Bustourismus
84 Mio. Euro an Wertschöpfung, Daten, Fakten, Meinungen - Umfragen

Im Juni 2020 wurden am Fennerparkplatz 45 Wallfahrer aus Vorarlberg und Liechtenstein mit ihren Bus nach der ersten Coronapause begrüßt. Jetzt steht der Bustourismus in politischer Diskussion. | Foto: Innsbruck Tourismus
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  • Im Juni 2020 wurden am Fennerparkplatz 45 Wallfahrer aus Vorarlberg und Liechtenstein mit ihren Bus nach der ersten Coronapause begrüßt. Jetzt steht der Bustourismus in politischer Diskussion.
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INNSBRUCK. Alles neu, alles auf null, alles infrage gestellt. Seit dem Ende der Koalition in der Innsbrucker Stadtregierung, gibt es in Sachen Politdiskussionen kein Tabu. War das Thema Bustourismus einst im Arbeitsübereinkommen verankert, gibt es inzwischen eine breite Diskussion über die Zukunft. WK Innsbruck Obmann Franz Jirka hält im Stadtblatt-Gespräch fest: "Aber außer Frage steht für mich, dass man als Gastgeber schon Verpflichtungen hat. Dazu gehört eben auch ein Busparkplatz mit Toilettanlagen sowie Sitzgelegenheiten und Konsumation."

Fakten

Zum Thema Busparkplatz/Bustiefgarage wurde im damaligen Arbeitsübereinkommen zwischen Grüne, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ auf Seite 26 festgehalten: "Der Städtetourismus ist uns ein wichtiges Anliegen. Die Organisation der Reisebusse, Wohnmobile sowie auch der neuen Fernreisebusverkehre bedingt die Schaffung eines neuen Terminals und Abstellmöglichkeiten mit Infrastruktur. Dazu wird ein Gesamtkonzept entwickelt." In Diskussion stand vor die Zukunft des Busparkplatzes Fennerareal, auch eine mögliche Tiefgaragenlösung wurde angedacht. Im März 2021 meint die Grüne Klubofbfrau Janine Bex in einer Aussendung u. a..: "Auch 'unnötige Millionenprojekte' lassen bei den Grünen die Alarmglocken schrillen. Denn entgegen Berichten, wonach auch Landeshauptmann Platter mit der schwarzblauen Kooperation in Innsbruck unzufrieden sei, will auch VP-Vizebürgermeister Anzengruber Blaue in die Regierungsverantwortung holen und die drei unnötigen Millionenprojekte Bustiefgarage, Recyclinghof West und 50m-Schwimmbecken umsetzen, halten die Grünen in einer Aussendung fest." Die letzten Zahlen zum Thema Bustourismus und Wirtschaft finden sich in einer Studie der WK Innsbruck aus dem Jahr 2016: 22.000 Busanfahrten, 880.000 Gäste, 1.225 Vollzeitäquivalente und eine Wertschöpfung von rund 84 Millionen Euro.

Die Studie

Insgesamt „rekrutiert“ Innsbruck und Igls aus 22.000 jährlichen Busanfahrten rund 880.000 Gäste. Davon entfallen rund 400.000 Gäste auf Tages-Reisen mit einer Übernachtung. Hierbei handelt es sich zum großen Teil um Gäste aus Asien (insbesondere China, Japan, Taiwan), aber auch Südamerika/Mittelamerika sowie Australien und Neuseeland und dem arabischen Raum. Die Durchschnittsausgaben dieser Gäste werden mit 115 € angesetzt. Zu den rund 400.000 Übernachtungsgästen kommen pro Jahr rund 480.000 Tagesgäste. Die Durchschnittsausgaben der Tagesgäste belaufen sich auf rund 35 € und setzen sich annahmegemäß wie folgt zusammen: 10 Euro Kultur/Freizeit, 10 Euro Einzelhandel, 15 Euro Gastronomie (Angaben aus dem Jahr 2016). Schlussfolgerung: "Es zeigt sich klar, dass der Innsbrucker Bustourismus einen durchaus markanten jährlichen Nachfrageimpuls nicht nur im Handel und in der Gastronomie/Beherbergung, sondern auch in anderen Wirtschaftssektoren auslöst. Dies trifft umso mehr zu, da hier der auslösende Nachfrageimpuls ausschließlich von außer-halb Tirols kommt (durch die Nachfrage der Gäste) und es daher zu keiner Substitution mit möglicherweise anderen Einkommensverwendungen im Inland kommt."

Eine Bustiefgarage am Fennerareal wurde angedacht. | Foto: Stadtblatt
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Die Stadtblatt-Redaktion hat bei der Wirtschaftskammer Innsbruck Obmann Franz Jirka nachgefragt. Herr Jirka, in Innsbruck gibt es eine Bustourismusdiskussion. Wie steht die WK Innsbruck dazu?
Franz Jirka: Für uns als Bezirksstelle steht fest, dass der Bustourismus eine wichtige Rolle spielen wird. Man muss berücksichtigen, dass immer mehr Gäste mit Bussen zu uns kommen werden, weil Reisen in andere Länder nur erschwert möglich sind. Wer weiß, vielleicht kommen die Gäste von übermorgen mit Wasserstoffbusen. Ich als Bezirksobmann bin für einen zentralen Busparkplatz und vor allem für ein Gesamtkonzept, wie wir gemeinsam die ankommenden Fahrzeuge mit den Gästen bestmöglich abwickeln können. Nach so einer lang andauernden Pandemie müssen wir schauen, dass Innsbruck wieder attraktiv wird und bleibt. Über Qualität und Quantität gehört noch diskutiert. Aber außer Frage steht für mich, dass man als Gastgeber schon Verpflichtungen hat. Dazu gehört eben auch ein Busparkplatz mit Toilettanlagen sowie Sitzgelegenheiten und Konsumation.

Ein Satz bei der Präsentation 2016 war: "Nur die Innsbrucker Stadtpolitik scheint die Wichtigkeit des Bustourismus nicht immer zu erkennen." Haben sie jetzt ein Déjà-vu'?
Die Grundsatzdiskussion geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Es geht nicht um die Frage, ob wir einen Bustourismus bzw. einen zentralen Parkplatz in der Stadt brauchen, sondern wir müssen darüber reden, wie wir es schaffen, ein Gesamtkonzept dafür zu schaffen, mit dem alle Beteiligten leben können. Die Mobilität ist und bleibt ein wichtiges Thema. Ein großer Teil in dieser Stadt hängt direkt oder indirekt mit dem Tourismus zusammen. Dem müssen wir uns bewusst werden und wir müssen auch endlich begreifen, dass wir keine klassische Industriestadt oder eine Börsenmetropole sind. Nein, wir haben eine tolle urban-alpine Stadt und das wollen nicht nur wir genießen, sondern auch die Touristen.

Wo sollen Ihrer Meinung nach, die Touristenbusse parken?

Die Diskussion

Im Innsbrucker Gemeinderat im April meldete sich GR Zeliha Arslan (Grüne) zum Bustourismus in Innsbruck zu Wort, ihre Aussagen wurden WK Sparten-Obmann Mario Gerber kritisiert, der u. a. meinte: "Die Grünen diskriminieren Busreisende." "LA Mario Gerber kann sich Ferndiagnosen über die grünen Positionen zum Bustourismus sparen. Hätte er meine Rede gehört, wüsste er, dass es mir und uns Grünen um Qualität statt um Masse geht und dass wir für das Abstellen von Bussen nicht die besten innerstädtischen Plätze verwenden wollen.“ erklärte die Grüne GR Zeliha Arslan in Richtung Spartenobmann in einer Aussendung. Im derzeit laufenden Markenbildungsprozess geht alles in Richtung Qualität. Innsbruck soll seine alpin-urbane Position stärken, indem wir u.a. alles tun, damit Touristinnen und Touristen länger bleiben und nicht nur für ein Foto vom Goldenen Dachl in die Stadt kommen. Die Altstadt ist zu klein und eng, um mit Massen von Express-Touristinnen und -Touristen fertig zu werden.

„Wir schätzen jene Bustouristinnen und Bustouristen, die über Nacht bleiben, die – unterstützt von Stadtführungen – die Schätze unserer Stadt entdecken wollen."

„Mit dem neuen Busleitsystem werden wir Touristenströme besser steuern und Anreize setzen können, damit der Aufenthalt in der Stadt verlängert wird. Nur so entsteht auch Wertschöpfung für die Gastronomie und den Handel!“, betont Klubobfrau Janine Bex, die selbst in einem familiengeführten Tourismusbetrieb groß geworden ist. Die Zeit von Scheinlösungen ist vorbei und wir Innsbrucker Grüne sprechen uns gegen eine millionenschwere Bustiefgarage und auch einem versiegeltem Busparkplatz im Herzen unserer Stadt aus. „Wir Innsbrucker Grüne erwarten uns gerade vom Spartenobmann im Tourismus, dass er nicht alten Konzepten nachläuft, sondern für Qualität – auch im Bustourismus – kämpft. Das sollte uns die Pandemie gelehrt haben.“ schließen die beiden grünen Gemeinderätinnen.

Halten Sie eine Bustiefgarage für eine gute Idee?

Verwundert

Verwundert zeigt sich Vizebürgermeister Markus Lassenberger über die Aussagen der grünen Gemeinderätin Arslan sowie deren Klubobfrau Bex über den Bustourismus und deren Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Scheinbar ist den Innsbrucker Grünen jetzt alles recht um Tourismus in Innsbruck und dessen Zufahrt mit Bussen in die Stadt zu verhindern.

Lustigerweise ist nun auch der Vorschlag vom grünen Bürgermeister Willi betreffend Oberflächenparkplatz für Busse am noch zu errichtenden Gelände des Hofgartenareals obsolet.

Wenn es also nach den Grünen geht, soll langsam alles verboten werden, was dieser Stadt Wachstum und Wohlstand bringt. Das zeigt, dass dieser Partei Arbeitsplätze, der Tourismus, die Wirtschaft sowie die Kommunalsteuern egal sind denn sonst könnten solche Äußerungen nicht ernst gemeint sein.

Nachhaltige Busgarage

Im vergangenen Gemeinderat wurde seitens der Grünen eine Kampfansage gegen Bustourismus getätigt. Aus Sicht von Für Innsbruck ist das ein unerträglicher Zustand, denn sind es genau Touristen, die mit ihren Besuchen in Innsbruck wesentlich zur Wirtschaftskraft beitragen und damit zahlreiche Arbeitsplätze sichern oder städtische Einrichtungen wie Freizeitanlagen oder etwa die Stadtbibliothek, wo bekanntlich auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind, erst ermöglichen, hält Für Innsbruck in einer Aussendung fest. Wirtschaftssprecher GR Markus Stoll und FI Klubobmann Lucas Krackl unterstreichen das Bekenntnis zu einer Bustiefgarage neben der SoWi. Alle bisher genannten Alternativen bieten keine brauchbaren und nachhaltigen Lösungen. „Für Innsbruck steht seit vielen Jahren für eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Parklösung für Busse in direkter Nähe zur Altstadt. Am SoWi-Areal ist das bekanntlich sehr gut möglich, die Unterstützung aus Politik und Tourismus ist jedoch endend wollend. Nur einen zentralen Parkplatz zu fordern, ist zu wenig und gefährdet eine dauerhafte und vernünftige Lösung. Ich lade alle konstruktiven Kräfte ein, hier mit uns zusammenzuarbeiten“, so Für Innsbruck Wirtschaftssprecher GR Markus Stoll.

Kurzfristiges grünes Denken

„Wer sich für Kiss & Ride Stationen ausspricht, nimmt tausende unnötige Zusatzkilometer von Busfahrten durch Wohngebiete in Kauf.

Das ist genauso wenig schlau wie der Wunsch der Grünen, einen Busparkplatz für wenige Jahre zu realisieren bis sie den Bustourismus endlich verbannen können, wie wir das im Gemeinderat gehört haben. 

Gute Stadtentwicklung verlangt es Funktionen von Gebäuden zu kombinieren. Mit der Bustiefgarage und dem darüberliegenden Sportplatz wären wir wohl Vorbild für viele andere Städte“, so der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses Für Innsbruck Klubobmann GR Lucas Krackl.

Grüne Angriffe auf Wirtschaft

„Wenn eine Gemeinderätin der Grünen unter Billigung der Fraktionskollegen das Ende des Bustourismus und damit den Besuch der 'Gäste, die ein paar Euro in der Stadt lassen' einfordert, dann erkennt man die wirtschaftsfeindliche Haltung der Grünen“, so Für Innsbruck Wirtschaftssprecher GR Markus Stoll. „Wer soll denn die grünen Phantasieprojekte - in St. Bartlmä sollen beispielsweise Flächen für ein weiteres Kulturzentrum zu einem überteuerten Preis angekauft werden - oder wichtige Einrichtungen für die Bevölkerung wie die Stadtbibliothek, die Sportanlagen oder auch Förderungen von Kindern künftig bezahlen, wenn man davor die wichtigen Einnahmequellen zerstört? Herr Bürgermeister wäre wohl gut beraten sich umgehend zu distanzieren, damit Innsbruck nicht zu einem touristischen Destinationsfriedhof verkommt“, so Stoll abschließend in Richtung der Grünen.

Bustourismus neu gedacht

Wenig von der Idee, Reisebusse auch in Zukunft mitten in die Innenstadt zu schleusen und für einen zweistelligen Millionenbetrag eine bombastische Busparkhaus-Infrastruktur mit Ablaufdatum zu errichten, hält Janine Bex, Klubobfrau der Innsbrucker Grünen.

„Andere Städte mit viel Bustourismus haben längst stadt- und klimaverträgliche Lösungen realisiert. Gerade die innovative Tourismushochburg Innsbruck darf nicht weiterhin in alten Spuren fahren“, so Janine Bex.

„Salzburg etwa hat die Reisebusse erfolgreich aus dem Stadtkern herausgenommen und bietet ein App-gestütztes Leitsystem mit Terminals wie auch einen großen Park&Ride-Platz an, auf dem die Touristinnen und Touristen auf den öffentlichen Verkehr umsteigen. So etwas ist auch in Innsbruck sinnvoll. Die Wertschöpfung verteilt sich damit besser und die Menschen können die ganze Stadt kennenlernen, nicht nur den Bereich vom Hofgarten bis zur Altstadt.“

Fehlentwicklungen

Zu der aufgeheizten Diskussion meldet sich auch der Tourismussprecher der Grünen im Landtag, Georg Kaltschmid, zu Wort: „Das ist einmal wieder typisch. Kaum hinterfragt man alte und überholte Strukturen im Tourismus, wird die Diskussion darüber gemieden wie vom Teufel das Weihwasser,“ so Kaltschmid. „Nur, weil man auf Fehlentwicklungen hinweist, heißt das nicht, dass man gegen etwas ist. Wir Grünen wissen genau, wie wichtig der Tourismus für Tirol und selbstverständlich auch für Innsbruck ist“, so der Grüne, der selbst Hotelier am Walchsee und Vorstand des dortigen Tourismusverbandes Kaiserwinkl ist. Die entscheidende Frage sei aber, welche Form von Tourismus unterstützt wird und ob dafür wertvolle innerstädtische Flächen für zweistellige Millionensummen neu bebaut werden sollen. „Wir haben gesehen, dass der sogenannte Bustourismus in Innsbruck nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat und gerade bei den Innsbruckerinnen und Innsbrucker immer weniger Zustimmung findet. Gerade jetzt ist es an der Zeit, den Tourismus auch in Innsbruck kritisch zu hinterfragen. Hierzu braucht es eine Diskussion ohne Scheuklappen“, sagt Georg Kaltschmid. Das Motto müsse lauten: Gutes soll erhalten, neues muss ermöglicht werden. Klar im Vordergrund müsse hier ein ökologisch verträglicher und ökonomisch erfolgreicher Tourismus stehen. Qualität statt Quantität dürfen hier nicht nur Schlagworte sein, hier müssen auch konkrete Konzepte entstehen und Maßnahmen erfolgen. „Denn mit Bustouristinnen und Bustouristen, die in zwei Stunden durch die Stadt huschen, ein Bild vom Golden Dachl machen, eventuell ein Mitbringsel kaufen und dann für 25 € mit Halbpension irgendwo in einem Vorort übernachten, werden wir diesem Ziel sicher nicht gerecht,“ so der Grüne Tourismussprecher im Tiroler Landtag.

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