Universalmuseum Joanneum
Römische Funde aus Flavia Solva werden wissenschaftlich erschlossen

Fundmaterial aus Flavia Solva | Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner
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  • Fundmaterial aus Flavia Solva
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Das Universalmuseum Joanneum führt seit 140 Jahren in Flavia Solva in Wagna archäologische Grabungen durch. Die dabei geborgenen Funde – ein Bestand von fast 2000 Kisten – können nun durch Mittel des Landes Steiermark und eine Förderung des Bundesdenkmalamtes zeitgemäß wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Forscher des Universalmuseums Joanneum erwarten sich neue Erkenntnisse zur römischen Kulturgeschichte in der Provinz Noricum.

Das Universalmuseum Joanneum führt in Flavia Solva seit 140 Jahren archäologische Grabungen durch, seit knapp mehr als hundert Jahren kann man von systematischer archäologischer Forschung sprechen. Leider hielt die wissenschaftliche Aufarbeitung der Funde nicht mit ihrer Bergung Schritt, sodass sich in den Depots des Universalmuseums Joanneum ein Bestand von fast 2000 Kisten an nicht ausgewertetem Fundmaterial angesammelt hat, darunter rund 300 Kisten mit bestens erhaltenen Resten römischer Wandmalerei und 166 Kisten mit archäozoologischem Material. Diese Bestände wurden bisher lediglich auszugsweise bearbeitet und publiziert, rund 85 % sind noch nicht gesichtet. Ihre Aufarbeitung ist für die provinzialrömische Forschung nicht nur in Österreich, sondern auch international seit vielen Jahrzehnten ein dringendes Desiderat. Gemeinsam mit den Funden und Befunden, die aus dem 1. Jh. v. Chr. bis 5. Jh. n. Chr. stammen, werden im Universalmuseum Joanneum auch die zugehörigen schriftlichen, zeichnerischen und fotografischen Dokumentationen verwahrt. Dazu kommen weitere Funde, die im Rahmen von Notgrabungen des Bundesdenkmalamtes in den Jahren 2001, 2003 und 2004 am südlichen Stadtrand von Flavia Solva geborgen wurden und die das Bundesdenkmalamt vor Kurzem dem Universalmuseum Joanneum zur dauerhaften Verwahrung übergeben hat.
Diese Funde sind ein bislang ungehobener Schatz, aus dem nicht nur wertvolle Aufschlüsse über mehr als 400 Jahre steirischer Geschichte zu erwarten sind, sondern mit dem auch bei der Erforschung der Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Provinzen des Römischen Reiches eine riesige Lücke geschlossen werden kann. Bislang wurde österreichweit keine einzige zivile römische Siedlung so intensiv ergraben wie Flavia Solva. Besonders im Bereich der wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt sind Ergebnisse zu erwarten, die das bisher verzerrte Bild der ökonomischen Verhältnisse in Noricum präzisieren oder zurechtrücken werden.

Projektziele und Budget

Ziel des Bearbeitungsprojekts ist die vollständige Sichtung und digitale Erfassung der Funde, eine vollständige Digitalisierung der historischen Dokumentation und eine selektive, kompakte wissenschaftliche Bearbeitung mit anschließender Publikation der Resultate. In dem auf fünf Jahre anberaumten Projekt (01. Jänner 2021 bis 31. Dezember 2025) sollen die Funde von der ersten Sichtung bis zur Publikation wissenschaftlich bearbeitet und sämtliche naturwissenschaftlichen Untersuchungen abgeschlossen werden.

Die Gesamtkosten belaufen sich auf 500.000 €. In ihrer Regierungssitzung vom 17. September 2020 hat die Steiermärkische Landesregierung nun auf Antrag von Kulturlandesrat Christopher Drexler einen Grundsatzbeschluss über die Freigabe von Landesmitteln gefasst. Dazu kommen Förderungen des Bundesdenkmalamtes aus Bundesmitteln für den Denkmalschutz.

V.l.: Karl Peitler (Leiter der Abteilung Archäologie & Münzkabinett, UMJ), Alexia Getzinger (kaufm. Direktorin, UMJ), Kulturlandesrat Christopher Drexler, Christoph Bazil (Präsident, Bundesdenkmalamt), Barbara Porod (Chefkuratorin Provinzialrömische Sammlung, UMJ), Wolfgang Muchitsch (wiss. Direktor, UMJ).  | Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
  • V.l.: Karl Peitler (Leiter der Abteilung Archäologie & Münzkabinett, UMJ), Alexia Getzinger (kaufm. Direktorin, UMJ), Kulturlandesrat Christopher Drexler, Christoph Bazil (Präsident, Bundesdenkmalamt), Barbara Porod (Chefkuratorin Provinzialrömische Sammlung, UMJ), Wolfgang Muchitsch (wiss. Direktor, UMJ).
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Kulturlandesrat Christopher Drexler:
„Die steirische Römerstadt Flavia Solva ist nicht zuletzt durch die intensive archäologische Grabungstätigkeit des Universalmuseums Joanneum zu einem Aushängeschild der steirischen Kulturgeschichte geworden. Die inhaltliche Bandbreite des Fundmaterials bietet spannende Ausgangspunkte für eine zeitgemäße wissenschaftliche Aufarbeitung und ermöglicht es, diesen einzigartigen römerzeitlichen Fundort der Steiermark in einem neuen Licht zu betrachten. Ich freue mich daher außerordentlich, dass es nun gelungen ist, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Aufarbeitung und vor allem die Sichtbarmachung unserer facettenreichen steirischen Geschichte weiter voranzubringen.“

Karl Peitler, Leiter der Abteilung Archäologie & Münzkabinett, Universalmuseum Joanneum:
„Vier Archäolog/innengenerationen des Universalmuseums Joanneum haben uns durch ihre Ausgrabungstätigkeit in Flavia Solva seit den 1870er-Jahren ein unglaublich reichhaltiges Erbe hinterlassen. Es ist großartig, dass wir nun auf Basis der Unterstützung durch das Bundesdenkmalamt und das Land Steiermark diese Funde aufarbeiten können.“

Bernhard Hebert, Leiter der Abteilung für Archäologie des Bundesdenkmalamtes:
„Zeitgemäße Archäologie vereinigt Forschungsinteresse und Bewahrung unseres kulturellen Erbes. Lebendig wird Archäologie erst durch wissenschaftliche Auswertung und Vermittlung – mit dem Projekt zur steirischen Römerstadt Flavia Solva setzt das Universalmuseum Joanneum einen Meilenstein. Eine großartige Weichenstellung seitens der Steiermärkischen Landesregierung.“

Wandmalerei aus Flavia Solva | Foto: Universalmuseum Joanneum/B. Porod
  • Wandmalerei aus Flavia Solva
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Flavia Solva Fundaufarbeitung

Projektdauer: 01.01.2021–31.12.2025
Finanzierung: Gesamtbudget: 500.000 € (Mittel des Landes Steiermark und Bundesmittel für den Denkmalschutz)
Fundvolumen: 2000 Kisten aus 140 Jahren archäologischer Arbeit

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