Von Kreisky, Comics und Maturafragen: Graz persönlich mit Heinz Fischer

Gut gelaunt und mit unfassbarem Geschichtswissen bewaffnet, empfing Heinz Fischer die Gäste in der Buchhandlung Leykam. | Foto: KK
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Umfangreiches Wissen, gepaart mit einer gehörigen Prise Humor: Es ist nicht sehr einfach, Heinz Fischer mit wenigen Worten zu beschreiben, noch schwerer ist es wohl, den österreichischen Bundespräsidenten außer Dienst in Geschichte zu übertrumpfen.
Zu gut erinnert sich der 79-Jährige an jedes Detail aus seiner bewegten Kindheit. "Ich habe aufgrund des Zweiten Weltkrieges vier verschiedene Volksschulen im Burgenland, in Niederösterreich und Wien besuchen müssen."

Der Krieg als Wechsel-Grund

Was viele allerdings gar nicht wissen: Geboren ist der langjährige Politiker in Graz, wo sein Vater einst beim Magistrat tätig war. Aufgrund des Anschlusses von Österreich an Deutschland verlor dieser aber seine Arbeit, der Umzug nach Wien war unumgänglich. "Auch, wenn ich nicht lange hier wohnhaft war, komme ich immer wieder gerne nach Graz zurück", gesteht Fischer im Rahmen einer Lesung in der Buchhandlung Leykam im Citypark.
Die Erinnerungen sind nie verblasst, nur zu gerne erinnert er sich an den Schrebergarten des Großvaters und an schöne Orte wie den Hilmteich zurück.

Comic und Geschichte

In den vergangenen Jahrzehnten hat Fischer zahlreiche Schriften verfasst, die sehr häufig einen zeitgeschichtlichen Kontext aufweisen. Besonders in Erinnerung geblieben ist etwa die Veröffentlichung des Buches "Die Kreisky-Jahre", in dem er seine Erlebnisse mit dem charismatischen Bundeskanzler zu Papier gebracht hat.
Die österreichische Geschichte steht auch im Mittelpunkt jenes Werkes, das Fischer dem gebannten Auditorium in der Grazer Leykam-Filiale präsentiert hat. Ein nicht unwichtiges Detail unterscheidet die Publikation, die den Namen "Heinz Fischer und die Zweite Republik" trägt, aber von allen anderen: "Es ist kein Buch im herkömmlichen Sinn, sondern eine Graphic Novel geworden."
Ein Comic-Roman also, der die Geschichte der Zweiten Republik, mit der Fischer eng verwoben ist, aufarbeitet? "Es ist einmal ein völlig anderer Zugang. Als man an mich mit dieser Idee herangetreten ist, habe ich ehrlich gesagt nicht einmal gewusst, was eine Graphic Novel ist", schmunzelt er.

Zehn Monate im Zeitraffer

Aus der anfänglichen Skepsis wurde aber schnell Begeisterung, vor allem, als man ihm eine bereits erschienene Graphic Novel von Willy Brandt gezeigt hat.
"Es ist interessant zu sehen, wie Bild und Wort zusammenarbeiten können." Stolz ist er mittlerweile auf das 112-seitige Endergebnis. "Texter Fritz Schindlecker und Zeichner Reinhard Trinkler haben das Konzept gemacht, mich einfach abgefragt und dazu noch Geschichtsbücher und alte Zeitungsartikel verwendet. Von den ersten Gesprächen bis zur Fertigstellung sind dann zehn Monate vergangen."
Kein Vergleich zur Zeitspanne, die der passionierte Bergsteiger, der gerne in den Niederen Tauern und in Osttirol wandert, seinen Lesern näherbringt. Als Zuhörer fühlt man sich wie in einer Zeitmaschine in die Zeit um 1950 zurückversetzt.

Maturafrage weist den Weg

Niemand, und schon gar nicht Fischer selbst, konnte erahnen, dass eine Maturafrage sinnbildlich für die weitere Berufslaufbahn sein sollte. "Ich wurde nach den Rechten und Pflichten des Bundespräsidenten gefragt, heute kann ich da wirklich nur lachen." Bis zur Übernahme dieses Amtes 2004 musste allerdings noch eine gehörige Menge an Wasser die Mur hinunterfließen.
SPÖ-Klubobmann, Wissenschaftsminister, Nationalratspräsident: Allein die politischen Tätigkeiten, die der Ehrenbürger der Stadt Graz in den vergangenen Jahrzehnten innehatte, würden eigene Bücher füllen. "Die zwölf Jahre als Bundespräsident haben mir große Freude bereitet." Der Job selbst sei manchmal dennoch anstrengend gewesen: "Man fühlt sich ja fast verstaatlicht und repräsentiert das Land wie eine Fahne."

Zurück zu den Wurzeln

Unzählige Male hat Fischer im Rahmen seiner zwölfjährigen Amtszeit seine Geburtsstadt besucht, auch in Zukunft wird Graz einen zentralen Platz in seinem Leben haben. "Ab und an bin ich ja noch an der Universität zu Gast. Ich habe mich in Graz immer wohlgefühlt, die Stadt hat sich auch toll entwickelt." Ein Lob, das wie Kernöl runtergeht ...

Steckbrief

Geboren 1938 in Graz.
Studierte Jus in Wien.
Ab 1962 wirkte er als Sekretär der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion.
War von 2004 bis 2016 Bundespräsident.
Privat ist Fischer seit 1968 mit Gattin Margit verheiratet.

WOCHE-Wordrap

Geschichte ... hat mich schon in der Schule interessiert.
Große Freude habe ich ... mit meinen Enkeltöchtern.
Ein guter Freund ... wurde Frank-Walter Steinmeier.

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