Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl Innsbruck
Wahlanfechtung bei Verfassungsgerichtshof eingebracht

Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof: die Bürgermeister-Direktwahl soll in Tirol nicht der Verfassung entsprechen. | Foto: Kubanda
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Das Gerechte Innsbruck hat beim Verfassungsgerichtshof eine Wahlanfechtung der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl aufgrund einer möglichen verfassungswidrigen Bürgermeister-Direktwahl eingebracht.

INNSBRUCK. Verfassungsexperte Peter Bußjäger erklärt auf die BezirksBlätter-Anfrage:

"Es trifft zu, dass Art. 75 der Tiroler Landesordnung keine Regelung über die Bürgermeisterdirektwahl trifft. Diese wird allerdings in § 1 Abs. 3 Innsbrucker Wahlordnung (wie übrigens auch in § 1 Abs 3 der Tiroler Gemeindewahlordnung für alle anderen Gemeinden im Land) durch eine Landesverfassungsbestimmung festgelegt. Diese Bestimmung steht verfassungsrechtlich auf gleicher Stufe wie die Landesordnung, sodass ich einer allfälligen Wahlanfechtung aus diesem Grund keine Chance einräumen würde."


Am 14.4. wurde in Innsbruck einer neuer Gemeinderat gewählt und der erste Durchgang der Bürgermeisterwahl durchgeführt. Am 28.4. stehen sich Georg Willi und Johannes Anzengruber in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt gegenüber. GR Gerald Depaoli sieht verfassungsrechtliche Probleme bei der Bürgermeister-Direktwahl. Nicht nur für Innsbruck, sondern für alle Tiroler Gemeinden. Seiner Meinung nach, ist die Bürgermeister-Direktwahl in Tirol und Innsbruck nicht verfassungskonform. Depaoli hat eine Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. „Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bürgermeister-Direktwahl fürnichtig erklären, muss er auch die Gemeinderatswahl, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bürgermeister-Direktwahl steht, für nichtig erklären, und die Bürgermeister- und Gemeinderatswahl ist zu wiederholen.

Rechtssituation in Innsbruck

Die Wahlen in Innsbruck sind durch die Innsbrucker Wahlordnung (IWO 2011, Gesetz, Fassung vom 24.04.2024) geregelt. Hier wird im § 1 zum Geltungsbereich festgehalten: (3)(Landesverfassungsbestimmung) Der Bürgermeister wird außer in den Fällen der §§ 46 Abs. 7, 77 Abs. 5, 78 Abs. 5 und 80 Abs. 4 zweiter Satz von der Gesamtheit der Wahlberechtigten der Stadt aufgrund des gleichen, unmittelbaren, geheimen, freien und persönlichen Mehrheitswahlrechtes gewählt.

Das Duell Georg Willi vs. Johannes Anzengruber

Bundes- und Landesverfassung

„Im § 117 (6) der Bundesverfassung wird ausdrücklich festgestellt, dass derBürgermeister vom Gemeinderat gewählt wird. In der Landesverfassung kann vorgesehen werden, dass die zur Wahl des Gemeinderates Berechtigten den Bürgermeister wählen“, erläutert Depaoli. „Eine Recherche hat ergeben, dass in der Tiroler Landesverfassung (Landesordnung) eine Bürgermeister-Direktwahl im Artikel 75 (Wahlrecht und Wählbarkeit zum Gemeinderat), im Gegensatz z.Bsp. zur Vorarlberger Landesverfassung Artikel 13 (4), der Salzburger Landesverfassung Artikel 52 (2) und zur Kärntner Landesverfassung Artikel 4 (1) so nicht vorgesehen ist. Es fehlt somit der Bürgermeister-Direktwahlmutmaßlich jegliche verfassungsrechtliche Grundlage gemäß Bundesverfassung, wie auch der Tiroler Landesverfassung, und das nicht nur in Innsbruck, sondern möglicherweise auch in allen anderen 277 Tiroler Gemeinden,“ so Depaoli, welcher darauf hinweist, dass es in Wien, Niederösterreich und in der Steiermarkes keine Bürgermeister-Direktwahl gibt, und in diesen Bundesländern gemäß der Bundesverfassung der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin vom Gemeinderat gewählt wird.

Wahlanfechtung

Aus diesem Grund wird das Gerechte Innsbruck beim VfGH eine Wahlanfechtung der Bürgermeister- und Gemeinderatswahl aufgrund einer möglichen verfassungswidrigen Bürgermeister-Direktwahl einbringen. Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bürgermeister-Direktwahl für nichtig erklären, muss er auch die Gemeinderatswahl, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bürgermeister- Direktwahl steht, für nichtig erklären, und die Bürgermeister- und Gemeinderatswahl ist zu wiederholen. Das deshalb, weil die Bürgermeister-Direktwahl und die Gemeinderatswahlnatürlich in Bezug auf Verlautbarungen, Kundmachungen, Unterstützungserklärungen, Wahlwerbung etc. in unmittelbarem Zusammenhang stehen, und die Bürgermeister-Direktwahl einen wesentlichen Beitrag zur Wahlentscheidung der Wahlberechtigten bei der Gemeinderatswahl ausübt“, meint Depaoli. „Im Falle einer Nichtigerklärung der Bürgermeister-Direktwahl durch den VfGH müsste der Tiroler Landtag dann mit einer eine Zweidrittelmehrheit eine Änderung der Tiroler Landesverfassung beschließen, um eine verfassungskonforme Bürgermeister-Direktwahl in Innsbruck und allen anderen Tiroler Gemeinden zu ermöglichen. Ob die Bürgermeister-Stichwahl am kommenden Sonntag überhaupt verfassungskonform durchführbar ist, wirddie Hauptwahlbehörde in Rücksprache mit den beiden Bürgermeisterkandidaten Georg Willi und Johannes Anzengruber entscheiden müssen. Andere Rechtsmeinungen sind natürlich möglich!“, so Gemeinderat Depaoli abschließend.

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