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Gesellschaft. Was uns über die 75 Jahre begleitet hat ist, dass die Industrie immer tragende Säule unseres Wohlstandes ist, immer wegweisend Zukunft gestaltet hat und sich immer wieder neu erfunden hat. Das ist unsere Stärke.

In der Gegenwart angekommen: Können wir es uns eigentlich leisten, dass wir aufgrund anderer Krisen den Klimaschutz hintanstellen?
Knill: Es braucht immer ein ausgewogenes Dreieck:Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Aufgrund der aktuellen Ereignisse haben wir natürlich eine Schieflage, das Dreieck ist nicht in Balance. Am langfristigen Weg halten wir dennoch fest, auch wenn es für die nächsten Jahre einen Umweg geben muss. Die besten Klimaschutzziele helfen nichts, wenn es zu Arbeitslosigkeit, sozialen Unruhen und Versorgungsengpässen kommt.
Stolitzka: Wir wollen die Ziele auch gar nicht nach hinten schieben. Wir sind derzeit in einem globalen Wirtschaftskrieg und in einer Notfallssituation. Forderungen wie etwa Mellach wieder in Betrieb zu nehmen, die kommen ja von der Politik. Aber: Vielleicht gibt es aus dem heraus sogar einen Transformationsschub, der sich sogar in Summe positiv auf die Klimaziele auswirkt.

Wie beurteilen Sie die Performance der Bundesregierung in diesen Krisen?
Stolitzka: Es braucht eine klare Führung, man kann doch so etwas nicht einem Ministerium überlassen. Der Bundeskanzler muss da die Führung übernehmen, muss ein Expertenteam zusammenstellen, muss laufend informieren.  Das gibt es in Österreich alles nicht und das ist eigentlich unfassbar.
Knill: Die Politik kann Krise nicht. Corona hat das bestätigt, die Energiekrise jetzt wieder. Wir haben ja nicht einmal die Gesetzgebung, die ein Krisenmanagement erlaubt, wie es notwendig wäre. In der größten Ausnahmesituation der letzten Jahrzehnte macht die Regierung "business as usual ..."

Stichwort Russland: Sind die Sanktionen der richtige Weg?
Knill: Wir haben als Industrie die Sanktionen von Anfang an mitgetragen, mit vollster Überzeugung. Wichtig ist nur: Die Sanktionen müssen das russische Regime treffen, nicht die Bevölkerung und schon gar nicht Europa. Die Gasversorgung war da immer die rote Linie.
Stolitzka: Zusätzlich muss es möglich sein – und das ist die Aufgabe der EU-Kommission – , dass sie die Sanktionen überprüft, ob sie wirksam sind, das ist man der Bevölkerung schuldig.

Foto: Kanizaj

Zurück nach Österreich: Wie geht es der Industrie?
Knill: Wir haben eine sehr eigenartige Konstellation. Wir haben volle Auftragsbücher, nahezu Vollbeschäftigung. Und dennoch ist der Blick in die nahe Zukunft ein äußerst unsicherer. Energiekosten, Inflation, Abflachen des Wirtschaftswachstums, all diese Themen schwirren herum, sind aber noch schwer einzuordnen.
Stolitzka: Derzeit kann ich nur Szenarien planen, das ist in jeder Branche anders, je nachdem wie die Lieferkettenproblematik aussieht, wie weit die Digitalisierung fortgeschritten ist. An der Planung arbeiten alle sehr intensiv.

Gibt es da leise Zuversicht?

Stolitzka: Prinzipiell können wir froh sein, dass wir die Industrie in Österreich haben. Es wäre aber wichtig, dass die Politik das den Menschen klar macht. Es wäre ein echtes Zeichen, so wie es auch Robert Habeck in Deutschland macht, jetzt zu sagen: Sind wir glücklich, dass wir eine so starke Industrie haben, gemeinsam werden wir das lösen. Es wird ja keiner annehmen, dass die Politik alleine etwas lösen kann.

Steht an der Spitze der österreichischen Industriellenvereinigung: der Weizer Georg Knill. | Foto: Horak
  • Steht an der Spitze der österreichischen Industriellenvereinigung: der Weizer Georg Knill.
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Was macht der deutsche Wirtschaftsminister Habeck besser?
Stolitzka: Er wirft ideologische Schranken über Bord, agiert absolut sachbezogen. Er vergisst die Gesellschaft nicht, er informiert die Menschen. Und er hat zur Industrie gesagt: Lasst uns zusammenarbeiten, denn ihr habt die Lösungen. Ich kann es nur unterstreichen, weg mit dem parteipolitischen Gebälk. Mehr denn je sind wir Teil der Lösung. Das werden wir künftig den Menschen noch stärker mit Information und Kommunikation sagen. Wir wollen vor allem die jungen Menschen mitnehmen, die unter 30-Jährigen – die erste Generation nach dem zweiten Weltkrieg, die mit einer solchen Fülle an Unsicherheiten leben muss.

Ihr Resümee?
Stolitzka: In Europa haben wir grundsätzlich hervorragende Voraussetzungen, um die Krisen zu meistern. Wir haben Technologie, wir haben bestens ausgebildete Menschen. Und wir haben Demokratie und Freiheit - deswegen können wir mit einer positiven Einstellung in die Zukunft gehen.
Knill: Der Blick nach vorne ist bei uns in der DNA, das hat die Historie immer wieder bewiesen: In den größten Krisen, den größten Herausforderungen haben wir immer wieder Übermenschliches geleistet und Dinge zum Besseren gewendet. Wir haben die Gewissheit, dass wir das können.

Vorsichtig, aber optimistisch: Georg Knill, Präsident IV Österreich, und Stefan Stolitzka, Präsident IV Steiermark, glauben an die Kraft und die Zukunft der Industrie. | Foto: IV Steiermark/Kanizaj
  • Vorsichtig, aber optimistisch: Georg Knill, Präsident IV Österreich, und Stefan Stolitzka, Präsident IV Steiermark, glauben an die Kraft und die Zukunft der Industrie.
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