Ein Mann und sein Rad
Christoph Strasser über die Faszination "Unsupported"

Für zwei Stunden auf der Bank einer Bushaltestelle zu schlafen, sei nicht ungewöhnlich bei einem Unsupported-Rennen wie dem Transcontinental Race, erzählt Christoph Strasser.  | Foto: Lex Karelly
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Sein erstes Rennen fuhr Christoph Strasser mit 20 Jahren. Seither ließ ihn die Leidenschaft für den Radsport, besonders das Ultracycling, nicht mehr los. Zuletzt fuhr der gebürtige Kraubather vermehrt bei sogenannten Unsupported-Rennen mit, bei denen die Teilnehmenden gänzlich auf sich allein gestellt sind. Im Gespräch mit MeinBezirk.at spricht Strasser über den Reiz dieser Rennen, die nicht nur Wettkampf sondern Abenteuer zugleich sind.

KRAUBATH/GRAZ. Die Liste der Erfolge und Titel wird immer länger, doch es gibt Siege, die dem Extremradfahrer Christoph Strasser auch nach Jahren im Gedächtnis bleiben: Zum Beispiel als er im Sommer 2021 am Fliegerhorst in Zeltweg – und damit "daheim in der Steiermark", als erster Mensch am Rad mehr als 1.000 Kilometer binnen 24 Stunden zurücklegte und damit gleich zwölf Weltrekorde aufstellte. "Ansonsten ist das Race Across America das wahrscheinlich Wichtigste, Größte und Schönste, was ich bisher erlebt habe", erzählt der sechsfache Sieger des Ultraradrennens, das einmal quer durch die Vereinigten Staaten führt. 

Großer Jubel in Zeltweg: Christoph Strasser gelang es, innerhalb von 24 Stunden 1.026,2 auf dem Rad zurückzulegen und damit gleich mehrere Weltrekorde aufzustellen. | Foto: Hausdorfer
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Zuletzt waren es vermehrt sogenannte "Unsupported-Rennen", die es dem gebürtigen Kraubather angetan haben. "Diese Rennen sind jetzt sehr beliebt, weil sie so puristisch sind, so 'zurück zu den Wurzeln'. Da braucht es viel weniger Geld und Aufwand", so Strasser. Beim Transcontinental Race, bei dem es in diesem Jahr 3.939 Kilometer und rund 50.000 Höhenmeter von Belgien bis Griechenland ging, starteten etwa 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 

Auf sich allein gestellt

Den Kraubather, der in diesem Jahr seinen Titel erfolgreich verteidigen konnte, fasziniert die "Kombination aus Wettkampf und Abenteuer", die ein solches Unsupported-Rennen darstellt.

"Mit dem Rad durch Bosnien, Serbien, Montenegro und Albanien zu fahren, das ist extrem reizvoll, weil man dort sonst wahrscheinlich nicht unterwegs wäre. Und die ganzen Sachen selbst zu managen, die Route selbst zu planen und zu finden, sich unterwegs selbst zu versorgen, Schlafplätze zu finden – das ist extrem spannend und aufregend."
Christoph Strasser, Extremradfahrer

Zeit für ein Selfie mit der traumhaften Bergkulisse der Schweiz im Hintergrund: Christoph Strasser beim diesjährigen Transcontinental Race.  | Foto: Christoph Strasser
  • Zeit für ein Selfie mit der traumhaften Bergkulisse der Schweiz im Hintergrund: Christoph Strasser beim diesjährigen Transcontinental Race.
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Während bei Rennen wie dem Race Across America ein Betreuerteam stets begleitend dabei sei, bei Problemen helfe oder zum Reden während der Fahrt zur Verfügung stehe, sei man bei Unsupported-Rennen gänzlich auf sich allein gestellt; egal ob einen gerade die Müdigkeit überkomme oder man ein Tief zu überwinden habe. 

Hier setzt Strasser unter anderem auf die richtige Musik. Eigens für das Training erstellte Playlists geben in müden Momenten wieder Energie: "Wenn ich dann die Lieder vom Training höre, bin ich im Kopf wieder voll beim Radfahren." Ansonsten habe er sich angewöhnt, Sprachnachrichten aufzunehmen, "Das ist quasi so wie ein kleines Tagebuch. Da erzähle ich mir selber Geschichten, was heute passiert ist, was die Höhepunkte waren und was mein Plan für morgen ist. Hin und wieder telefoniere ich auch, oder tausche mich mit Freunden und Familie über Whatsapp aus", berichtet der gebürtige Kraubather. 

Sich in Geduld üben

Rennen seien auf vielen Ebenen fordernd, doch die positiven Seiten überwiegen: "Das sind zum Beispiel das Tour-Erlebnis, Tag und Nacht am Rad zu sitzen und durch unglaublich schöne Landschaften zu fahren – das sind eigentlich die Sachen, die den Reiz ausmachen. Und dass man merkt, dass man damit für sehr viele Menschen ein Vorbild sein kann." Seit einiger Zeit gibt der Sportler im Rahmen von Vorträgen ganz persönliche Einblicke, spricht über Hochs und Tiefs und wie man wieder seine Motivation finden kann. 

Mittlerweile ist Christoph Strasser auch mit seinen Vorträgen auf Tour und berichtet von Höhen und Tiefen seiner bisherigen Karriere.  | Foto: knauf
  • Mittlerweile ist Christoph Strasser auch mit seinen Vorträgen auf Tour und berichtet von Höhen und Tiefen seiner bisherigen Karriere.
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Eine wesentliche Erkenntnis, die Strasser im Laufe seiner Karriere gewonnen hat, ist, dass man geduldig sein müsse, langfristig dran bleiben und sich nicht stressen solle, ob das nun bei einem Projekt oder einem Rennen sei.

"Es läuft nie so, wie man es sich vorstellt. Es gibt immer Hochs und Tiefs. Man darf nicht glauben, dass man in einem Jahr die Welt zerreißen kann, sondern wenn man jedes Jahr einen kleinen Schritt macht, dann hat man nach fünf Jahren, nach zehn Jahren ein paar Schritte hintereinander gemacht und plötzlich ist dann ganz, ganz viel möglich."
Christoph Strasser, Extremradfahrer

Er selbst habe auch Rückschläge erlitten, musste etwa bei zwei Race Across America-Teilnahmen unter der Zeit abbrechen. "Aber das nächste Mal schafft man es wieder, und weiß dann, dass man diesen Rückschlag ausgebessert hat und durchgekommen ist, und das sind dann immer die ganz schönen Momente", sagt Strasser. 

"Wo ich mich zuhause fühle"

Mittlerweile befindet sich Strasser in der glücklichen Lage, mitdem Radfahren – und allem, was dazu gehört – sein Leben bestreiten zu können; etwas, wovon er schon als 20-Jähriger, am Beginn seiner Karriere geträumt hatte.

"Kraubath ist das, wo ich mich zuhause fühle", sagt Christoph Strasser, der regelmäßig in die Obersteiermark fährt. Hier im Bild mit Bürgermeister Erich Ofner anlässlich des Kraubather Duathlons im Juli 2022. | Foto: RegionalMedien Steiermark
  • "Kraubath ist das, wo ich mich zuhause fühle", sagt Christoph Strasser, der regelmäßig in die Obersteiermark fährt. Hier im Bild mit Bürgermeister Erich Ofner anlässlich des Kraubather Duathlons im Juli 2022.
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Vieles hat sich seither verändert. Die Liste der Erfolge ist lang. Seinen Lebensmittelpunkt hat Christoph Strasser mittlerweile nach Graz verlegt. "Was ich mit der Heimat verbinde ist diese wahnsinnig lebenswerte Region und eine sehr, sehr schöne Kindheit und Jugend", erzählt Strasser, der nach wie vor regelmäßig "heim" komme. "Kraubath ist das, wo ich mich zuhause fühle", stellt er fest. Und mit dem Rad sei es ja schließlich nicht so weit.

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