Geodäsie TU Graz
Grazer Forscher stellen schwere Dürre in Europa fest
Europa fehlt Grundwasser, sogar sehr viel. Dies belegen Satellitendaten, die am Institut für Geodäsie an der TU Graz ausgewertet werden. "Wir kriegen hier tatsächlich Probleme mit der Wasserversorgung", zeichnet Forscher Torsten Mayer-Gürr ein düsteres Szenario.
STEIERMARK. Europa erlebt seit Jahren eine schwere Dürre. Auf dem gesamten Kontinent ist der Grundwasserspiegel seit 2018 konstant niedrig, auch wenn Extremwetterereignisse mit Überschwemmungen zeitweilig ein anderes Bild vermitteln. Dass diese prekäre Dürre-Situation weiterhin anhält, zeigen Datenauswertungen von Torsten Mayer-Gürr und Andreas Kvas vom Institut für Geodäsie an der TU Graz.
Sie beobachteten im Rahmen des EU-Projekts "Global Gravity-based Groundwater Product" (G3P) mittels Satellitengravimetrie die weltweiten Grundwasservorkommen und dokumentierten deren Veränderungen in den vergangenen Jahren.
Weitreichende Folgen
Die Auswirkungen dieser langanhaltenden Dürre kamen in Europa vergangenen Sommer zum Vorschein, heißt es seitens der Forscher. Trockene Flussbetten, stehende Gewässer, die zusehends verschwanden und damit einhergehend zahlreiche Auswirkungen auf Natur und Mensch.
Nicht nur, dass zahlreiche Wasserlebewesen ihren Lebensraum verloren und trockene Böden der Landwirtschaft viele Probleme bereiteten, auch die Energieknappheit in Europa habe sich dadurch verschärft. Für Atomkraftwerke in Frankreich fehlte etwa das Kühlwasser, um genügend Strom erzeugen zu können und Wasserkraftwerke konnten ohne ausreichend Wasser ihre Funktion ebenfalls nicht erfüllen.
"Tom und Jerry" im Weltall
Kernstück des EU-Projekts, von dem die TU Graz wesentlicher Bestandteil ist, sind Zwillingssatelliten namens "Tom und Jerry". In einer polaren Umlaufbahn in knapp 490 Kilometern Höhe umkreisen die Satelliten die Erde und liefern den Geodätinnen und Geodäten der TU Graz dabei die Daten aus dem Weltall, die sie für die Bemessung des Grundwasserspeichers brauchen.
Wichtig ist der Abstand zwischen den Satelliten von rund 200 Kilometern: Der hintere darf den vorderen nicht einholen, weswegen sie in Anlehnung an die Cartoon-Figuren auch die Bezeichnung Tom und Jerry erhalten haben. Das alles geschieht bei einer Fluggeschwindigkeit von rund 30.000 km/h – so schaffen die beiden Satelliten 15 Erdumläufe am Tag, womit sie nach einem Monat eine komplette Abdeckung der Erdoberfläche erreichen.
Das bedeutet wiederum, dass die TU Graz jeden Monat eine "Schwerekarte" der Erde liefern kann. "Die Prozessierung und der Rechenaufwand sind hier ziemlich groß. Wir haben alle fünf Sekunden eine Abstandsmessung und damit etwa eine halbe Million Messungen pro Monat. Daraus bestimmen wir dann Schwerefeldkarten“, erklärt Mayer-Gürr. Mithilfe der anderen Projekt-Partner, zu denen neben österreichischen auch deutsche, schweizer, französische, spanische, finnische und niederländische Forschungseinrichtungen gehören, kann anhand dieser Schwerekarte dann der Grundwasser-Anteil ermittelt werden.
Europa hat ein Wasserproblem
Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit zeigt, dass die Wassersituation in Europa mittlerweile sehr prekär geworden ist. Der Grazer Geodät hatte dies, wie er sagt, in so einem Ausmaß nicht erwartet. "Ich hätte mir vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass Wasser hier in Europa einmal ein Problem sein könnte, vor allem in Deutschland oder Österreich. Wir kriegen hier tatsächlich Probleme mit der Wasserversorgung, da müssen wir uns Gedanken machen.“ Aus seiner Sicht ist es zunächst einmal notwendig, die sich fortsetzende Dürre auch mit Daten belegen zu können und fortlaufende Satellitenmission dazu im All zu haben.
Die europäische Weltraumagentur ESA und ihr US-Pendant NASA werden diese Forschungen mit dem Projekt MAGIC (Mass-change And Geoscience International Constellation) fortsetzen. Bei der Datenauswertung wird die TU Graz wieder mit an Bord sein.
Das könnte dich auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.