Business-Lunch
capito – Der Weg zurück in die Welt des Lesens

Informatives Beisammensein: Klaus Candussi (l.) und WOCHE-Redakteur Stefan Haller wurden von Sabrina Weltsch bestens versorgt. | Foto: Jörgler
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  • Informatives Beisammensein: Klaus Candussi (l.) und WOCHE-Redakteur Stefan Haller wurden von Sabrina Weltsch bestens versorgt.
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atempo-Geschäftsführer Klaus Candussi im Gespräch über gelebte Inklusion und das Verstehen von Texten.

Im spannenden Bereich zwischen einer klassischen Non-Profit-Organisation und einem Social-Business hat es sich die atempo-Gruppe zum Ziel gesetzt, Inklusion selbstverständlich zu machen. Mit der Capito-App wird Sprache vereinfacht, wohlgemerkt für eine weit größere Zielgruppe als "nur" Menschen mit Beeinträchtigung. Co-Gründer und Geschäftsführer Klaus Candussi berichtet im WOCHE-Businesslunch von den schier unendlichen Möglichkeiten der capito-App, den Chancen, die sich damit jedem Konsumenten von Lesestoff aller Art bieten, und der Zukunft, die sich rund um künstliche Intelligenz dreht.

WOCHE: Wenn jemand das Programm nicht kennt: Was ist capito?
Klaus Candussi: capito ist zuallererst ein Instrument, um eine inklusive Gesellschaft zu schaffen. Wir haben gelernt, dass das Nichtverstehen von Texten genauso wirkt wie beispielsweise eine Stufe für einen Rollstuhlfahrer. Menschen können ohne die richtigen Informationen keine guten Entscheidungen treffen und ihre Bürgerrechte nicht wahrnehmen. capito übersetzt alle möglichen Texte – von behördlichen Dokumenten bis zu Zeitungsartikeln – auf einfacheres Sprachniveau.
An welche Zielgruppe richtet sich capito?
Die Kernzielgruppe waren und sind Menschen mit Lernschwierigkeiten. Allerdings zeigen Studien ganz klar auf, dass 60 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung Sprache auf den Niveaus C1 oder C2 nicht verstehen. Um das zu verdeutlichen: Eine österreichische Qualitätszeitung schreibt definitiv auf C-Niveau, unzählige Dokumente, zum Beispiel am Meldeamt oder auch Sicherheitsanweisungen in Unternehmen, sind alle auf C-Niveau. Deswegen haben wir auch Firmen und Unternehmen als Kunden, die sich ihre Innen- und Außenkommunikation von uns vereinfachen lassen.
In welchen Feldern lässt sich capito noch einsetzen?
Wir sind vermehrt dabei, capito für Nachrichtendienste einzusetzen. So kooperieren wir beispielsweise mit der Austria Presse Agentur (APA), da gibt es jetzt die sogenannten Top-Easy-News, die die wichtigsten Nachrichten des Tages vereinfacht und kompakt darstellen. Auch der ORF nutzt unser Angebot, dort sind wir im Teletext präsent.
Wie genau funktioniert die technische Umsetzung?
Im Moment ist es noch so, dass bei uns mehrere Redakteure arbeiten, die die rund 160 Kriterien für einfachere Sprache kennen und alle Texte quasi übersetzen. Der Kunde druckt dann unseren QR-Code (Siehe auch Infobox mit Beispiel rechts) auf das Originaldokument, diesen scannt man einfach ein und kann am Smartphone aus mehreren einfacheren Sprachniveaus wählen, sich den übersetzten Text vorlesen lassen und so weiter.
Wie sieht die Zukunft der Umsetzung Ihres Angebots aus?
Wir arbeiten aktuell mit den führenden Experten in Sachen Computerlinguistik zusammen, diese nutzen auch unsere Datenbank. Realistisch ist es, dass wir in rund fünf Jahren auf automatisiertes Übersetzen zurückgreifen können. Selbstlernende Software und künstliche Intelligenz sind die Zukunft in dieser Branche.
Warum ist das Angebot von capito für so viele Menschen relevant? Lesen wir heutzutage weniger und schlechter als früher?
Nein, das denke ich nicht, aber das Niveau, auf dem wir kommunizieren, ist höher. Lesen ist nicht wie Radfahren, das du niemals verlernst. Wenn man sich beispielsweise schon in der Schule mit dem Lesen etwas schwerer getan hat, hört man danach mit dem Lesen auf und verliert Lust und Können. capito ist auch ein Weg zurück in die Welt des Lesens. 

Musikwissenschafter mit sozialer Ader: Klaus Candussi | Foto: Jörgler
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Das ist Klaus Candussi:

Geboren am 16. Mai 1957 in Graz
Er ist verheiratet und hat – im Patchwork – fünf Kinder.
Candussi ist gemeinsam mit Walburga Fröhlich Gründer und Geschäftsführer der Atempo Gruppe.
Studiert hat Candussi Musikwissenschaften und Sozialmanagement.
Nach dem Studium arbeitete er unter anderem als freier Journalist, beispielsweise für Profil.
Danach war der 62-Jährige für die Lebenshilfe tätig, bevor er Alpha Nova und später atempo gründete.
Ausgleich zur Arbeit findet Candussi im Sport.
Vor allem das Laufen, bis hin zur Marathonstrecke, hat es ihm angetan.
Seinen Urlaub verbringt Candussi gerne ganz speziell: "Wir gehen beispielsweise einfach drauf los, mit Rucksack und Zelt, ohne konkretes Ziel. Dann schauen wir, wo es uns hintreibt."
Kulturell gesehen fährt Candussi aber auch gerne in die Toskana, vor allem die Renaissance-Malereien beeindrucken ihn.
Candussi liest gerne und viel, zumeist mehrere Bücher gleichzeitig. Darunter beispielsweise Camilleri oder Precht.
Als Kind wollte Candussi Landstreicher oder Bauer werden.

Infos zu atempo/capito:

Die atempo-Gruppe wurde im Jahr 2000 von Klaus Candussi und Walburga Fröhlich gegründet.
Das Unternehmen ist ein Hybrid aus einer klassischen Non-Profit-Organisation und einem Social-Business.
Insgesamt werden am Standort Graz 90 Mitarbeiter beschäftigt.
15 Prozent davon sind Menschen mit Beeinträchtigung, alle davon befinden sich in bezahlter Arbeit.
Zusätzlich zum Standort Graz wird ein klassisches Franchise-Modell genutzt.
Mit rund 90 Partnern wird so zusammengearbeitet.
"Flaggschiff" der atempo-Gruppe ist capito, eine App, die Sprache auf dem C-Level in einfachere Sprache übersetzt.
Kontakt:
capito
Heinrichstraße 145, 8010 Graz
E-Mail: office@capito.eu
Tel.: 0316 81 47 16 0

Gast&Wirtschaft:

das Lorenz
Heinrichstraße 145
8010 Graz
Web: www.daslorenz.at
E-Mail.: office@daslorenz.at
Telefon: 0650 79 82 768
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9 bis 15.30 Uhr, abends, am Wochenende und feiertags nur für Events
Beschreibung: "Das Lorenz", mit herrlichem Ambiente im alten Kapuzinerkloster, ist ein Geheimtipp, und das nicht nur für die schnelle Mittagspause. Vom gemütlichen Kaffee über das hervorragende Mittagsmenü bis hin zur Eventlocation für Hochzeiten und Feiern, hier ist man richtig. "Das Lorenz" ist Teil der atempo-Gruppe und beschäftigt auch beeinträchtigte Personen.
Das Essen: Klaus Candussi und WOCHE-Redakteur Stefan Haller entschieden sich für das Menü 1, bestehend aus Eierschwammerl-Frittata und frischem Salat. Fotograf Christopher Jörgler wählte Menü 2 – Fleischknödel mit Kraut. Als Nachspeise gab es Brandteigkrapferl und dazu Kaffee.
Die WOCHE meint: Zuvorkommende und freundliche Bedienung, schmackhaftes Essen und ein wundervoller Gastgarten – ein Besuch im "Das Lorenz" lohnt sich.

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