Neue Galerie – RAUMTEILER
„Mich interessiert das Gegenteil"
RAUMTEILER – so lautet der Titel der Ausstellung und der Werkserie von Peter Niedertscheider, die bis zum 4. November in der Neuen Galerie in Innsbruck zu sehen ist. Die besondere Herangehensweise des Künstlers eröffnet eine unerwartete und neue Sichtweise auf die Steinbildhauerei.
INNSBRUCK. Steinbildhauerei ist in den meisten Fällen etwas Verherrlichendes und Monumentales, wie ein Reiterstandbild das sich im Zentrum eines Platzes befindet und von unten nach oben betrachtet wird. Nicht bei Peter Niedertscheider. Dem Osttiroler Künstler gelingt es, seinen Werken aus Stein eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen und er zeigt die Steinbildhauerei aus einer ganz neuen Perspektive.
„Wenn man Steinbildhauerei reflektiert, ist sie meistens etwas sehr Protziges. Mich interessiert das Gegenteil, auch beim Material, das Kleine und die Nähe. Man muss zum Bild hingehen um es zu verstehen und zu entdecken. In meinen Arbeiten war es mir wichtig, das Dominate und Schwere zu brechen," so der Künstler.
In seinen Reliefs werden Räume gleichzeitig erbaut und wieder aufgelöst. Was von Weiten wie eine weiße Fläche wirkt, eröffnet beim Näherkommen intime Blicke in Alltagsszenen.
RAUMTEILER
Als Raumteiler wird allgemein ein mobiles Element oder Möbel bezeichnet, welches Innenräume gliedert und unterteilt, manchmal werden sie auch als Sichtschutz eingesetzt. In den Werken von Peter Niedertscheider wird der Raumteiler zum Stilmittel. Er gliedert seine Bildräume mit einem Raster und stellt dabei Maßstäbe infrage. Ist die weibliche Figur, die im folgenden Bild rechts unten abgebildet ist, ein dekoratives Element auf dem Regal oder befindet sie sich weiter hinten im Raum? Beide Sichtweisen sind möglich.
Tradition trifft Moderne
Beim Betrachten der einzelnen Werke wird klar, dass sich der Osttiroler Künstler seit langer Zeit intensiv mit dem Material Stein und seinen vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten auseinandersetzt. Er verbindet traditionelle und moderne Bearbeitungsmethoden, diese reichen von barocken Steinätzungen bis hin zur Lasergravur.
„Das Interessante für mich ist das Spiel zwischen Tiefe und Fläche, also wie schaffe ich diesen Raum und wie dekonstruiere ich ihn wieder", erklärt Peter Niedertscheider die Wahl der Technik „relievo schiacciato".
Die Technik des „relievo schiacciato", („gequetschte“ Relief) ist kunsthistorisch auf Donatello zurückzuführen und entstand in der Frührenaissance, zeitgleich mit der Entwicklung der Zentralperspektive.
Die Arbeiten in den beiden hinteren Räume der Galerie bestehen aus einer einzelnen Steinplatte, die der Künstler bildhauerisch bearbeitet hat. Die Kalkstein- und Marmorbilder werden durch einen Raster gegliedert und in der Fläche strukturiert.
Beim Nähern eröffnen sich immer mehr Details, Objekte des Alltags, aber auch Zitate aus der Kunstgeschichte sowie Menschen, Tiere und Pflanzen.
Stein-Collagen
In den Arbeiten die im ersten Galerieraum zu sehen sind, kombiniert Peter Niedertscheider verschiedene Steinarten, wodurch sehr flache Räume entstehen. Auf den ersten Blick wirken die Bilder sehr flach. Erst durch die unterschiedlichen Farben und Materialien eröffnet sich der Blick in die Tiefe.
In dieser Werkserie findet sich das Motiv des Vorhangs häufig wieder. In den ausgestellten Arbeiten verschleiert er jedoch nicht, noch schützt er vor neugierigen Blicken, sondern eröffnet Einblicke in häusliche Szenen.
Peter Niedertscheider
Peter Niedertscheider wurde 1972 in Lienz geboren, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. Von 1995 bis 1999 studierte er in Wien an der Hochschule für angewandte Kunst. Von 2013 bis 2018 war er als Lektor an der Kunstuniversität Linz tätig und lehrte in der Klasse für plastische Konzeptionen/Keramik. In den Jahren von 2014 bis 2015 war er Lehrbeauftragter an der internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst in Salzburg. Seit 2018 unterrichtet Niedertscheider an der HTL Hallein in der Abteilung Bildhauerei.
Seine Werke wurden unter anderem in Österreich, Italien und den USA gezeigt und befinden sich sowohl in öffentlichen als auch in privaten Sammlungen. Niedertscheider ist Preisträger des 25. Österreichischen Grafikwettbewerb in Innsbruck. 1998 erhielt er den Preis der RLB Tirol und 1999 das Romstipendium im Atelier Paliano des Landes Tirol. 2002 wurde ihm der Paul Flora Preis verliehen. Peter Neidertscheider ist Mitglied der Tiroler KünstlerInnenschaft.
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