Interview mit Peter Simonischek zum "Wortschatz 2010", Buchpräsentation

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Im Frühjahr fand der 1. oststeirische Literaturwettbewerb statt, initiiert von Peter Simonischek. Jetzt veröffentlicht er die besten Werke in einem Buch und auf einer CD. Buchpräsentation und Lesung von und mit Peter Simonischek und den PreisträgerInnen des 1. oststeirischen Literaturwettbewerbes „Wortschatz 2010“. Die Veranstaltung findet am Sonntag, 21. 11. 2010 um 19 Uhr im Wein- und Wohnresort Feistritzer, in Pöllau 18 bei Markt Hartmannsdorf statt.

Der „Wortschatz 2010“ als Buch - Initiator Peter Simonischek im vollständigen Interview:

Woche: Wie kam es zu diesem ersten oststeirischen Literaturwettbewerb?

Peter Simonischek: Der geografische Mittelpunkt dieser Initiative ist das Zentrum von Markt Hartmannsdorf – der Literaturbrunnen. Den haben die Hartmannsdorfer zu meinem 60. Geburtstag errichtet. Man wollte für mich eine Art Jedermann-Denkmal schaffen. In der Hauptschule wurden Masken geformt und gebrannt. Das passte gut, denn mein Bezug zu Markt Hartmannsdorf ist ja eigentlich, dass ich dort zur Schule gegangen bin. Die Tonmasken wurden dann so installiert, dass diese an der Wand sprechen – kombiniert mit einer CD-Anlage und Lautsprechern, die hinter den Masken versteckt sind. Man kann drücken und bekommt zum Beispiel Gedichte oder Szenenausschnitte aus dem Jedermann zu hören. Wenn ich zum Beispiel für die Radiosendung „Du holde Kunst“ etwas mache, bekomme ich immer die CD für den Literaturbrunnen. Das ganze ist ja bereits eine gewisse Interaktivität. Wir wollten diesen Gedanken aber noch konsequent weiterführen. Ein Brunnen braucht auch einen Zufluss, bevor er etwas hergeben kann. Den Zufluss hat der Brunnen durch diese Wortschatz-Idee bekommen. Es wurde noch eine 16. Maske gebrannt. Wenn die anderen Masken sprechen können, dann kann diese eine Maske fressen. Sie hat ein großes Maul mit einem Briefeinwurf, da steht daneben: Bitte mit Lyrik und Prosa füttern! In den lokalen Medien wurde es publik gemacht. Innerhalb von zwei Monaten sind über 140 Einsendungen eingegangen. Wir hatten über 400 Seiten Texte zu lesen.

Woche: War es ein einmaliger Wettbewerb oder wird es den „Wortschatz“ in der Oststeiermark wieder geben?

Simonischek: Wir werden es alle zwei Jahre machen. Das nächste Mal 2012.

Woche: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten eine große Freude an der Preisverleihung.

Simonischek: Das ist die eine Seite. Und die andere Seite ist die, das wir mindestens auch so eine Freude hatten. Die kühnste Hoffnung war ja, dass es gute Texte gibt. Es wusste ja niemand, ob überhaupt etwas hereinkommt. Wir haben die ersten Einsendungen mit Spannung erwartet. Als dann nach einer Woche bereits 20 da waren, war das natürlich wunderbar.

Woche: Es waren junge Autoren und Autorinnen dabei und auch ältere – bunt gemischt.

Simonischek: Es war rührend. Und qualitativ war natürlich auch alles vorhanden.

Woche: Und diese Werke kommen jetzt in einem Buch heraus?

Simonischek: Es ist teilweise, das muss ich schon sagen, eine persönliche Auswahl von mir. Das war nicht anders möglich. Es sind auch welche im Buch drinnen, die nicht unter den Siegern waren und es sind Texte nicht drinnen, die gewonnen haben - aber die sind zum Teil auf der CD. Dem Buch ist nämlich eine CD beigefügt, auf der fünf oder sechs Geschichten drauf sind. Nur eine Geschichte ist sowohl im Buch als auch auf der CD, das die Siegergeschichte „Der Mann mit der roten Kappe“ von der Marlies Gauster. Von ihr wird man sicher noch viel hören. Sie hat auch wirklich das richtige Selbstverständnis als Schriftstellerin – hat aber vorher noch nie etwas veröffentlicht. Das Buch jetzt ist ihre erste Veröffentlichung.

Woche: Wie haben Ihnen die eingesandten Geschichten generell gefallen?

Simonischek: Es sind sicher zehn Geschichten dabei, die ich jederzeit in einer Lesung vorlesen würde. Allein die Frau Gauster hat jetzt eine Tetralogie mit vier Geschichten zu jeder Jahreszeit verfasst. Das ist eine begabte Schreiberin.

Woche: Wie findet man Sie als Herausgeber in diesem Buch wieder?

Simonischek: Ich habe auf der CD eine Geschichte und ein Gedicht gelesen und auch das Vorwort geschrieben. Auch meine Frau, Brigitte Karner, las eine Geschichte. Ich bin Herausgeber dieses Buches, weil ich dieses ganze Projekt initiiert habe und auch meinen Namen dafür eingesetzt habe. Es waren aber viele Mitarbeiter daran beteiligt. Es war eine der erfreulichsten Feststellungen, dass es viel Idealismus in der Gegend gibt – wirklich! Unglaublich, wie viele Bürgermeister, wie viele Direktoren da aufgetaucht sind und wirklich das Projekt gesponsert haben. Von uns allen hat natürlich auch jeder etwas dazugebuttert – das hat sich so ergeben.

Woche: Sind bei der Präsentation in Markt Hartmannsdorf die verschiedenen Autoren mit dabei?

Simonischek: Ja, es sind alle eingeladen, die in die engere Auswahl kamen.

Woche: Wie wird das Buch vertrieben?

Simonischek: Man wird es im Buchhandel kaufen können, es soll aber auch bei den einschlägigen Tourismusbetrieben aufliegen – vor allem im Vulkanland. Was wir bräuchten, wäre ein kleiner finanzieller Grundstock für 2012. Wir haben diesmal ja mit Null angefangen. Jetzt sind wir mit der Organisation des Vertriebes beschäftigt. Ich hoffe sehr, dass das Buch in der Gegend die Runde machen wird. Die Geschichten sind toll.

Woche: Werden Sie bei der Buchpräsentation lesen?

Simonischek: Ja. Ich werde was lesen und wahrscheinlich auch meine Frau.

Woche: Ihre Frau, Brigitte Karner, engagiert sich auch für dieses Projekt.

Simonischek: Beim Wortschatz war sie auf jeden Fall mit dabei. Sie war auch mit in der Jury. Sie hat geholfen bei der Preisverleihung. An diesem Abend der Preisverleihung wurden alle 25 Texte vorgelesen – die Veranstaltung hat von 18 Uhr bis Mitternacht gedauert – es war toll. Es waren bis zum Schluss viele Leute da. Teilweise haben die Autoren und Autorinnen selbst gelesen. An diesem Wochenende gab es ein Kulturwochenende im Genusshotel Riegersburg. An einem Abend hatten wir die Preisverleihung, am nächsten Abend hatten dann meine Frau und ich eine Lesung.

Woche: Sie proben gerade in Graz. Wofür?

Simonischek: Wir proben jetzt nach eineinhalb Jahren eigentlich eine Art Wiederaufnahme von Baumeister Solness. Meine Bühnenpartnerin und ich waren mit den Rollen auch für den Nestroy nominiert. Mit diesem Stück haben wir jetzt ein Gastspiel in Bozen.

Woche: Ist es schwierig nach doch einiger Zeit den Text wieder zu beherrschen?

Simonischek (schmunzelnd): Man muss schon ein bisschen Archäologie betreiben, dass man den Text wieder hochkriegt.

Woche: Ist Text lernen schwierig?

Simonischek: Jeder hat so seine Methoden. Das gehört dazu. Ich hab' das Glück, dass ich es gerne mache. Ich liebe es Texte zu lernen. Ich nehm' das Textbuch gern' zur Hand und hab' Spaß daran, weil man den Erfolg gleich sieht.

Woche: Kann man sich das vorstellen wie Schubladen im Gehirn – einmal gelernt kann man die Lade wieder öffnen und mit etwas Wiederholung sitzt der Text wieder?

Simonischek: Ja, es ist erstaunlich was diese seltsame graue Gehirnmasse hinter unserer Stirn alles behalten kann. Das ist faszinierend. Unglaublich. Wenn ich mit einer Sache vollkommen beschäftigt bin, wie zum Beispiel der Moderation der Nestroy-Verleihung und mir dafür Texte überlege und man hat dann am nächsten Tag eine große Benefizlesung für das Obdachlosenhaus VinciRast von Cecily Corti, der Witwe von Axel Corti – hat man das Gefühl, der Kopf ist voll. Am wiederum nächsten Tag nimmt man dann das Buch von Baumeister Solness her – was wieder etwas völlig anderes ist und eineinhalb Jahre zurückliegt, und dann macht man das zweimal durch und es geht wieder. Das ist schon toll.

Woche: Woran arbeiten Sie beruflich noch?

Simonischek: Ich habe jetzt gerade einen Film abgedreht in Deutschland für das ZDF, unter anderem mit Iris Berben – ein Beziehungsdrama. Der Film wird wahrscheinlich im nächsten Sommer oder Herbst im Fernsehen kommen und heißt im Arbeitstitel „Liebesjahre“. Mitte des Monats fange ich an im Burgtheater zu proben – groteske, französische Einakter und surreale Stücke aus dem 19. Jahrhundert. Dann mach' ich am Burgtheater etwas mit dem Regisseur Alvis Hermanis, der für das Stück „Familie“ am Akademietheater mit dem Nestroy für die beste Regie ausgezeichnet wurde – eine hervorragende Aufführung. Wenn Sie einmal nach Wien kommen, müssen Sie es sehen! Das ist wirklich grandios! Wir machen jedenfalls Platanow von Tschechow. So oft wie möglich bin ich jedoch in der Oststeiermark in Ziegenberg – da war ich natürlich bei der Junkerverkostung.

Woche: Was verbindet Sie mit in der Oststeiermark?

Simonischek: Das ich dort aufgewachsen bin, zur Volksschule gegangen bin und es einfach als meine Heimat sehe.

Woche: Ihre Familie teilt diese heimatliche Verbundenheit?

Simonischek: Meine Söhne sind alle drei in Berlin geboren, weil ich 20 Jahre dort gelebt habe, aber ich denke, zumindest die beiden Jüngeren, der 22-Jährige und der 13-Jährige, identifizieren sich ganz gerne damit, dass sie Österreicher sind. Die gehen gerne zum Schi fahren auf die Teichalm – da haben wir so eine Hütte. In unserem Haus in Ziegenberg sind alle gern. Das ist ein bisschen Natur. Äpfel brocken, Nussen klauben, Baumhaus bauen, im Garten mankerln, Schwammerl suchen – das sind so meine Lieblingsausgleichbeschäftigungen.

Woche: Vermissen Sie den Jedermann?

Simonischek: Ich habe ihn acht Jahre gespielt. Dann sagt man einfach: es reicht. Ich hatte lange genug Zeit zu ernten, was zu ernten war und das habe ich auch getan. Ich habe die Rolle natürlich sehr gerne gespielt, aber ich habe es freiwillig abgegeben, weil es mir überlassen war, wann ich aufhöre.

Woche: Wie weit planen Sie voraus?

Simonischek: Ich bin kein Planer. Mein Lebensmotto ist eigentlich: Bereit sein ist alles! Ein absichtsvolles Lebenskonstrukt entspricht nicht meinem Wesen.

Woche: Wann sind Sie wieder in Graz zu sehen?

Simonischek: Jetzt im Schauspielhaus vor allem im Rahmen der Lesung „Thomas Bernhard, Siegried Unsfeld: Der Briefwechsel“ zusammen mit Gert Voss. Das haben wir zweimal gemacht im Schauspielhaus und es kommt sicher wieder.

Woche: Auch zusammen mit ihrer Frau bieten sie Lesungen an.

Simonischek: Ja, wir haben viele Lesungen. Das kann man buchen über die Homepage. Wir lesen unter anderem von Schnitzler „Die kleine Komödie“, wir haben Glattauer, Kafka, Bernhard, Josef Roth im Programm, sehr schön ist zum Beispiel ist die Lesung von Leo Tolstoi über seine Ehe mit Sophia Tolstoi. Wir haben auch eine Clara und Robert Schumann-Lesung. Dann gibt es auch noch Lesungen im Advent und zu Ostern mit einem eigenen Programm. Im ganzen haben wir so an die 15 Lesungen im Repertoire. Im Mai machen wir beide zum Beispiel eine Lesung in Puch bei Weiz.

Woche: Koordinieren Sie alle Termine selber?

Simonischek: Mehr oder weniger. Für die Lesungen haben wir eine Agentur. Aber die Termine muss ich selber organisieren, weil ich ja fest am Burgtheater engagiert bin. Das Burgtheater hat Terminpriorität.

Woche: Ich habe Ihre Biografie gelesen. Wird es wieder ein einmal ein Buch von Ihnen geben?

Simonischek (lacht): Ich sage Ihnen was: Der Amaltea-Verlag ruft sicher viermal im Jahr an und sagt: Na was ist? Aber die Voraussetzung, dass man etwas G'scheit's schreibt ist: Es muss fällig sein. Das heißt: Man muss in sich spüren, das muss ich jetzt aufschreiben. Wenn man überlegt, was soll ich schreiben, ist es schon verkehrt. Es gibt viele Themen. Und ich werde natürlich übers Theater schreiben – was würde ich sonst schreiben! Es kann also durchaus einmal sein, vor allem, weil mir das Schreiben große Freude macht.

Wann: 21.11.2010 19:00:00
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