Gletscherschmelze
Pinzgauer Gletscher trifft Gletscherschmelze massiv
Die Gletscher im Pinzgau sind massiv von der Gletscherschmelze betroffen – vor allem die heimischen Gletscher im Nationalpark Hohe Tauern. Laut Forschern wird sich das Abschmelzen in einigen Bereichen drastisch Auswirken, beispielsweise Wasserknappheit.
PINZGAU. Der Klimawandel hat nicht nur Auswirkungen auf uns Menschen, sondern im Speziellen auch auf unserer heimischen Gletscher.
Salzburgs höchster Berg trifft Gletscherschmelze massiv
Im Pinzgau sind die Gletscher rund um den Großvenediger (höchster Berg in Salzburg) im Vorjahr am stärksten abgeschmolzen (österreichweit). Dies bestätigt der aktuelle Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins.
Zwei große Verlierer im letzten Jahr
Das Untersulzbachkees auf der Salzburger Seite des Großvenedigers hat mehr als 35 Meter an Länge verloren, das Schlatenkees auf der Osttiroler Seite ist um 50 Meter zurückgegangen, so die Forscher. Zusammen mit der Pasterze am Großglockner sind diese beiden die größten Verlierer des vergangen Jahres.
Ein Zeller ist bei Gletschervermessungen dabei
Der gebürtige Zeller Andreas Kellerer-Pirklbauer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geographie und Raumforschung der Universität Graz und seit 2000 ist er an den Gletschermessungen der Pasterze beteiligt. Kellerer-Pirklbauer ist außerdem beim Gletscher- und Vermessungsdienst des Österreichischen Alpenvereins tätig.
"Wir sehen, dass die großen alpinen Gletscher in Europa mit den noch relativ 'schönen' Gletscherzungen deutlich stärker an Länge verlieren als im Durchschnitt. Die meisten Gletscher in unserem Gebiet sind ja kleiner, weil hier in Österreich das Mittel stark nach unten gedrückt wird. Aber würden wir nur die großen Gletscher ansehen, dann würden die 'Schmelz-Werte' noch dramatischer aussehen“ erläutert Kellerer-Pirklbauer.
2021 verloren die Gletscher weniger an Länge
Die Forscher betonen jedoch, dass die österreichischen Gletscher im Durchschnitt 2021 etwas weniger an Länge verloren haben als 2020. Insgesamt haben die Gletscher 2021 elf Meter an Länge eingebüßt, 2020 waren es 15 Meter.
Kühle Sommer und Schneefall im Hochgebirge
Den neuesten Untersuchungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) sind die Gletscher im Nationalpark Hohe Tauern weiterhin massiv von der Gletscherschmelze betroffen. Laut Experten könnte sich der Zustand der heimischen Gletscher nur verbessern, wenn es einen Sommer mit kühlen Temperaturen und Schneefall im Hochgebirge gibt.
"Die Ergebnisse zeigen, dass die Gletscher seit Jahren unumkehrbar kleiner werden. Die heimischen Gletscher hätten im heurigen Winter weniger Schnee bekommen als im Durchschnitt. Wir sehen das an den Sonnblick-Gletschern, das wir bei fast 30 Prozent weniger Schnee sind als in den letzten 20 Jahren – bei den Gletschern handelt es sich hierbei um 70 bis 90 Zentimeter. Das bedeutet einfach, dass sie mit weniger Schnee in den Sommer starten", erklärt Anton Neureiter, Gletscherexperte von der ZAMG.
Er ergänzt:
"Kriegen wir einen trockenen heißen Sommer, dann hilft der ganze Schnee nichts. Denn nur Kaltlufteinbrüche im Sommer schützen den Gletscher mit Schnee – deswegen sei für die meisten heimischen Gletscher auch der Sommer wichtiger als der Winter. Worst-Case-Szenario für die Gletscher sei ein schneearmer Winter, gefolgt von einem trockenen, heißen Sommer."
Viele Gründe für Gletscherschmelze
Für den Gletscherschwund gibt es laut Forschern mehrere Gründe: die steigende Jahresdurchschnittstemperatur (im Sommer fällt immer häufiger Regen anstatt Schnee), eine schnellere Eisschmelze, wenn die weiße Schneedecke, die die Sonneneinstrahlung reflektieren sollte, fehlt.
Gletscherschmelze zieht Folgen mit sich
Das "Dahinschmelzen" unserer Gletscher beeinflusst das Mikroklima, den Wasserhaushalt und erhöht die Naturgefahren. Durch das Einsinken des Eiskörpers fehlt den Steilhängen der Halt – Steinschlag und Felsstürze sind die Folge, so die Gletscherforscher.
Ein Experte auf seinem Gebiet
Andreas Kellerer-Pirklbauer hat jahrelange Erfahrung im Bereich der physischen Geographie von Gebirgsregionen mit einem starken Fokus auf die Auswirkungen des Globalen Wandels auf geomorphologische Prozesse und Formen, Permafrost, Gletscher, Massenbewegungen und damit im Zusammenhang stehenden Naturgefahren.
International, wissenschaftlich tätig
Außerdem ist Keller-Pirklbauer der österreichische Vertreter bei der Internationalen Permafrost Vereinigung (International Permafrost Association/IPA). Des Weiteren ist er Co-Leiter des nationalen Gletschermessprogramms des Österreichischen Alpenvereins gemeinsam mit seinem Kollegen Gerhard Karl Lieb.
In welchem Verhältnis stehen Klimawandel und Gletscherschmelze?
Inwieweit sich ein Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und der Gletscherschmelze herstellen und berechnen lässt, versuchen Gletscherforscher herauszufinden.
"Fieberthermometer des Weltklimas"
Früher untersuchten die Forscher die Wirkung des vorstoßenden Eises auf Fels und Boden, heute nutzen sie ihre Forschungsobjekte immer mehr als "Fieberthermometer des Weltklimas". Steigen die Temperaturen der Erde, dann schmelzen als Folge die Gletscher – und das weltweit.
Wo einst Gletscher waren, breiten sich Gesteinswüsten aus
Wenn Gletscher tauen, verändert sich die Landschaft. Ehemalige Gletschertäler verwandeln sich dann in öde Gesteinswüsten, in denen sich nur wenige Lebewesen wohlfühlen, erklären die Gletscherforscher.
Wasserknappheit führt zum Rückgang der Artenvielfalt
Der Grund für die Trockenheit liegt in der Wasserknappheit: Bäche von Schmelzwasser versorgten früher Pflanzen. Es konnte sich in den Randlagen des Eises nährhafter Boden bilden, der wiederum Pflanzenwachstum ermöglichte und damit auch Lebensraum für viele Kleintiere schuf – mit der Gletscherschmelze verschwindet ziemlich sicher auch ein Teil der Arten, so die Forscher.
Rückgang von Wasser betrifft alle Bereiche
Rund ein Viertel der weltweiten Süßwasserreserven entfällt auf Grundwasser, Seen, Flüsse oder Wasser in der Atmosphäre – schmelzen unsere Gletscher, wird das Wasser auch für andere Bereiche als "nur" die Pflanzen knapp.
Folgen ohne Eis und Schnee
Drei Viertel der Atmosphäre bestehen hingegen aus Eis und Schnee der Polargebiete und Gletscherregionen. Die Glaziologen fürchten, dass in Folge der Gletscherschmelze, diese Wasserreserven ebenfalls drastisch zurückgehen werden.
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