Realitätsverlust an den Finanzmärkten
Wer sein Geld in Aktien veranlagt hat, braucht zurzeit gute Nerven. Denn an den Börsen herrscht Chaos pur, Zustände, die an den Ausbruch der Krise im Jahr 2008 erinnern. Doch spiegeln sie tatsächlich die realwirtschaftliche Entwicklung wider? „Nicht wirklich“, meinen Hans Jaklitsch und Ewald Verhounig vom Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS) in der Wirtschaftskammer. Die steirischen Konjunkturdaten und Firmenergebnisse würden allesamt in eine andere Richtung zeigen.
„Die letzte Prognose geht von einem regionalen Wirtschaftswachstum von 3 Prozent aus, damit belegt die Steiermark Platz drei im Bundesländerranking“, so Jaklitsch. Bedarf für eine Korrektur dieser positiven Aussichten sieht er derzeit (noch) nicht. Denn, wie gesagt, den weiß-grünen Leitbetrieben geht es gut. Dennoch mussten auch sie zum Teil massive Kurseinbrüche hinnehmen.
Bestes Beispiel dafür ist die Andritz AG. Der Technologiekonzern mit Sitz in Graz verbuchte im zweiten Quartal ein Umsatzplus von 31 Prozent, die Gewinne stiegen sogar um 34 Prozent. Und trotzdem knickte der Aktienkurs seit Anfang Juni um mehr als 15 Prozent ein – wohlgemerkt bei einem Rekordauftragsstand von 7,25 Milliarden Euro.
„Ähnlich ist es auch den meisten anderen der rund 200 börsennotierten Unternehmen in der Steiermark ergangen“, schütteln Jaklitsch und Verhounig den Kopf. „Sie sind trotz guter betriebswirtschaftlicher Kennzahlen in den Sog der Turbulenzen geraten.“
Doch wie kommt man da wieder raus? „Die wundersame Brotvermehrung gibt es nicht, auch nicht in der Finanzwirtschaft. Hier braucht es ein gewisses Maß an Regulierung“, so Verhounig. Aber auch an der Behebung der eigentlichen Ursache, dem Schuldenproblem, führe kein Weg vorbei. Jaklitsch: „Es mehren sich die Stimmen, die eine moderate Inflation von 4 bis 5 Prozent für den besten Weg halten.“
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