Fünf Jahre e5-Gemeinde Mürzzuschlag

Auftaktveranstaltung (28.1.2010): Gundi Spreitzer präsentiert das e5-Programm
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  • hochgeladen von Erwin Holzer

Mit Wirksamkeit vom 1.1.2010 ist Mürzzuschlag dem Programm für energieeffiziente Gemeinden beigetreten. Ein im Team engagierter Bürger zieht nach 5 Jahren Bilanz:

Die Vorgeschichte

Am Anfang war eine Podiumsdiskussion zum Thema „Wege zur Energieautonomie in Mürzzuschlag“, veranstaltet im November 2008 von der Grünen Akademie und den Bezirksgrünen. Damals hatte DI.in Helga Rally vom Landesenergieverein das e5-Programm vorgestellt. Am Podium zeigten sich Mürzzuschlags Bürgermeister DI Karl Rudischer und Stadtwerkedirektor Ing. Alfred Wruss grundsätzlich interessiert.

Ein halbes Jahr später – ich saß damals noch als Vertreter der Grünen im Mürzer Gemeinderat – legte ich ein Schäuferl nach und stellte formell den Antrag, der Gemeinderat möge den Grundsatzbeschluss fassen, dem e5-Programm beizutreten. Der Antrag wurde zunächst dem Umweltausschuss zugewiesen und auf dessen Empfehlung erfolgte am 1.10.2009 der einstimmige Gemeinderatsbeschluss, mit Wirksamkeit vom 1.1.2010 dem e5-Programm beizutreten.

Das Startjahr

Offizieller Auftakt war am 28.1.2010 im Wintersportmuseum. Nach kurzen Ansprachen des Bürgermeisters und der Umweltreferentin präsentierte Mag.a Kunigunde Spreitzer vom Landesenergieverein das e5-Programm. Anschließend gab es die erste Arbeitssitzung des vorläufig 15-köpfigen e5-Teams. Es bestand fast nur aus Gemeinderäten und Gemeindebediensteten. Teamleiter war Stadtbaudirektor DI Peter Drexler, politische Beauftrage die Umweltreferentin Silke Jaklin-Perklitsch. Die Betreuung übernahm die Energieagentur Obersteiermark.

Sofort ging es an die Erhebung des Ist-Zustandes. Dazu wurden umfangreiche Checklisten verteilt. Da ich mich in den ersten Diskussionsbeiträgen beim Thema Mobilität sofort kritisch zum Ist-Zustand geäußert hatte, bekam ich von Gundi Spreitzer sofort die Bearbeitung der Checklisten zu diesem Handlungsfeld zugeteilt. Ich erledigte die Aufgabe in den folgenden Wochen in Zusammenarbeit mit dem Teamleiter, der oftmals eine weniger kritische Sicht der Dinge an den Tag legte. Ich erkannte, wie viel es noch zu tun gab, und deponierte den Wunsch, auch nach meinem Ausscheiden aus dem Gemeinderat als engagierter Bürger im e5-Team zu verbleiben. Da Bürgerteilnahme ein zentraler Punkt des e5-Konzeptes ist, konnte man mir diesen Wunsch schwer abschlagen.

Im Herbst erfolgte dann die erste Zertifizierung. Mürzzuschlag erzielte einen Umsetzungsgrad von 49 Prozent und wurde mit zwei „e“ ausgezeichnet. Die e5-Kommission empfahl auch die unerlässliche Erstellung eines Verkehrskonzeptes, die Einbindung der Bevölkerung und die Einführung einer Energiebuchhaltung. Hätte es eine solche bereits gegeben, wäre ein drittes „e“ sicher gewesen. Besondere Pikanterie: Eine Energiebuchhaltung hatte ich bereits vor 3 Jahren beantragt. Das Protokoll vermerkt: „Gemeinderat Dr. Holzer unterstreicht die Wichtigkeit seines Antrages. Einstimmiger Beschluss ohne Diskussion“. Danach ging es zum Weihnachtsessen und am nächsten Tag war der Beschluss schon wieder vergessen.

Stillstand in der Teamarbeit

Besonders bei kommunalen Gebäuden und Anlagen wurde in den folgenden Jahren vieles verbessert. Und die Umweltreferentin präsentierte sich häufig in den Medien, gab Energiespartipps und versuchte das Geschäft mit E-Bikes anzukurbeln. Aber bei den Teamsitzungen gab es Intervalle von über einem Jahr.

Vierteljährlich erhielt ich den Newsletter des Landesenergievereins. Da waren auch regelmäßig Seminare ausgeschrieben. Ich besuchte zwei davon in Graz. Bei einem dieser Seminare referierte der Verkehrsplaner Markus Frewein, der bereits 2009 im Auftrag des Landes an Nahverkehrskonzepten für das Mürztal gearbeitet hatte.

In Graz traf ich auch unseren Teamleiter und wenn ich bei dieser Gelegenheit nachfragte, wann es in Mürzzuschlag wieder ein Team-Treffen gebe, erfuhr ich, dass die Arbeit wegen Personalfluktuationen im Stadtbauamt und in der Betreuungsagentur stocke.

Im Juni 2013 erging eine Info an das e5-Team, dass ab sofort Frau DI Heide Rothwangl-Heber vom Landesenergieverein die Betreuung von Mürzzuschlag übernommen habe. „Derzeit haben wir wöchentlich eine interne Sitzung mit ihr, da wir im Sommer 2013 zur Auditierung vorgeschlagen sind und wir gemeinsam festgelegt haben, dass diese auch stattfinden soll. Aus diesem Grunde sind wir derzeit mit intensivem Arrangement bei der Zahlenermittlung, Dokumentation usw.“ – Das e5-Team war an diesen internen Sitzungen nicht beteiligt.

Bei der Auditierung wurde die Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit einem Umsetzungsgrad von 59 Prozent mit dem 3. „e“ ausgezeichnet. Gegenüber der ersten Auditierung vor 3 Jahren registrierte man Verbesserungen bei den Handlungsfeldern HF 1 (Entwicklungsplanung, Raumordnung), HF 2 (Kommunale Gebäude, Anlagen), HF 3 (Versorgung, Entsorgung), HF 5 (Interne Organisation) und HF 6 (Kommunikation, Kooperation). Eine Verschlechterung gab es im Handlungsfeld 4 (Mobilität).

Ansätze zur Teamarbeit im letzten Jahr

Die neue Betreuerin Heide Rothwangl-Heber lernten die meisten Team-Mitglieder erst bei einem Jahresplanungsworkshop am 23. Oktober 2013 kennen. Engagiert moderierte sie die Veranstaltung. Mit der Forderung nach mehr Teamarbeit rannte man bei ihr offene Türen ein. Und auch zu den Problemfeldern Mobilitätsmarketing und Öffentlicher Verkehr lieferte sie Ideen.

Projektideen fürs kommende Jahr wurden gesammelt und zu meiner Überraschung landete bei der Bewertung ein Projekt Stadtbus/Citybus im Spitzenfeld. Natürlich meldete ich mich sofort in diese Projektgruppe. Ich schlug vor, zum ersten Treffen der Projektgruppe möge man Verkehrsexperten einladen, die bereits Vorarbeiten geleistet hatten, wie Markus Frewein oder Gerhard Deutsch von der MVG, der gelegentlich nachfragt, wann in Mürzzuschlag der Citybus komme. Die Umweltreferentin blockte sofort ab. Zuerst solle man sich intern zusammensetzen und eventuell Angebote von heimischen Taxi-Unternehmen einholen. Ich ließ mich darauf ein, um nicht gegen Mauern zu rennen.

Zu welchem Tarif der Stadtbus Fahrgäste befördern könne, war die zentrale Frage bei der ersten Sitzung des Projektteams. Zum Verkehrsverbundtarif, lautete meine Position. Ein der Gruppe angehöriger Gemeindebediensteter zahlte für seine Jahreskarte für eine Zone von Mürzzuschlag bis Krieglach bloß 388,- €. Für das „City-Taxi“ zahlt man für eine Fahrt zu Geschäftszeiten bis an den Stadtrand 4,- €, außerhalb der Geschäftszeiten mindestens 6,- €. Ich ließ nachrechnen, wie viel jemand zahlt, der das Taxi täglich braucht, und einige staunten, wie ein Jahresbetrag von über 3.000,- € herauskam.

Wenige Tage später fuhren die Umweltreferentin, der Gemeindebedienstete und ich mit einem Gemeindeauto mögliche Busrouten ab, um Fahrzeiten zu checken als Grundlage für die Einholung von Angeboten. Ein Durchbruch schien bevorzustehen, ein Loch in der Mauer schien sich aufzutun. Rasch war ein Angebot eingeholt, und es war diskussionswürdig. Und ich begann zu rechnen: wenn mindestens 20 Fahrgäste den Kleinbus auf den Teilstrecken einer Runde zum Verbundtarif benutzen, wären maximal 20,- € pro Runde von der Gemeinde als Abgang zu decken. (Beim sogenannten „City-Taxi“ leistet die Gemeinde derzeit einen Zuschuss von 40,- € für 20 Fahrgäste!)

Im Unterschied zu den Vorjahren gab es 2014 regelmäßig vierteljährliche Teamsitzungen. Bei der Jänner Sitzung informierte das Stadtbus-Projektteam über die Vorarbeiten und es spießte sich bei den Fragen, wie man Siedlungen in „Hanglagen“ besser einbinden könne und ob der Stadtbus nur zweimal am Tag oder im Stundentakt seine Runden ziehen soll. Und man entschloss sich, zur Sitzung im April doch einen Verkehrsplaner hinzuzuziehen.

Die von mir empfohlenen Planer wurden aber weiter abgeblockt. Stattdessen präsentierten sich Vertreter von „ISTmobil“, ein Verein, der sich an der südsteirischen Weinstraße als Taxivermittlungszentrale bewährt hat und weiter expandieren möchte. Aber in Mürzzuschlag schnell ein Taxi zu finden ist nicht das Problem. Das Problem hier ist, täglich mobil sein zu können, ohne jährlich mehr als für ein eigenes Auto ausgeben zu müssen. Bei dieser Teamsitzung kam auch eine 2013 für den Regionalentwicklungsverband durchgeführte Analyse über das derzeitige ÖV-Angebot in der Kleinregion Mürzzuschlag zur Sprache. Wenige Tage später bekamen wir die Studie zu sehen, und ich entdeckte darin eine Fülle von Feststellungen, die man nicht oft genug zitieren kann:

„Den meisten Befragten fehlen die ÖV-Angebote am Wochenende (35,8 Prozent) und werktags an Nachmittagen (25,2 Prozent), gefolgt von den Abenden (22,4 Prozent)“ –

„Auffallend ist, dass die Altersgruppe +65 Jahre mit 46,2 Prozent eine große Gruppe an Nicht-PKW-Besitzern aufweist und dementsprechend sehr stark vom ÖV oder Mitfahrgelegenheiten abhängig zu sein scheint!“ –

„Insgesamt ergibt sich für die Kleinregion ein alarmierendes Bild. Durchschnittlich können nur 3 Prozent der Befragten mit dem derzeitigen ÖV-Angebot ihre Mobilitätsbedürfnisse erfüllen.“ –

„Die Voraussetzungen für ein umfassendes ÖV-Angebot wären in der Region prinzipiell vorhanden, da ein bestehendes umfangreiches Angebot in der Vergangenheit sukzessive verringerte wurde.“

Bei der Oktobersitzung gab es Zwischenberichte über einzelne Projektgruppen. Das Sitzungsprotokoll vermerkt, dass die Umweltreferentin meine, es werde aus unterschiedlichen Gründen wohl zu keinem Stadtbus-Projekt kommen. Nicht vermerkt ist im Protokoll, dass ich dieser Meinung widersprach und wieder einmal darauf hinwies, dass sich Fußgänger in unserer Stadt als Menschen zweiter Klasse behandelt fühlen, während man Autofahrern jetzt sogar die Parkgebühren schenkt, außer auf dem sogenannten Jaklin-Platz. Nicht protokoliert ist auch, was ich daraufhin zu hören bekam.

Ausblicke

Der e5-Jahresplanungsworkshop am 11. Dezember 2014 war nur mäßig besucht. Die Gemeindefusion warf ihre Schatten voraus. Gemeinderäte, die mit Jahresende ihre Funktion verlieren, ließen sich mit einer Ausnahme nicht mehr blicken. Aber Bürgermeister Rudischer, der in den folgenden Monaten als Kommissär amtieren wird, nahm sich Zeit und die Diskussion verlief sehr konstruktiv. Es war viel von der Vermeidung von Mehrgleisigkeiten die Rede. Dass beispielsweise die Errichtung der Fotovoltaik Anlage im Industriepark Hönigsberg abseits des e5-Teams erfolgte, empfindet man als wenig sinnvoll. Künftig sollen alle Engagierten eingebunden werden. Und vom Vertreter der Stadtwerke kam der Wunsch nach besserer Zusammenarbeit mit der Kaplan-Akademie.

Unwidersprochen akzeptierte der Bürgermeister auch alle Hinweise auf Mobilitätsdefizite. Ich erzähle inzwischen bei jeder Gelegenheit, dass ich ihn vor einigen Wochen am Mürzer Bahnhof beim Besteigen eines Zuges traf, und wie er mir vorschwärmte, wie angenehm er im Zug mit seinem Tablet arbeiten könne. Und ich erinnere daran, wie sich vor 4 Jahren in Graz die e5-Verleihungsveranstaltung um eine Viertelstunde verzögerte, weil der Bürgermeister von Mürzzuschlag noch mit seinem Auto im Stau steckte. Diese Veränderungen stimmen mich optimistisch.

Man wird abwarten müssen, was die kommenden Gemeinderatswahlen bringen. Als Neujahrswunsch wünsche ich mir eine nicht mehr von einer Lobby abhängige Umweltreferentin.

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