Causa Ischgl
Opposition fordert bei Landtagsdebatte weiter Rücktritte

Causa Ischgl: In der Landtagsdebatte über den Bericht der Expertenkommission forderte die Opposition weiter Rücktritte. | Foto: Othmar Kolp
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INNSBRUCK, ISCHGL (otko). Der Tiroler Landtag diskutierte am 16. Oktober den Bericht der Expertenkommission zum Tiroler Corona-Krisenmanagement. LH Platter verwies auf die "mutige Entscheidung". Die Opposition sparte nicht mit Kritik und forderte einmal mehr personelle Konsequenzen.

Landtagsdebatte über Ischgl-Bericht

In einer nicht allzu hitzigen Debatte wurde am Freitag im Tiroler Landtag der Bericht der unabhängigen Expertenkommission zum Tiroler Corona-Krisenmanagement diskutiert. Vorsitzender Roland Rohrer hatte am 12. Oktober den Bericht präsentiert. Die Expertenkommission kommt klar zum Schluss: Es gab etliche Fehler in Ischgl im März. Von allen – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten.

LH Günther Platter: "Wir benötigen aber einen gemeinsamen Schulterschluss. Es muss aber endlich aufgehört werden den Ischgler und Tirolern die Schuld zu geben." | Foto: BB Archiv
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"Ischgl hat keine Schuld, Tirol hat keine Schuld!"

LH Günther Platter verwies darauf, dass Tirol das erste Land mit einem solchen Bericht über das Krisenmanagement sei. "Darin wird aber auch gezeigt, dass die Behörden ein enormes Arbeitspensum abgewickelt haben und vieles gut gelaufen ist. Es wurden mutige und wichtige Entscheidungen getroffen, wie die vorzeitige Beendigung der Wintersaison. Es wurde auch festgestellt, dass Maßnahmen ohne Druck von außen ergriffen wurden." Zu Beginn habe es aber auch fachliche Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen gegeben. "Das Katastrophenmanagement ist zu viel auf Naturkatastrophen ausgelegt und nicht auf eine Pandemie." In diesem Zusammenhang verwies der Landeshauptmann auf den bereits erfolgten Regierungsbeschluss am Dienstag für die Umsetzung von zwei Empfehlungen des Ischgl-Berichts. Neben einem Tiroler Krisen- und Katastrophenmanagementzentrum wird es künftig auch eine Gesundheitsdirektion geben.

"Wir haben nun als erstes Land die Chance eine Analyse zu ziehen. Wir benötigen aber einen gemeinsamen Schulterschluss. Es muss aber endlich aufgehört werden den Ischglern und Tirolern die Schuld zu geben. Ischgl hat keine Schuld, Tirol hat keine Schuld! Alle sollen das sagen – das erwarten sich die IschglerInnen und TirolerInnen", betonte Platter.

Gesundheits- und Pflegelandesrat Bernhard Tilg: "Es hat fachliche Fehleinschätzungen und Fehler gegeben." | Foto: Land Tirol/Berger
  • Gesundheits- und Pflegelandesrat Bernhard Tilg: "Es hat fachliche Fehleinschätzungen und Fehler gegeben."
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Auch Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP), der im Zuge des Krisenmanagements in Beschuss geraten war, nahm Stellung: "Es hat fachliche Fehlentscheidungen und Fehler gegeben. Viele Menschen in Tirol haben mit einem Schulterschuss das Bestmögliche für die Gesundheitsversorgung getan." Er sei vor allem damit beschäftigt gewesen, sich um die Sicherung der Gesundheitsversorgung und der Hospitalsierung für die Tiroler zu kümmern.

Georg Dornauer, Landesparteivorsitzender und Klubobmann der neuen SPÖ Tirol. | Foto: SPÖ
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Dornauer fordert Entschädigung

Die Opposition sparte naturgemäß aber nicht mit Kritik. Georg Dornauer verwies auf den April-Landtag, wo von der neuen SPÖ Tirol aufgezeigt worden war, dass etwas aus dem Ruder gelaufen sei. "Über Wochen wurden schwerwiegende Fehleinschätzungen und fatale Fehler getroffen. Diese offenkundigen Fehleinschätzungen haben diesen Bericht überhaupt erst nötig gemacht. Seit März geht es uns in der Causa Ischgl um die berechtigten Kritik an der Landesregierung und den Imageverlust, nicht um Schuldzuweisungen an die Ischgler oder Tiroler." Nun gelte es auf der Regierungsbank die richtigen Schlüsse aus diesem Debakel und auch personelle Konsequenzen zu ziehen. "Gesundheitslandesrat Tilg hat große Teile seiner Agenden abgegeben. Wer braucht solche Politiker und wofür bezahlen wir diese. Solch eine Verantwortungsflucht ist ein Armutszeugnis. Zudem zeigt der Bericht auf, dass es auch schwerwiegende Verfehlungen des Ischgler Bürgermeisters und des Bundeskanzlers gab, die für Chaos im Paznaun und St. Anton am Arlberg gesorgt haben." Nun gelte es den Schaden wieder gut zu machen und einen runden Tisch mit dem Bundeskanzler einzuberufen. "Es braucht eine Entschädigung und der Ruf muss wiederhergestellt werden."

Die Liste Fritz-Landtagsabgeordneten Andrea Haslwanter-Schneider und Markus Sint. | Foto: Liste Fritz
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Akt der Wiedergutmachung nötig

Auch die Liste Fritz sparte nicht mit Kritik: „ Der Rohrer-Bericht zeigt das Versagen von Landeshauptmann Platter, indem was er tut und indem was er nicht tut. Platter schließt die Tiroler Skigebiete zu spät, er kommt seiner Kontrollaufgabe der Bezirksverwaltungsbehörden nicht nach, er lässt Gesundheitslandesrat Tilg seine Aufgaben einfach abgeben, er nimmt sich bei der Ausrufung der Quarantäne durch den Kanzler aus der Verantwortung und er kümmert sich nicht um das Abreisemanagement der Gäste aus Tirol! Das Problem ist es nicht, Fehler zu machen, sondern die gemachten Fehler beharrlich zu leugnen und zu ignorieren. Platter hat personelle Konsequenzen sofort und kategorisch ausgeschlossen, das versteht in Tirol kein Mensch mehr“, so Andrea Haselwanter-Schneider. Auch Markus Sint plädierte für einen Akt der Wiedergutmachung, ansonsten werde sich der enorme Schaden für die Wirtschaft und den Tourismus in Tirol über Jahre auswirken.

Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger. | Foto: Baumgartl
  • Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger.
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Fehlende Rücktrittskultur

"Es gibt in dem Ischgl-Bericht keinen Schuld- oder Freispruch", kritisierte FPÖ-Chef Markus Abwerzger ebenfalls die fehlende Rücktrittskultur. Gleichzeitig warnte er aber vor einem einfachen Durchtauchen des Skandals wie bei den Tiroler Sozialen Diensten: "Es geht um Menschenleben. Es gab hier aber von Anfang an im Februar vom Land und von der Landessanitätsdirektion ein Herunterspielen der Virus-Gefahr, obwohl es genügend Hinweise aus Nordeuropa gab. Es war schon fünf nach zwölf, als Tirol noch nicht gehandelt hat." Auch mit ÖVP-Bundeskanzler Kurz ging er für die Verkündigung der Quarantäne auf der Pressekonferenz über das Paznuan und St. Anton am Arlberg hart ins Gericht: Dieser sei ein "Angst-" bzw. "Showkanzler".

Dominik Oberhofer, Chef und Klubobmann der NEOS in Tirol. | Foto: NEOS
  • Dominik Oberhofer, Chef und Klubobmann der NEOS in Tirol.
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Bundesregierung muss Verantwortung übernehmen

Für Dominik Oberhofer von den NEOS muss sich Ischgl aber eine Schuldfrage schon gefallen lassen. "Nach der ersten Schließung wurden in der besagten Bar noch Corona-Partys gefeiert. Hier kann man sich nicht mit lammfrommen Augen herausreden, dass man nichts gewusst hat. Die Behörden und die Politik haben nicht alles richtig gemacht. Als Hotelier muss man Fluchtpläne und einen Brandschutz haben, der auch kontrolliert wird. Hier gab es das alles nicht. Man ist in Tirol zwar schlecht vorbereitet, aber bemüht. Auch der Panikkanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober müssen für die Verkündigung der Quarantäne, die über die Köpfe der Tiroler hinweg erfolgte, und das katastrophale Abreisemanagement Verantwortung übernehmen." Oberhofer plädierte dafür, dass sich die Kommission noch einmal mit der Rolle der Bundesregierung beschäftigen soll.
Es wesentlicher Vorwurf sei aber der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des Landes zu machen. "Hier wurde alles falsch gemacht. Gerade der Ausschluss der ZDF-Reporterin von einer Pressekonferenz oder der Druck bzw. ein Ultimatum gegenüber Journalisten habe ganz massiv zum Mythos und dessen Verbreitung beigetragen, dass Tirol etwas zu vertuschen habe", so Oberhofer. Die Politik müsse mit einer neuen Rücktrittkultur Verantwortung übernehmen und es brauche auch eine runden Tisch der Landes- und Bundesregierung mit den Opfern.

Grüne-Klubobmann Gebi Mair. | Foto: Grüne Tirol

Mair entschuldigte sich für Fehler

Die Vertreter der Regierungsparteien beleuchteten den Rohrer-Bericht von einer anderen Seite. "Ich sehe einen ausgewogenen Bericht und stimme den Analysen zu", so der Grüne Klubobmann Gebi Mair, der dann mit einem Seitenhieb auf den schwarzen Koalitionspartner aufwartete: "Es sind Fehler passiert. Jeder Fehler tut mir leid. Ich entschuldige mich auch politischer Ebene für meine und auch für jene, die nicht in der Lage sind sich zu entschuldigen."

ÖVP-Klubomann Jakob Wolf. | Foto: ÖVP Tirol
  • ÖVP-Klubomann Jakob Wolf.
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ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf sah in dem Bericht "Licht und Schatten" und erinnerte daran, dass "das Virus nicht parteipolitisch ist". Alle Verantwortlichen hätten in einer außerordentlichen Situation ihr Bestes gegeben. Es lasse sich aber nicht verleugnen, dass es durch den enormen Arbeitsdruck auch Fehleinschätzungen gegeben hat – dies sei auch in halb Europa passiert. Auch Gesundheitslandesrat Tlg würde in "diesem Leben" nie mehr sagen, dass alles richtig gemacht worden sei. "Es hat aber niemand vorsätzlich etwas falsch gemacht und es hat auch kein Behördenversagen gegeben. Niemand in Ischgl, Innsbruck oder Wien hat etwas vertuscht. Zudem ist in dem Bericht auch klar beurteilt worden, dass Tirol nicht aus Profitgier die Gesundheit der Menschen aufs Spiel gesetzt hat."

SPÖ-Landtagsabgeordneter Benedikt Lentsch aus Zams. | Foto: SPÖ Tirol
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Landecker Abgeordnete Lentsch (SPÖ) und Mattle (ÖVP)

Zu Wort in der Landtagsdebatte meldeten sich auch die beiden Abgeordneten aus dem Bezirk Landeck. Der Zammer SPÖ-Landtagsabgeordnete Benedikt Lentsch stellte fest, dass "die Informationen zur heraufziehenden Katastrophe in Ischgl zu zögerlich und falsch eingeschätzt wurden und nicht angemessen reagiert wurde". Der Bezirk Landeck sei durch das fehlerhafte Krisenmanagement überproportional betroffen. "Trotz Warnungen, wie zum Beispiel den Corona-Partys in der besagten Bar, ist man nicht sofort eingeschritten. Der Bezirk Landeck ist wegen dem Hotspot Ischgl massiv in Verruf geraten. Der Tourismus sorgte für viele Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Durch die offenkundigen Versäumnisse im März gibt es einen erheblichen Imageschaden und der gute Ruf ist definitiv beschädigt. Den wirtschaftlichen Schaden müssen die TirolerInnen nun mit Arbeitslosigkeit ausbaden." Lentsch forderte LH Platter und LR Tilg dazu auf, sich bei den Menschen im Bezirk Landeck und Tirol zu entschuldigen.

Landtags-Vizepräsident Anton Mattle (ÖVP) aus Galtür. | Foto: VP Tirol
  • Landtags-Vizepräsident Anton Mattle (ÖVP) aus Galtür.
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Der Galtürer Landtags-Vizepräsident Anton Mattle (ÖVP) erinnerte nochmals daran, dass "die Menschen in Ischgl alles Betroffene sind, weil wir alle weltweit Betroffene der Pandemie sind". "Als einer der im Paznaun zu Hause ist, tut es mir leid, wenn sich Menschen im Paznaun oder Tirol mit dem Coronavirus infiziert haben oder daran gestorben sind. Es ist dramatisch", so Mattle. Bezugnehmend auf den "Rohrer-Bericht" stellte er fest, dass es schwierig sei herauszufinden, was der richtige Weg im Verhältnis zwischen dem Ischgler Bürgermeister, Land Tirol und der BH sei. "Es gab einerseits die Pressekonferenz von LH Platter zur Einstellung des Skibetriebs und andererseits die Verordnung der BH Landeck. Es wird sich hier weisen, wer Recht hat." Für die Krisenbewältigung ist für den Mattle die Kommunikation der Schlüssel. Zudem brauche es beim Krisenmanagement auch die Einarbeitung einer Pandemie.

Fehler in Ischgl durch Bund, Land und BH Landeck
Tirol bekommt Gesundheitsdirektion


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