Zwischen Wunsch und Wirklichkeit ...

Als neutraler Beobachter einer Generalversammlung des SK Sturm beizuwohnen, verlangt große Geduld und viel Sitzfleisch. Hitzige Diskussionen bis spät in die Nacht hinein und temperamentvolle Reden zeigen deutlich auf: Dieser Verein bewegt den Vorstand, die Spieler und natürlich seine Fans. Das ist gut so, es zeigt aber vor allem auch eines auf: Der SK Sturm bewegt sich wohl wie kein anderer Verein zwischen Wunsch und Wirklichkeit:

Stellenwert und Erwartungshaltung:
Der derzeitige zweite Tabellenplatz ist zwar schön, aber irgendwie gefährlich. Denn er lässt den Fan davon träumen, was in der jetzigen Situation eigentlich unrealistisch ist: vom Titel. In einem Land wie Österreich werden fast ausschließlich Vereine Meister, die viel Geld auf dem Konto haben (oder zumindest glauben, es zu haben): die Wiener Klubs, seinerzeit Sturm und Tirol, kurzfristig der GAK, jetzt Salzburg – alles gute Beispiele. Der finanzielle Background Sturms ist derzeit wohl auch mit der Phrase „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“ zu beschreiben. Mit einem Budget um die zehn Millionen wird man in Österreich nie ganz vorne sein. Dazu kommt, dass die eigenen Reserven aufgebraucht sind und man finanzielle Risiken (zum Glück) vermeiden will. Und weil Sturm nicht von einem Dosenimperium profitiert und die öffentliche Hand in Graz bei Weitem nicht so viel zuschießt wie jene in Wien, bleibt wohl oder übel nur eines: kleinere Brötchen zu backen. Nicht nur heuer und nächstes Jahr, sondern vermutlich auch noch länger. Dennoch: Der sportliche Erfolg ist da. Er trägt aber auch dazu bei, dass der Realitätssinn leicht verloren geht.

Mannschaft/Kader:
Ein Punkt, der regelmäßig für Diskussionen sorgt. Auf der einen Seite sollen junge Eigenbauspieler eingebaut werden, weil man ja ein Ausbildungsverein ist. „Die Akademie ist unsere Zukunft“ ist eine gern verwendete Parole. Auf der anderen Seite will man mehr: eine stärkere Mannschaft, die mit den Großen mithalten kann, und etwas mehr „Kohle“, zum Beispiel jene von Frank Stronach. Plötzlich tauchen nun also auch Parolen wie „Man darf auf die Spieler von Stronach nicht verzichten“ auf. Das passt hinten und vorne aber nicht mehr zusammen, denn beide Philosophien auf einmal zu verwirklichen, kann bei einem Verein wie Sturm, der international kein Stammgast ist, nicht funktionieren. Man muss endlich einen Weg einschlagen und diesen dann auch über einen längeren Zeitraum gehen.

Sponsoren:
Man kann über die Logo-Diskussion, ob Puntigamer im Wappen bleiben soll/muss oder nicht, denken, was man will. Auf jeden Fall hat sie vermutlich so manchem die Augen geöffnet. Und so mancher stellt sich jetzt die Frage: „Wie attraktiv ist der Klub für Sponsoren wirklich?“ Viele waren es in der Vergangenheit ja nicht, die präsentiert wurden ... Die Ausrede, dass daran ein „blaues Schild“ im Logo und der Schriftzug im Vereinsname schuld seien, ist wohl zu einfach. Dabei bietet der Klub alles, was man sich als Geldgeber vorstellt: Erfolg, Stimmung, hervorragende Fankultur, Tradition. Also sind es andere Gründe, warum Sturm nicht so „zieht“, wie es eigentlich sein müsste. Und diese gilt es zu erkennen, darüber nachzudenken und dann zu handeln. Bis dahin ist der Wunsch nach einem „freien Verein“ ein unerfüllbarer, Vergleiche mit Klubs wie Rapid oder gar der deutschen Bundesliga sind unangebracht und realitätsfremd, weil es eine andere Fußballwelt ist.
Die Conclusio: Sturm ist kein großer, aber auch kein kleiner Verein. Sturm liegt in der Mitte. Und diesen „goldenen“ Mittelweg – in allen Belangen – zu finden, ist die Herausforderung der nächsten Jahre.

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