Studium an der TU Graz
Mit Geodäsie wird man zum Klimawandel-Spezialist
Wie sie Veränderungen auf der Erde millimetergenau messen und damit die Auswirkungen der Klimakrise präzise beobachten können schildern zwei Geodäten der Technischen Universität in Graz.
GRAZ. Liest man von schmelzenden Polkappen, dem Rückgang der Gletscher oder davon, dass es weltweit wieder weniger Wald gibt, so stecken Geowissenschafter, beziehungsweise genauer gesagt Geodätinnen und Geodäten hinter diesen Aussagen. Anhand von Messungen aus der Luft – mit Satelliten und Flugzeugen – kann die Geodäsie millimetergenau feststellen, wie sich die Erde verändert.
Mit Geodäsie die Welt vermessen
Für globale Auswirkungen des Klimawandels sind Geodätinnen und Geodäten also die Profis. "Zu sagen ,Es ist diesen Sommer so heiß – das muss der Klimawandel sein', ist nicht ausreichend. In der Geodäsie beobachten wir das System Erde und legen die Veränderungen mit objektiven Messmethoden dar", erklärt Johannes Scholz, Professor an der TU Graz. "Wenn man sich die Daten ansieht, wird einem durchaus angst und bang", meint der Geodät.
Aufgabe der Geodäsie sei es aber nicht, klimapolitische Entscheidungen zu treffen: "Indem wir genaue Zahlen liefern, können wir die gefühlsbetonte Diskussion auf eine sachliche Ebene bringen." Was die Wissenschaft aber kann, ist es, Lösungen aufzuzeigen. So gibt es am Institut für Geodäsie an der TU Graz zahlreiche Projekte zum Thema Nachhaltigkeit. Etwa Studien dazu, welche Flächen sich für Photovoltaikanlagen anbieten, oder die Erarbeitung einer Waldbrand-Gefährdungskarte, mit der potenzielle Gefahren aufgezeigt und verhindert werden können.
Moderne Wissenschaft
Die Vermessung der Erde, welche die Geodäsie vornehmen kann, ermöglicht neben der Beobachtung von Auswirkungen des Klimawandels aber auch noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten. Ursprünglich aus der Blütezeit der k.u.k.-Monarchie für die Grundstücksvermessung entstanden, hat sich die Geodäsie heute zu einer hochfortschrittlichen Wissenschaft entwickelt, mit der etwa 3D-Modelle für Augmented Reality oder die Daten für einen GPS-Routenplaner geliefert werden können.
"Die Anwendungen der Geodäsie sind direkt bei den Menschen", bekräftigt Geodäsie-Student Thomas Lercher. Gleichzeitig sei der Mensch auch selber Datenproduzent. "Mit dem Smartphone produziert jeder Mensch Unmengen an Geodaten", weiß Scholz. Dadurch seien auch die Möglichkeiten in der Geodäsie "explodiert". "Als ich vor etwa 20 Jahren studiert habe, haben wir unter Datenarmut gelitten. Heute ist es genau umgekehrt – wir haben unzählige verschiedene Quellen, aus denen ich wählen muss."
Daten als kostbarer Rohstoff
Daten zählen heute als der wichtigster Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Damit umzugehen wissen Geodätinnen und Geodäten – entsprechend ist auch die Nachfrage an der Expertise groß: "Nach dem Studium habe ich sehr viele Möglichkeiten – es gibt dreimal so viele Jobs wie Geodäten", sagt der Student. In Graz ist Lercher mit seinem Studium schon an einem guten Standort – nicht nur betreibt das Institut der Technischen Universität führende Forschung im Bereich der Geodäsie, auch sitzt in Graz der Weltmarktführer für Luftbild-Kameras "Vexcel".
Obwohl Geodätinnen und Geodäten in so vielen Bereichen und teils in unserem alltäglichen Leben ihre "Finger im Spiel" haben, genießt die Geodäsie in der Öffentlichkeit noch keinen großen Bekanntheitswert, was sich auch auf die Zahl der Studienanfänger auswirkt: Nur etwa 80 Studierende zählt das Institut an der TU Graz. Für alle, die sich auf sachliche Art und Weise mit dem Thema Klimawandel beschäftigen möchten, wäre die Geodäsie wohl eine Überlegung wert.
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