"Warum tun Leute das, was sie tun?": Businesslunch Spezial mit Whatchado-Gründer Ali Mahlodji

Blickt optimistisch in die Zukunft: Ali Mahlodji | Foto: Jörgler
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  • Blickt optimistisch in die Zukunft: Ali Mahlodji
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Er ist internationaler Unternehmer, EU-Jugendbotschafter, Keynote-Speaker, Investor, Berater und Buchautor. Von einem Flüchtlingskind, das stotterte, hat er es zu einem Arbeitgeber mit 50 Mitarbeitern gebracht. Die Rede ist von Whatchado-Gründer Ali Mahlodji, der der WOCHE bei einem Graz-Besuch in einem "Businesslunch Spezial" Rede und Antwort steht.

WOCHE: Was steckt hinter der Idee von Whatchado?
Ali Mahlodji: Die zentrale Frage hinter der Gründung war: "Warum tun Menschen das, was sie tun?" Unabhängig von der Herkunft wollten ich und meine vier Partner herausfinden, was sie antreibt, wie ihr Werdegang aussieht und welche berufliche Geschichte bereits hinter ihnen liegt. So haben wir 2012 die Karriereplattform Whatchado ins Leben gerufen.

Menschen erzählen in Form von Videos ihre Geschichte, um was zu erreichen?
Zunächst ist wichtig, zu sagen, dass sämtliche Interviews, die wir führen, immer nach dem gleichen Muster ablaufen, um sie vergleichbar zu machen. Auf Basis aller Daten werden dem Gesprächspartner dann Videos von Menschen vorgeschlagen, die die gleichen Interessen haben. Bei Interesse eines speziellen Berufsbildes, werden dem User auch gleich Stelleninserate gezeigt.

Wie hat sich die Arbeitswelt zuletzt verändert?
Es gibt Sicherheitsmechanismen in der alten Welt, die nicht mehr greifen. Ein lebenslanger Job mit einer hohen Pension ist für die Jugend von heute nicht mehr realistisch. Viele Menschen sind aber orientierungslos, gerade sie müssen sich fragen, was der Sinn des Ganzen ist: Wie wirkt sich das Tun auf das Leben der anderen aus?

Sie haben erwähnt, dass den Menschen sehr häufig der Selbstglaube fehlt ...
Sie müssen mehr Glauben an ihr Potenzial haben. Ein Beispiel: Bei einem Workshop habe ich Manager gebeten, ein Haus zu zeichnen. Nahezu 99 Prozent haben es mit eckigen Fenstern gezeichnet, fast niemand mit runden. Wo war da der Mut zur Veränderung? Wir sehen das auch bei den Whatchado-Videos. Oft glauben die Interviewten, dass ihre Story nicht interessant ist. Dabei ist die Vorstellung von einem geradlinigen, für manche vielleicht langweiligen Leben eher die Ausnahme. Viel eher durchlaufen die meisten einen Zick-Zack-Kurs.

Auch Ihr Leben lief alles andere als geradlinig ab ...
Das kann man so sagen. Ich bin im Flüchtlingsheim Traiskirchen aufgewachsen, musste bis zum 14. Lebensjahr Kleidung von der Caritas tragen. Dann habe ich auch noch die Schule im Maturajahr abgebrochen und in weiterer Folge einen Job als Hilfsarbeiter angenommen. Die Welt ist aber nicht zusammengebrochen, ich habe die Abendmatura nachgemacht, einen Bachelor-Abschluss in zwei statt drei Jahren geholt und, nach zuvor 70 erfolglosen Bewerbungen, einen Managerjob bei Sun Microsystems ergattert.

Welche Auswirkungen hatte Ihre Zäsur, das Burn-out?
In der Sekunde, wo ich alle Menschen enttäuscht hatte, war ich frei. Ich habe dann gewusst, dass ich in Zukunft mit jungen Leuten arbeiten möchte. Als Lehrer bin ich auf meine Jugendidee nach einem Handbuch der Lebensgeschichten und in weiterer Folge zur Gründung von Whatchado gekommen.

Welchen Tipp geben Sie jungen Leuten heute?
Das sage ich bei all meinen Vorträgen: Sie müssen Geduld, Gelassenheit und Tiefe beweisen. Mit der nötigen Haltung und einer gewissen Portion an Selbstvertrauen steht die Welt für sie offen. Zehn Prozent des Erfolges sind gute Ideen, 90 Prozent entstehen aber aus dem Tun.

Der Blick nach vorne ist positiv?
Definitiv. Wir müssen begreifen, dass wir alle gemeinsam die Zukunft sind.

Das ist Ali Mahlodji

Geboren 1981 in Teheran.
Zwei Jahre später musste die Familie nach der Teilnahme an einer Demo gegen die Regierung aus der angestammten Heimat in die Türkei flüchten.
Mithilfe von Amnesty International, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und dem Österreichischen Innenministerium wurden sie letztendlich ins Flüchtlingsheim Traiskirchen gebracht.
Für Mahlodji war das Erlernen der deutschen Spache das Um und Auf. "Das sage ich auch heute zu jenen Menschen, die nach Österreich kommen."
Als Kind stotterte er: "Ich habe mittlerweile aber gelernt, damit umzugehen."
Nach der Scheidung seiner Eltern schmiss er die Schule knapp vor der Matura hin. "Flüchtling, Schulabbrecher: Ich war am unteren Ende der Nahrungskette."
Im Anschluss begann er als Hilfsarbeiter, holte auch die Matura nach, studierte berufsbegleitend an der Fachhochschule Technikum Wien und schloss den Bachelor unter Mindeststudienzeit ab.
70 (!) Mal bewarb er sich bei Sun Microsystems, ehe er ein Praktikum als Projektmanager erhielt.
Nach einem Burn-out entschied er sich für eine Lehrerlaufbahn, schrieb seine Autobiografie und gründete letztendlich mit drei weiteren Partnern Whatchado.
Heute ist er nicht nur EU-Jugendbotschafter und Keynote-Speaker, sondern auch Trend- und Zukunftsforscher.

Infos zu Whatchado

Whatchado wurde im Jahr 2012 von Ali Mahlodji und weiteren drei Personen gegründet.
Das Konzept wurde in deren Freizeit entwickelt, am Anfang hatte das Quintett nur ein Büro ohne Internetanschluss zur Verfügung.
Zielgruppe der Karriereplattform sind vor allem junge Menschen.
Kernaufgabe ist das Führen von Interviews mit Menschen aus unterschiedlichen Bereichen, bei denen es vor allem um den beruflichen Werdegang geht.
Bis jetzt wurden so 7.000 Geschichten aus über 100 Ländern produziert und veröffentlicht.
Auszeichnungen, u. a.: Gewinner European Youth Award, Trigos-Award, Social Impact Award ...
Schon vor einiger Zeit ist Ali Mahlodji aus dem operativen Geschäft aus- und in den Beirat eingestiegen und kümmert sich seit dieser Zeit vermehrt um neue Projekte an der Schnittstelle Bildung und Arbeitswelt, z. B. als Autor des „Work Report 2019“, der beim Zukunftsinstitut erschienen ist.

Gast & Wirtschaft: Nova Air
(Flughafen Restaurant)

Adresse: Fischeraustraße 22, 8051 Graz
Web: http://www.novapark.at/de/
Beschreibung: Ein Mini-Flughafen auf einem Hotel in Graz? Ein Faschingsscherz sieht anders aus, frag nach beim Hotel Novapark. Im Vorjahr ließ man unter großem Aufwand eine Iljuschin und eine Boeing in die Murmetropole bringen, mittlerweile thronen die beiden Flugzeuge auf dem Hotelkomplex und stehen den Gästen als Restaurant bzw. Bar zur Verfügung. Öffnungszeiten Flieger-Bar: Montag bis Freitag von 15 bis 24 Uhr, Samstag von elf bis 24 Uhr, Sonntag von elf bis 19 Uhr.
Öffnungszeiten Dinner-Restaurant: Montag bis Samstag von 17 bis 23 Uhr, Sonntag von elf bis 15 Uhr.
Das Essen: Ali Mahlodji war zeitlich sehr im Stress, aus diesem Grund gabs nur eine Kaffee-Runde, dafür staunte der Whatchado-Gründer umso mehr über den Ausblick aus den Flugzeugen.
Die WOCHE meint: Essen und trinken in zwei Flugzeugen über Graz: Das sollte man sich einfach nicht entgehen lassen.

Blickt optimistisch in die Zukunft: Ali Mahlodji | Foto: Jörgler
Ready for Take-off: Novapark-Hoteldirektor Josef Röck, Martina Maros-Goller (WOCHE), Ali Mahlodji und Christoph Hofer (WOCHE, v. l.) | Foto: Jörgler
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