Laut Sprach-Expertin
Die Künstliche Intelligenz ist kein Sprachtalent

Künstliche Intelligenz nimmt Fachübersetzern zunehmend Arbeit ab beziehungsweise weg. | Foto: Unsplash
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Künstliche Intelligenz nimmt auch Fachübersetzern zunehmend Arbeit ab beziehungsweise weg. Allerdings bergen maschinelle Übersetzungen Risiken und Nebenwirkungen. Eine Grazer Sprach-Expertin legt die Tücken von Google Übersetzer und Co. offen. 

GRAZ. Wer lacht nicht gerne über skurrile Übersetzungsfehler? Besonders beliebt: "Kreative" Gerichte auf Speisekarten. Wenn aus einer Pizza "Quattro Stagioni" eine Pizza "Vier Bahnhöfe" oder aus "Patatas Bravas" "verrückte Kartoffeln" werden, weiß man, dass Google-Übersetzer die Finger im Spiel hatte. Mehr als ein Schmunzeln und ein wenig Verwirrung ziehen solche Fehler jedenfalls nicht nach sich. Weniger lustig wird es, wenn maschinelle Übersetzungen Fehler etwa in Handbüchern oder bei Straßenschildern verursachen. Davor, dass solche Fehler eine zunehmende Gefahr darstellen, warnt Übersetzungs-Expertin Ljubica Negovec

In ihrem "KI-Benchmark Report" deckt Ljubica Negovec  die Tücken der maschinellen Übersetzung auf. | Foto: Prontolux
  • In ihrem "KI-Benchmark Report" deckt Ljubica Negovec die Tücken der maschinellen Übersetzung auf.
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Mensch und Maschine

"Denn es glauben plötzlich alle, dass die Künstliche Intelligenz das jetzige und künftige Allheilmittel sei", stellt die Grazerin fest und kritisiert den vermeintlich vorherrschenden "KI-Hype". In ihrem Übersetzungsbüro "Allesprachen" arbeiten Negovec und ihre rund 2.000 Übersetzerinnen und Übersetzer schon seit fast 20 Jahren auch KI-gestützt. Entsprechend ist die Expertin nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Translation – "aber das Thema ist, dass Kunden denken, es würde keinerlei Bearbeitung bedürfen, wenn sie selber mit KI übersetzen lassen."

Wenn sich die Kundinnen und Kunden – großteils Industriebetriebe – bei "Allesprachen" anstatt für eine "Sechs-Augen"-Humanübersetzung, für ein KI-gestütztes Hybrid-Modell entscheiden, so kann Negovec immer noch versichern, dass zwei "menschliche" Fachübersetzerinnen beziehungsweise Fachübersetzer den Text unter die Lupe genommen haben. "Wir sagen also nur, dass die KI in die richtigen Hände muss", so die gebürtige Kroatin. Übergibt man der Maschine die ganze Verantwortung, sei die KI "grundgefährlich, weil sie fatale inhaltliche Fehler macht."

Sechs Augen oder eine Maschine und zwei Humanübersetzer haben bei "Allesprachen" die Texte im Blick.  | Foto: Unsplash
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Wo dem Künstlichen die Intelligenz fehlt

Einige solcher Fehler deckt Negovec in ihrem großen "KI-Benchmark-Report 2023" auf und weist auf die Tücken von Online-KI-Übersetzern hin. Weil derartige Übersetzungs-Programme immer zuerst ins Englische und dann erst in die Zielsprache übersetzen, wird etwa aus einem spezifischen Unternehmen eine "sterbende Unternehmensgruppe" anstatt "die Unternehmensgruppe", weil "die" mit "sterben" übersetzt wird. Gefährlich nicht nur für das Image eines Wirtschaftsbetriebs, aber folgenschwer für die Sicherheit im Straßenverkehr wird es bei der Übersetzung ins Portugiesische "das Umkehren auf der Autobahn ist verboten" anstelle von "das Rückwärtsfahren ist verboten" auf einem Straßenschild. 

"Auch beobachtet haben wir, dass die Rechtsregel im Rumänischen häufig zum Rechtsstaat wird. 'Äußerst rechts fahren' wird dann zu 'rechtsextrem fahren'', erläutert Negovec. Und besonders fatal wird es bei folgender "Tücke": "Ein Standardfehler bei maschinellen Übersetzungen: Verneinungen werden zu Bejahungen. Man will sich das gar nicht vorstellen, dass in einem Handbuch dann fälschlicherweise steht, 'drücke den roten Knopf'."

Viele Fehler entstehen dadurch, dass Übersetzungs-Programme immer zuerst ins Englische und dann erst in die Zielsprache übersetzen. | Foto: Unsplash
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Was die Zukunft bringt

Dass KI-Übersetzungen einmal ein Niveau erreichen, bei dem derartige Fehler nicht mehr passieren, kann sich Negovec gut vorstellen: "Vielleicht in ein paar Jahren." Spätestens dann müsse in der Übersetzungsbranche ein großes Umdenken stattfinden – "wenn die Künstliche Intelligenz aber so weit ist, dass sie Humanübersetzer vollkommen ersetzen kann, sind aber auch andere Branchen 'im Eimer'."

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