Disruptiv
Ruppert Bodmeier – oder wie man die Wirtschaftswelt neu denkt

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Er bezeichnet sich selbst als digitaler Innovationsdesigner, hat in Deutschland viele große Konzerne beraten, sich mit "disruptiven Geschäftsideen" einen Namen gemacht. Die Rede ist von Ruppert Bodmeier, CEO von "Disrooptive". Er weilte auf Einladung von Wirtschaftsbund-Direktor Kurt Egger in Graz, die WOCHE traf ihn am Rande einer "Business Lounge" des Wirtschaftsbundes zum Gespräch. (Mehr Infos zum Unternehmen: Disrooptive)

Sie sagen, disruptive Innovation kann jeder lernen. Ist das so?
R. Bodmeier: Wir sagen immer, Innovation ist ein gesamtheitlicher Prozess. Man kann das nicht einfach fünf Menschen in der Organisation geben oder extern beauftragen. Das stößt nur auf Widerstand. Es braucht Möglichkeiten um die Menschen im Unternehmen einzubinden. Und die haben Ideen!

Gibt es eine Definition für "disruptive Geschäftsmodelle"?
Da gibt es viele Ansätze, ich würde es in einem Punkt zusammenfassen: Mit dem Status quo brechen.

Wie gehen Sie das an?
Wir haben gelernt, dass es notwendig ist, auf ein und dasselbe Problem aus verschiedenen Blickwinkeln draufzuschauen. Der eine mag Risiko, der andere weniger, wenn man alle Sichtweisen hat, kann man auch alle Facetten des Problems beleuchten. Wenn wir mit Unternehmen arbeiten, haben wir sowohl Leute aus der IT als auch Controller, Geschäftsführer und noch einige mehr. Ideen können von überall herkommen. Wir sind auch in der Organisation viel zu industrialisiert, wir glauben, ein Finanzer kann nur Finanzen, ein Controller kann nur controllen und ein Kreativer kann mit Zahlen nichts anfangen. Aber die Menschen müssen ja alle im Alltag auch zurecht kommen, ein Finanzer gestaltet seinen Garten, ein Kreativer muss auch seine Steuererklärung abgeben.

Ist Innovation immer Revolution oder darf es auch Evolution sein?
Jeder will immer zum Mars fliegen, das Helikopter-Taxi erfinden, ein I-Phone kommt auch nur alle Jubeljahre. Da stecken sich die Unternehmen viel zu hohe Erwartungen. Es ist absolut okay, einmal den Status Quo zu erheben, einen Ideenansatz zu finden und den einmal über mehrere Phasen zu schleifen. Man wundert sich, was auf einer solchen Reise immer wieder herauskommt. Das reicht als Ergebnis schon, nicht jeder kann das nächste "Apple" werden.

Was empfehlen Sie?
Wir raten immer dazu, sich aus der eigenen Branche zu verabschieden und zu schauen, welche Lösungen andere Branchen haben. Das plakativste Beispiel ist die Autoindustrie. Nichts, was dort an Innovation passiert, hat seinen Ursprung dort – es kommen Dinge aus der Software, Stichwort autonomes Fahren, Echtzeit-Updates aus der App-Branche, Akku-Technologie aus der Smartphone-Branche ...

Welche Tipps zur Entwicklung geben Sie?
Die meisten Unternehmen versuchen immer besser zu sein als die Konkurrenz – und vergessen darauf anders zu sein als die Konkurrenz. Nehmen wir den Handel: Der eine liefert das Paket in drei Stunden, der andere dann in zwei. Was ist der fulminante Mehrwert, den ich gegenüber dem Mitbewerb habe? Der ist irgendwann nicht mehr zu entdecken.

Und gegen Amazon hat sowieso niemand eine Chance, oder?

Da würde ich nicht darauf wetten. Amazon hat unglaubliche Schwachpunkte, aber da haut halt derzeit noch niemand drauf. Zum Beispiel: Amazon Deutschland hat 300 Millionen Produkte, die sie nur in Deutschland anbieten. Das heißt aber auch im Umkehrschluss, dass dieser Apparat, der das möglich macht, in Stein gemeißelt ist, den ändert man nicht einfach einmal in einer Woche.

Welche Chance sehen Sie da?
Wenn ich Händler wäre, würde ich genau in diese Kerbe schlagen. Ich würde mir überlegen, wie kann ich meine Daten, meine Zugänge zum Sortiment so ändern, dass Amazon daneben wie Steinzeit wirkt.

Amazon wird unflexibel?
Wenn ich mir den Onlineshop im Zeitverlauf der letzten zehn Jahre anschau, merk ich da keine großen Sprünge. Aber alle anderen versuchen halt nur Amazon nachzumachen. Und das garantiert Amazon, dass sie keine Probleme bekommen.

Sie sprechen immer wieder vom Post-Amazon-Zeitalter. Wie ist das zu verstehen?
Wenn ich mir den Handel ansehe und davon ausgehe, dass dies nicht der Endausbau ist, dann wird es eine Zeit geben, in der das anders strukturiert sein wird. Heute organisiert sich Amazon ja nach Warenkategorien, sie geben Bücher rein, Filme und vieles mehr, darunter verästelt es sich. Das wird auf alle Branchen so umgelegt. Das stimmt aber so nicht, weil es einen Unterschied macht, ob es Fashion oder Dinge des täglichen Bedarfs sind.

Ein Beispiel?
Wir haben für ein Unternehmen der REWE-Gruppe gearbeitet, das im Gartenbereich unterwegs ist. Wir haben uns die Frage gestellt: Was ist das Hauptthema, wenn ich im Garten arbeite? Das Wetter. Also haben wir nur Produkte aufgelistet, die dem entsprechen. Wenn ich weiß, dass es die nächsten 14 Tage sehr heiß wird, dann präsentiere ich halt eher Gießkanne und Gartenschlauch, vor den Eisheiligen gebe ich Tipps, dass man jetzt eher Setzlinge kauft, sie aber erst später pflanzt. Heißt: Mehr in Alltagssituationen denken, mehr warenübergreifend.

Darf man mit neuen Geschäftsmodellen auch scheitern?

Ich kann das nur so reflektieren: Ich habe aus meinen Fehlern mehr gelernt als aus meinen Erfolgen. Erfolge haben mich eher träge und besserwisserisch gemacht, Misserfolge haben mich geerdet. Ja, es tut weh, aber man muss man hinschauen, was der Fehler war. Daraus kann man viel Wissen ziehen. Es gibt einen Spruch, der trifft's gut: Schlechte Unternehmen suchen Schuldige, gute suchen Lösungen. Wenn man Neues angeht, darf man sich nicht eine hundertprozentige Erfolgsquote erwarten, das ist Quatsch. Nehmen Sie Albert Einstein und seine Relativitätstheorie. Von der spricht jeder, er hatte aber auch 248 Veröffentlichungen, die heute niemand mehr kennt.

Letzte Frage: Wohin wird die Reise im Handel gehen?
Vielfalt ist der große Trend, es wird nicht mehr den Sportartikler geben, der 20 Paar Schuhe und 20 Kapuzenpullisim Regal hat. Dieses Modell ist endlich. Wir werden unglaublich viele Nischen erleben und neue Interpretationen wie man Dinge verkauft.
Der zweite Trend: Ein Händler, der heute noch denkt,dass er seine Margen mit Handel verdient, der hat's noch nicht läuten gehört. Amazon verkauft nicht nur, on top vermietet man ganze Serverlandschaften. Den Mehrumsatz legt man dann pro Kopf auf Kunden um – und das erlaubt dann zehn Euro mehr für den Kunden auszugeben. Oder man erlaubt Werbung auf seiner Plattform, um auch mit jenen Geld zu verdienen, die nicht bestellen. Wer es also nicht schafft, zwei oder drei Einnahmenstandbeine zu bauen, der wird so massiv unter Druck kommen, dass es eng wird.
Und dritter Trend: Alltagstauglichkeit. Man wird weniger Sortimentsanbieter, sondern vielmehr Lösungsanbieter.

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