Stadthistoriker Karl A. Kubinzky meint: Den Grazer Brücken fehlt es an Inspiration!
Funktionalität zähle heute mehr als Ästhetik. Kreative Ideen wären vorhanden, es hapert aber am Geld.
Für viele Grazer, wie auch für Touristen und Pendler, ist es das Selbstverständlichste überhaupt: Tag für Tag benutzen sie eine der Grazer Brücken, um vom Westen in den Osten und umgekehrt zu gelangen, zur Arbeitsstätte zu fahren, um einzukaufen oder Freunde zu besuchen. Was dabei aber auffällt: Alles, was die Mur quert, kommt relativ uninspiriert und schmucklos daher. Kein Vergleich zu legendären europäischen Monumenten wie Karlsbrücke oder Tower Bridge.
Kunstvolle Vergangenheit
Immer wieder wurde auch in der jüngeren Vergangenheit die Forderung nach einer Neugestaltung der Verbindungen in der Murmetropole laut, ein im Rahmen des "Designmonats" 2015 ausgerufener Wettbewerb sollte unter anderem kreative Vorschläge für ein "Facelifting" der Tegetthoffbrücke zutage bringen. "Ideen sind zur Genüge da, es mangelt eher an der Umsetzung", sagt deshalb auch Karl A. Kubinzky. Der Stadthistoriker verweist im selben Atemzug darauf, dass die Grazer Brücken nicht immer so ausgesehen haben wie heute. "Gerne denke ich da etwa an die Erzherzog-Johann-Brücke zurück, die seinerzeit noch kunstvoll verziert war. Statt der diskutierten Billiglösung griff die Stadt damals tief in die Kassa. So betonten Adler und Laternen, wie damals üblich, die Brückenköpfe."
Raffinessen müssen nicht sein
Von Kandelabern und Statuen ist heute weit und breit nichts mehr ersichtlich, im Jahr 1966 wurde die in die Jahre gekommene Brücke durch einen schmucklosen Neubau ersetzt. Heute hängen, einem europäischen Trend entsprechend, zwar zahlreiche Liebes-Schlösser an der Verbindung zwischen Murgasse und Südtiroler Platz, "am Grunddesign hat sich aber dennoch nichts verändert". Für wirklich technische Raffinessen sei laut Kubinzky in Graz ohnehin kein Platz. "Dafür sind die Brücken auch zu kurz, das heißt aber noch lange nicht, dass kreative Ideen bei den vorhandenen Brücken nicht umsetzbar sind."
Die Frage der Finanzierung
Für den Historiker steht vielmehr fest, dass heute einfach andere Parameter zählen. "Gesucht werden funktionelle und billige Lösungen. Wer würde bei der Frage, ob der Bau einer Volksschule oder die Neugestaltung einer Brücke wichtiger sei, schon für Zweites plädieren?"
Grundsätzlich findet er es aber dennoch schade, dass heute kein Geld mehr für eine Aufwertung in die Hand genommen wird. "Wir passieren Brücken oft, ohne ihre Bedeutung wahrzunehmen. Sie verbinden Geteiltes und sind damit nicht nur Verkehrsträger, sondern auch ein positives Symbol. Es wäre schön, wenn sie wieder mehr in den Mittelpunkt rücken würden."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.