Umfrage von Menschenrechtsvereinen
So stehen die Tiroler Parteien zur Asylpolitik

Flüchtlinge: Willkommen oder nicht? – Die Parteien der Tiroler Landtagswahl 2022 antworteten darauf.
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Sechs Tiroler Menschenrechtsvereine – So-sind-wir-nicht, Plattform Asyl, Außerferner Initiative, We-4-Moria, Pax Christi, Mahnwache Hall, Toleranz für Menschen Jenbach, Solidarität Igls – wollten wissen, wie die Tiroler Parteien zur Asylpolitik stehen. Hier die Antworten im Wortlaut. Mit Fragenkatalog und Ja/Nein-Antworten und einer übersichtlichen Tabelle.

Fragenkatalog mit acht Fragen

  1. Unterstützt Ihre Partei die Forderung zahlreicher Tiroler Gemeinden an die österreichische Bundesregierung, Geflüchtete aus den Elendslagern auf den griechischen Inseln aufnehmen zu dürfen?
  2. Unterstützt Ihre Partei den Vorschlag, Asylwerbenden einfacher eine Arbeitserlaubnis zu erteilen, insbesondere vor dem Hintergrund des wachsenden Arbeitskräftemangels in der Pflege und anderen Arbeitsfeldern?
  3. Sollen Asylwerbende, die eine Ausbildung absolvieren, bis zwei Jahre nach deren Abschluss vor Abschiebung geschützt sein?
  4. Tritt Ihre Partei dafür ein, dass geflüchtete Menschen in Österreich – unabhängig von ihrem Herkunftsland – die gleichen Rechte und Unterstützungsangebote erhalten?
  5. Die Tagsätze in der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind nicht so hoch wie die Tagsätze in der Kinder- und Jugendhilfe. Sollen sie auf dasselbe Niveau erhöht werden?
  6. Unterstützt Ihre Partei den Vorschlag einer aus EU-Geldern finanzierten Seenotrettung im Mittelmeer?
  7. Unterstützt Ihre Partei gesamteuropäische Ansätze von „Resettlement“ und „Relocation“, die geflüchteten Menschen, die z.B. in Griechenland gestrandet sind, einen geordneten Weg nach Österreich oder in ein anderes EU-Land ermöglichen?
  8. Würde es Ihre Partei begrüßen, wenn sich Gemeinden aus dem Bundesland Tirol der Initiative „Sichere Häfen“ anschließen würden?
Die Ja/Nein-Antworten der verschiedenen Parteien zur Asylpolitik. ÖVP und FPÖ sind sich in allen Punkten einig. SPÖ, Grüne, Liste Fritz, Neos und KPÖ ebenfalls. | Foto: Quelle: So-sind-wir-nicht
  • Die Ja/Nein-Antworten der verschiedenen Parteien zur Asylpolitik. ÖVP und FPÖ sind sich in allen Punkten einig. SPÖ, Grüne, Liste Fritz, Neos und KPÖ ebenfalls.
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Die offene Frage

In welchem Feld der Flüchtlingsarbeit sieht Ihre Partei den größten Verbesse- rungsbedarf im Land Tirol (z.B. Unterbringung, Versorgung, Arbeitsmarktzu- gang, ...)? Welche konkreten Schritte müssen gesetzt werden?

ÖVP
Wir wollen bedarfsgerechte Integrationsangebote ausweiten, die Angebote zur raschen Integration in den Arbeitsmarkt bei positivem Asylbescheid ausbauen, das Angebot an Deutschkursen ausweiten und Spracherwerb aktiv fördern, Tiroler Integrationskompass fortführen, den Bund im Kampf gegen illegale Migration, bei der Neuaufstellung des europäischen Asylsystems und beim stärkeren Schutz der EU Außengrenzen unterstützen, Freiwillige verstärkt im Bereich Integration einbinden, Unterstützung von gemeinnützigen Projekten zur Beschäftigung von AsylwerberInnen, und den Bund bei der Beschleunigung von Asylverfahren unterstützen.

SPÖ
Aus unserer Sicht ist die Integration von Geflüchteten in das Arbeitsleben ein wesentlicher Baustein für die erfolgreiche eigenständigen Lebensgestaltung hier in Österreich. Wer sich sein Leben selbst durch Arbeit finanzieren kann, braucht weniger Hilfeleistungen. Insofern unterstützen wir die schnellstmögliche und unkomplizierte Integration in den Arbeitsmarkt. Insbesondere Branchen, in denen ein akuter Arbeitskräftemangel be- steht, können davon massiv profitieren. Hier sollten aus unserer Sicht nicht nur Hürden abgebaut, sondern Strukturen geschaffen werden, um Geflüchtete aktiv aus- und fortzubilden.

FPÖ
Abschiebungen: Bei negativem Asylbescheid muss unverzüglich und konsequent die Abschiebung erfolgen. Hierzu sollten proaktiv Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern geschlossen werden. Darüber hinaus braucht es endlich echte Grenzkontrollen, um die illegale Migration zu bekämpfen.

Grüne
Wir Tiroler Grüne stehen dafür, dass alle Menschen, die Schutz brauchen, eine menschenwürdige Unterbringung bekommen. Menschen die Schutz suchen, dürfen nicht als Spielball der Politik werden. Integrationsmaßnahmen – vor allem Sprachkurse – müssen allen Geflüchteten ausreichend und niederschwellig zur Verfügung stehen. Auch muss es Geflüchteten die Möglichkeit geboten werden sich gesellschaftlich zu integrieren. Wir sehen vor allem in einem sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt eine Win-Win-Situation für alle, denn dadurch können Geflüchtete auf finanziell eigenen Beinen stehen. Außerdem fördert Arbeit die Integration, man erlernt die Sprache besser und auch die Akzeptanz steigt in der Gesellschaft, umso mehr aufgrund des aktuellen Arbeitskräftemangels.
Zur Unterbringung: Wir müssen weg kommen von den Großunterkünften und hin zu mehr Kleinunterkünften. Der Vorteil wäre auch, dass mit Ehrenamtlichen schneller In- tegrationserfolge erzielt werden können.
Zum Arbeitsmarktzugang: Der Bartenstein-Erlass ist zwar gefallen, jedoch wird die Auf- hebung nicht vollzogen. Rechtlich gesehen könnten schutzsuchende Menschen bereits nach 3 Monaten Aufenthalt arbeiten. Es ist total widersprüchlich, wenn in allen Wirt- schaftszweigen und besonders im Tourismus, Gastronomie und im Handel händerin- gend nach Arbeitskräften gesucht wird, und trotzdem den schutzsuchenden Menschen der Zugang zum Arbeitsmarkt blockiert wird.
Zu Integrationsmaßnahmen: Tirol ist österreichweit führend bei den Integrationsmaß- nahmen für schutzsuchende Menschen. Wir müssen aber hier die geänderten Rahmen- bedingungen miteinbeziehen und spezifischere Deutschkurse zum Beispiel anbieten. Mit den Schwerpunkt Pflege oder Handel oder Tourismus. Ziel sollte es sein, auch ein Fachvokabular zu vermitteln, die im Arbeitsalltag gebraucht werden könnten.
Zu Bildung/Schule: Hier braucht es auch in den Schulen bessere Unterstützungsange- bote. Gerade in der Covid-Pandemie und der damit verbundenen Homeschooling Pha- sen, waren es auch Kinder und Jugendliche aus schutzsuchenden Familien die kom- plett verloren gegangen sind. Nicht nur wegen den fehlenden Internetverbindungen und nicht vorhandenen Laptops, sondern auch die fehlenden Hilfestellungen bei den Aufga- ben hat ein Schulerfolg erschwert. Hier braucht es verlängerte Sommerschulen und während des Schuljahres mehr qualitative Nachmittagsbetreuung. Weiter braucht es Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen, wie das System Schule funktioniert und warum es auch wichtig ist die Mädchen auf mehrtätige Schulveranstaltungen zu schicken.

Liste Fritz
Die Reaktionen aus der Bevölkerung haben uns gezeigt, dass die Abschiebung von engagierten und gut integrierten Menschen, auf breite Ablehnung stößt. Deshalb spricht sich die Liste Fritz für die Wiedereinführung der Lehre für Asylwerber:innen in Mangelberufen aus. Dies ist natürlich nur durch einen erleichterten Arbeitsmarktzugang möglich. Die Liste Fritz setzt sich auch dafür ein, einen Aufenthaltstitel für Asylwerber:innen, die eine Lehre machen, zu erwirken.

Neos
Feststellung der Kompetenzen von Flüchtlingen ohne formale Bildungsabschlüsse zur besseren Eingliederung in den Arbeitsmarkt; Bedarfs- und wirkungsorientierte Integrationsförderung; Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen; TSD: mehr Transparenz und besseres Management der Flüchtlingsunterkünfte; Ausbau der psychologischen Betreuung von Geflüchteten.

KPÖ
Es braucht in erster Linie Familien-, Jugend- und Kindergerechte Wohnmöglichkeiten in kleinen Einheiten, anstelle der großen Einrichtungen, wo eine Integration kaum möglich ist. Asylwerbende sollen einen uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Arbeits- markt haben, das fördert die Integration. Deutschkurse müssen in allen Bezirken aus- reichend und gratis zur Verfügung gestellt werden.

Flüchtlinge: Willkommen oder nicht? – Die Parteien der Tiroler Landtagswahl 2022 antworteten darauf.
Die Ja/Nein-Antworten der verschiedenen Parteien zur Asylpolitik. ÖVP und FPÖ sind sich in allen Punkten einig. SPÖ, Grüne, Liste Fritz, Neos und KPÖ ebenfalls. | Foto: Quelle: So-sind-wir-nicht
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