Wiedereröffnung
Stimmen aus der Mürztaler Gastronomie
Laut Bundesregierung sollen Gaststätten, Cafés und Lokale ab 15. Mai wieder öffnen dürfen. Auch die Hotellerie darf wieder Nächtigungen anbieten. Eine allgemeine Sperrstunde wurde mit 23 Uhr festgelegt. Weitere Details hinsichtlich Abstands- und Hygieneregeln werden noch bekanntgegeben.
Wir haben uns bei den Mürtaler Gastronomen umgehört, wie es ihnen mit den Maßnahmen bisher ergangen ist und mit welchem Blick sie in die Zukunft sehen.
Wirtschaftliche Folgen schwer abzuschätzen
Josef Monschein, Gasthaus Turmwirt, Kindberg-Mürzhofen: "Wirtschaftlich gesehen, ist es höchste Zeit, dass wir wieder öffnen dürfen. Auch mit der Sperrstunde um 23 Uhr ist das für uns kein Problem. Aufsperren wollen wir auf jeden Fall. Wir werden auch unsere ohnehin schon recht große Terrasse ausweiten und für mehr Abstände unter den Gästen sorgen, damit die Leute die Zeit im Freien genießen können. Die große Frage ist allerdings noch, wie das mit größeren Feiern geregelt sein wird, da wir von diesen ja schon abhängig sind. Ich bin auf die Details gespannt.
Bisher sind wir durch die Krise mit wechselndem Erfolg gekommen. Zum Glück konnten wir den Zimmerbetrieb für die Monteure halbwegs aufrecht erhalten. Seit 6. April kann man bei uns auch Essen abholen. Das läuft gut, reicht aber natürlich bei weitem nicht, um den angerichteten Schaden wett zu machen.
Die langfristigen wirtschaftlichen Folgen kann ich noch nicht abschätzen. Im März hatten wir 12 Prozent vom Normalumsatz, im April werden wir uns wahrscheinlich bei 25 Prozent einpendeln. Ich hoffe, dass wir alle Mitarbeiter, die jetzt in Kurzarbeit sind, bald wieder voll einsetzen können, doch ich rechne damit, die Kurzarbeit weiter verlängern zu müssen. Wenn nun alles planmäßig verläuft und Schritt für Schritt Normalität einkehrt, werden wir den Sommer übertauchen, auch wenn es ein sehr bescheidenes Jahr wird. Prinzipiell denke ich, dass allerdings eine Bereinigung in der Gastronomie stattfinden wird, da viele Betriebe, die ohnehin schon gekränkelt haben, sich das nicht weiter antun werden."
Die Lage ist angespannt
Gernot Grünbilcher, Gasthaus Oberer Gesselbauer, Stanz: "Wie es uns geht? Mittelprächtig, um es gelinde auszudrücken. Natürlich werden wir am 15. Mai wieder aufsperren, aber wir müssen auch wissen, wie die klaren Regeln im Umgang mit den Gästen sein werden. Bisher wurden sämtliche Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und andere Feierlichkeiten bis August abgesagt. Auch die Übernachtungen von Dienstreisenden fallen komplett weg. Wir habe im März und April quasi 100 Prozent Umsatzeinbußen. Einziger Tropfen auf dem heißen Stein ist unser Abholservice. Wir kochen aber nur Sonntags aus, da wir uns mit den anderen Stanzer Wirten abgesprochen haben. In einem 1.800-Einwohner-Dorf herrscht sonst gleich ein Überangebot.
Es wird für uns definitiv schwierig, die Krise zu übertauchen, da sämtliche Feiern, die jetzt stattfinden würden, im Oktober wahrscheinlich nicht nachgeholt werden. Unsere Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit oder haben eine Wiedereinstellungsgarantie. Wenn strenge Abstandsregelungen herrschen und sich wenige Gäste auf vielen Tischen verteilen müssen, weiß ich auch noch nicht, wie viel Personal ich mit Wiedereröffnung überhaupt brauchen werde.
Um den Härtefonds sind wir umgefallen. Einzige Möglichkeit momentan ist ein Überbrückungskredit, den wir in Anspruch genommen haben. Zuschüsse dafür werden wir allerdings wohl erst im nächsten Jahr bekommen. Die Lage ist angespannt. Hoffentlich geht bald alles seinen gewohnten Gang."
Dankeschön den treuen Gästen
Thomas Leitner, Gasthof Schlagobersbauer, Krieglach: "Naja, die Situation momentan ist sehr bescheiden. Das einzige, dass uns so halbwegs über Wasser hält, ist unser Abholservice, den wir jetzt schon an zwei Wochenenden angeboten haben. Dieser wird auch sehr gut angenommen. So hatten wir beispielsweise am vergangenen Wochenende 150 Essen, die wir ausgekocht haben. Das ist nicht so schlecht, weil man wenigstens ein bisschen die Kosten decken kann. Und es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Leute die Mühe machen und zu uns rauffahren, um ihr Essen abzuholen – das ist toll. Die Speisekarten haben wir auf Facebook und Instagram online gestellt. Auch am 1. Mai bieten wir das Abholservice an.
Selbstverständlich sperren wir am 15. Mai unser Gasthaus wieder auf. So wie das Geschäft aufgehört hat, wird es mit Sicherheit nicht weitergehen, das ist klar. Viel wird davon abhängen, welche Auflagen einzuhalten sind. Aber um Mundschutz und Plexiglas-Helm werden wir wahrscheinlich nicht drum herum kommen. Ich denke, die Menschen werden eher vorsichtig sein am Anfang. Es wird einfacher sein die neuen Auflagen im Freien als in der Gaststube umzusetzen.
Ich konnte nur zwei meiner Mitarbeiter behalten, die uns beim Abholservice helfen. Aber so wie es jetzt ausschaut, gibt es vielleicht wieder bald wieder genug Arbeit, dass ich hoffentlich alle wieder einstellen kann. Der Abholservice am Wochenende wird auch nach dem 15. Mai weiter bestehen bleiben."
Alles andere als einfach
Franz Lendl, Gasthof Lendl, Mürzzuschlag: "Die Situation momentan ist alles andere als einfach. Unser Abholservice wird aber recht gut angenommen – das freut uns. Es ist aber mit Sicherheit keine dauerhafte Lösung, momentan aber besser als gar keine Einnahmen. Auch ich musste unsere Angestellten kündigen. Die ersten Wochen war der Umsatz logischerweise bei null; jetzt liegen wir bei 75 Prozent an Umsatzverlust. Ich glaube es wird eine Zeit dauern, bis das Geschäft wieder einigermaßen läuft.
Wir sperren natürlich auch wieder auf am 15. Mai – Zulassen ist keine Option. Aber von einer neuen Normalität zu sprechen, finde ich nicht passend. Auch das Einkaufen ist derzeit keinesfalls ein normales einkaufen. Ich glaube, es wird noch bis Ende des Jahres dauern, bis es ordentlich losgeht; auch wenn wir wieder aufsperren dürfen. Ich glaube nicht, dass wir gleich mit der vollen Belegschaft weiterarbeiten können, das wird noch dauern.
Recherchiert von Angelina Koidl und Bernhard Hofbauer
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