Politischer Extremismus
Festnahme wegen Wiederbetätigung, Absage einer Veranstaltung

Der Verdächtigte wurde in die Justizanstalt eingeliefert. | Foto: BezirksBlätter
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Ein 55-jähriger Tiroler wurde von der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) als mutmaßlicher Betreiber einer NS-Website ausgeforscht und in die Justizanstalt Innsbruck überführt. Bgm. Georg Willi stellt per Weisung für einen geplanten Vortrag von Daniele Ganser die Räumlichkeiten im Congress nicht zur Verfügung.

INNSBRUCK. Der verdächtige Tiroler wurde im Dezember 2021 bereits einmal verhaftet. Nachdem der Verhaftete bei der Ermittlungsrichterin am Landesgericht dabei geblieben war, dass Holocaust und Corona eine Erfindung des Judentums und der Freimaurer seien, und er zudem die Herausgabe der Zugangscodes für seine Internetseiten verweigerte, wurde über den 54-Jährigen bis zum Prozess wegen NS-Wiederbetätigung Untersuchungshaft verhängt. Im Prozess wurde er in allen Anklagepunkten einstimmig schuldig gesprochen und zu 24 Monaten Haft, davon sechs unbedingt unter Anrechnung der Untersuchungshaft, verurteilt.

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Neuerliche Verhaftung

Der entscheidende Hinweis zu den neuerlichen Ermittlungen kam aus der Bevölkerung über die NS-Meldestelle der DSN: "Auf der kanarischen Insel La Gomera waren vermeintlich „Werbe-Flugblätter“ für eine Website mit nationalsozialistischen Inhalten öffentlich zu finden.

Der Betreiber der Website konnte anfangs nicht eindeutig zugeordnet werden. Nur durch umfassende Ermittlungsmaßnahmen wurde schließlich ein Verdächtiger in Tirol ausgeforscht, der bereits wegen einschlägiger Delikte vorbestraft und auf Bewährung war", teilt das Innenministerium in einer Aussendung mit.

Bei einer Hausdurchsuchung konnte das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Tirol Datenträger, Unterlagen und Gegenstände mit NS-Bezug sicherstellen. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Innsbruck erfolgte die Festnahme mit anschließender Überführung in die Justizanstalt Innsbruck.

"Fälle wie dieser zeigen, dass Hinweise aus der Bevölkerung einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Verfassung leisten und dabei helfen, Straftaten aufzuklären. Besteht der Verdacht einer NS-Wiederbetätigung, können alle Hinweise – auch anonym – bei der NS-Meldestelle der DSN eingebracht werden", informiert das Ministerium abschließend.

Der Verdächtigte wurde bereits einmal einstimmig schuldig gesprochen und zu 24 Monaten Haft, davon sechs unbedingt unter Anrechnung der Untersuchungshaft, verurteilt. | Foto: BezirksBlätter
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Keinen Raum für geplanten Vortrag

"Der Terroranschlag vom 11. September 2001: könnte von der US-Regierung verübt oder zumindest zugelassen worden sein. Die Bundesrepublik Deutschland: "natürlich ein besetztes Land", dass "immer noch mit dem Stichwort Hitler/Nationalsozialismus niedergedrückt" werde. Die Spaltung der Gesellschaft rund um die Impfpflicht erinnere ihn auch an "Nazis und Juden im Dritten Reich", so die Ausführungen von Daniele Ganser in seinen bisherigen Vorträgen. "Warum ist in der Ukraine ein Krieg ausgebrochen?", lautet der Titel der neuen Tournee von des "Historikers und Friedensforschers", der einst wegen unzureichender wissenschaftlicher Standards an seiner Habilitation scheiterte und wegen seiner Verschwörungstheorien von zwei Unis gegangen wurde. Auch ein Auftritt in Innsbruck war geplant. Bei einem Eintritt von 40 Euro hätte im Saal Dogana eine rund 90-minütiger Vortrag gewartet.

Kritik an Ganser

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes  (DÖW) hält zu Ganser fest: "Gansers Österreich-Tournee soll am 26. Jänner in Innsbruck starten, fünf weitere Termine sind geplant. Im Impressum der Website, über die der Ticketverkauf abgewickelt wird, findet sich mit Johann Peter Schutte ein verhinderter (da an den nötigen Unterstützungserklärungen gescheiterter) Kandidat zur Bundespräsidentschaftswahl 2022. Schutte, der selbst krude Thesen zu Pandemie und Impfungen vertritt, hatte Ganser schon im Frühjahr 2022 für zwei Veranstaltungen nach (Ober-)Österreich geholt. Titelgebendes Thema der nun angekündigten Vorträge ist der Krieg in der Ukraine. Gansers Analyse dieses Konflikts gibt im Vorfeld wenig Rätsel auf, hat der Schweizer doch schon vor acht Jahren die wahren Schuldigen ausgemacht und diese Analyse seither vielfach bekräftigt. Aggressor seien einmal mehr die USA, welche die NATO über Gebühr ausgedehnt und 2014 einen Putsch in der Ukraine inszeniert hätten. Der Abschuss der Passagiermaschine MH17 im selben Jahr wiederum könnte eine False-Flag-Operation von ukrainischer Seite gewesen sein. Wie schon Gansers Interpretation des Konflikts schmiegt sich auch sein Lösungsansatz ganz in die Propagandanarrative des Kreml: die Ukraine sei gut beraten, die Waffen niederzulegen und Territorium gegen Frieden abzutauschen."

"Daniele Ganser. Desinformation und extrem rechte Propaganda" Infobroschüre als pdf

Geschäftsmodell

Kritik wird von Ganser und seinen Verteidigerinnen und Verteidigern grundsätzlich als Versuch diffamiert, unbequeme Stimmen zum Schweigen zu bringen. Die Selbstdarstellung „als jemand, der die Fesseln des akademischen Betriebs abgeworfen hat, um weiterhin die Wahrheit sagen zu können“, ist ein zentrales Element seines Appeals – und Geschäftsmodells. Zu letzterem zählen für Vortragsveranstaltungen ungewöhnlich hohe Eintrittspreise (für die angekündigten Österreich-Termine etwa €40 pro Ticket), mit denen Honorare von mehreren tausend Euro pro Vortrag finanziert werden, und Online-Kurse, deren Teilnehmerinnen und Teilnehmern dreistellige Eurobeträge für das Ansehen von Videos bezahlen.

Geplant waren 40 Euro Eintritt für einen Vortrag. | Foto: CMI
  • Geplant waren 40 Euro Eintritt für einen Vortrag.
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Weisung

Bürgermeister Georg Willi wies den Geschäftsführer der Congress und Messe Innsbruck (CMI) GmbH, Christian Mayerhofer, an, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen. Er habe dabei "in Rücksprache mit den Eigentümervertretern des Landes und der Wirtschaftskammer" gehandelt, betonte der Stadtchef im Gespräch mit dem STANDARD. Die CMI gehört zu 58 Prozent der Stadt Innsbruck. 25,5 Prozent hat das Land inne, 13,5 Prozent die Tiroler Wirtschaftskammer und drei Prozent der Tourismusverband Innsbruck und seine Feriendörfer.

Er könne nicht zulassen, dass Ganser in einem "mit öffentlichen Geldern finanzierten" Veranstaltungszentrum seine Thesen verbreite, argumentierte Willi. Zumal sowohl besagtes Kongresszentrum als auch die Messe während der Corona-Pandemie "wichtige Drehscheiben" gewesen seien. Hier hätten Impfungen und Testungen stattgefunden.

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