Zahl der Langzeitarbeitslosen explodiert
AMS: "Wir rechnen mit harten Monaten"

Am Arbeitsmarkt ist aktuell Flaute. 30.000 Menschen sind in Tirol arbeitslos gemeldet. Das sind beinahe doppelt so viele wie im Jahr davor. | Foto: Julia Hettegger
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  • Am Arbeitsmarkt ist aktuell Flaute. 30.000 Menschen sind in Tirol arbeitslos gemeldet. Das sind beinahe doppelt so viele wie im Jahr davor.
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Das AMS Tirol bereitet sich auf Grund der explodierenden Arbeitslosenzahlen auf harte Monate vor. 

INNSBRUCK. Um diese Zeit ist in Tirol eigentlich immer viel los. Skiopenings und die Eröffnung der Wintersaison gibt tausenden Menschen Arbeit. Jetzt müssen jede Menge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im "Schlafmodus" verharren und abwarten, wann es endlich losgehen kann. Diesen Leuten – sie haben eine Einstellungszusage – bietet das AMS keine Fortbildungen an. Allen anderen Arbeitslosen – aktuell in Tirol 30.000 – legt das AMS ihre Bildungsoffensive ans Herz. Sabine Platzer-Werlberger, stv. Landesgeschäftsführerin des AMS Tirol, antwortet auf die wichtigsten Fragen.


Sabine Platzer-Werlberger, stv. Landesgeschäftsführerin AMS Tirol | Foto: AMS Tirol
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Sabine Platzer-Werlberger, stv. Landesgeschäftsführerin AMS Tirol
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STADTBLATT: Wieviele Arbeitslosen gibt es aktuell in Innsbruck?
Sabine Platzer-Werlberger: In Tirol und im Speziellen in Innsbruck kämpfen wir coronabedingt nach wie vor mit einer sehr angespannten Situation am Arbeitsmarkt. Leider ist nach einer kurzfristigen Verbesserung (14.09.2020: 17.741 Arbeitslose) nun die Marke von 30.000 Arbeitslosen wieder überschritten und wir liegen in dieser Woche bei 31.400 arbeitslosen Menschen; das ist gut um 40 Prozent mehr als im November 2019. 
Vor einem Jahr waren zum Beispiel jetzt gerade die Ski-Openings in den Gletschergebieten und Innsbruck war ab Mitte November ausgebucht, oft mit italienischen und deutschen Touristen. 
Heuer ist tatsächlich alles anders und speziell Tirol ist wirtschaftlich von der Corona-Pandemie schwer gebeutelt. Denn Tourismus, Dienstleistungen und die Eventbranche sind ganz speziell von den Einreisewarnungen, Auflagen und jetzt vom erneuten Lockdown betroffen.
Ab dieser Woche erwarten wir viele Arbeitslosmeldungen aus dem Handel, hoffen aber, dass die Kurzarbeit möglichst gut angenommen wird, um wo immer möglich Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Zahl der Anträge auf Kurzarbeit, die wir täglich gemeldet bekommen, deutet darauf hin.

Welche sind die größten Herausforderungen für das AMS?
Größte Herausforderung ist aktuell die Unsicherheit mit Blick auf die Wintersaison. 
Ein großer Teil der bei uns vorgemerkten Arbeitslosen hat die Zusage auf eine Anstellung. Offen ist aber, WANN und in welchem Ausmaß die Wintersaison starten wird. Leider sind davon auch Menschen betroffen, deren Einstellzusage bereits im Sommer nicht gehalten hat! 
Die Branche braucht diese Menschen dringend, wenn alles wieder losgeht, daher steht Umschulen derzeit nicht zu Debatte. Sich weiterbilden während dieser Zeit ist aber auch für diese Betroffenen klug und wird vom AMS Tirol gefördert, auch finanziell!
Außerdem ist es auch nicht leicht die Menschen gut zu erreichen, zu beraten und zu informieren. Wir tun aber unser Möglichstes und werden immer digitaler im AMS. 
Es mussten jetzt auch unsere Bildungsangebote auf Distance-Learning umgestellt werden. Auch das ist eine große Aufgabe für die Bildungsinstitute und nicht zuletzt für die TeilnehmerInnen
Die dritte große Herausforderung wird sein, die Arbeitslosigkeit möglichst kurz zu halten.
 Die Zahl der Langzeitarbeitslosen explodiert gerade. Das hatten wir in Tirol schon lange nicht mehr - und hier sind wir gefragt, zu vermitteln, zu schulen aber auch zu motivieren.

Was empfehlen Sie jenen, die jetzt von Arbeistlosigkeit betroffen sind?
Die 
AMS Bildungsoffensive. Wir haben und hatten Fachkräftemangel, daher ist jetzt eine gute Zeit um Bildung nachzuholen, sich weiter zu bilden oder um angefangene Ausbildungen abzuschließen. Zukunftsbranchen sind hier auf jeden Fall der Bereich Pflege, IT, Handwerk und Technik etc.

Hofft man darauf, dass nach dem Lockdown eine schnelle Erholung des Arbeitsmarktes eintritt? Wie war die Situation im Frühjahr nach dem Lockdown?
Im Frühjahr hatte sich die Situation am Tiroler Arbeitsmarkt – auf deutlich höherem Niveau (15.04.2020: 45.782 Arbeitslose) – relativ gut erholt. Es gab eine Sommersaison, die besser war als erwartet und einige Branchen wie z. B. der Bau erholten sich recht schnell. 
Für die nächsten Monate rechnen wir – so auch die Prognosen der Wirtschaftsforschung – mit harten Monaten und hoher Arbeitslosigkeit, gefolgt von möglichen Firmenschließungen und Konkursen 2021. Wie es konkret weiter geht hängt vom weiteren Corona-Verlauf ab und wann es einen wirkungsvollen Impfstoff geben wird.

Am Arbeitsmarkt ist aktuell Flaute. 30.000 Menschen sind in Tirol arbeitslos gemeldet. Das sind beinahe doppelt so viele wie im Jahr davor. | Foto: Julia Hettegger

Sabine Platzer-Werlberger, stv. Landesgeschäftsführerin AMS Tirol | Foto: AMS Tirol
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