Psychologie/ Coming Out
FAQ: Ist in homosexuellen Partner*innenschaften einer/eine der Mann und einer/eine die Frau? – Teil 3

Nein, denn traditionelle heterosexuelle Normen lassen sich nicht so einfach auf homosexuelle Partner*innenschaften übertragen und die Rollen eines/einer dominierenden („männlichen“) und eines/einer submissiven („weiblichen“) Partners/Partnerin finden sich hier im Gegensatz zu traditionellen heterosexuellen Partnerschaften nur selten.

Problematisch erachte ich allerdings in unserer Kultur die noch immer mehr oder weniger subtilen Rollenzuschreibungen von „männlich“ und „weiblich“ in homosexuellen Partnerschaften. So wird jungen homosexuellen und bisexuellen Männern nicht selten die Rolle des weiblichen (mitunter auch des sexuell passiven) Parts zugeschrieben, ohne Rücksicht darauf, ob diese Zuschreibung dem tatsächlichen Erleben des betroffenen jungen Mannes entspricht. Viele junge Männer identifizieren sich aufgrund der äußeren Zuschreibungen und des sozialen Drucks dann mit diesen Rollen – ein Phänomen, das in den Sozialwissenschaften altbekannt ist: So wird älteren Frauen noch immer zugeschrieben, dass sie im Alter keine sexuelle Lust mehr haben sollten, d.h. dass sie zu asexuellen Wesen werden. Viele ältere Frauen verinnerlichen diese Zuschreibung und leben dann keine Sexualität mehr, obwohl sie im tiefsten Innersten nach wie vor sexuelle Bedürfnisse haben.

Der soziale Druck dieser Rollenzuschreibungen kann so groß werden, dass die betroffenen Männer dann tatsächlich unhinterfragt die weibliche Rolle übernehmen (oder umgekehrt: Frauen die männliche Rolle) und viele Jahre lang ein falsches Selbst leben, d.h. ein Leben führen, in dem sie ihre tatsächlichen Bedürfnisse nicht leben. Mitunter ist die Identifizierung mit diesen Rollenzuschreibungen so stark, dass die betroffenen Menschen ihre authentischen Bedürfnisse gar nicht mehr spüren und diese abspalten. Depressionen, Angststörungen aber auch die Flucht in Ersatzbefriedigungen (Drogen, Alkohol, Sexsucht) können die Folgen sein.

Die Diskussion um männlich und weiblich in homosexuellen Partnerschaften rührt daher, dass die Vorstellung der Polarität der Geschlechter eine Jahrtausende alte Tradition in unserer Kultur hat. Die tradierten Normen kennen nur weibliche oder männliche Rollen und eine Polarität der Geschlechter. Auch Schwule, Lesben und Bisexuelle sind von dieser heteronormativen Tradition zutiefst geprägt und haben die Polarität der Geschlechter verinnerlicht.

Selbstverständlich gibt es auch (heterosexuelle, bisexuelle und homosexuelle) Männer und Frauen, die das authentische Bedürfnis haben „weiblicher“ bzw. „männlicher“ aufzutreten oder genderfluid/polygender zu leben. In diesem Fall entspricht das Verhalten einem ureigenen inneren Bedürfnis und stellt einen authentischen Ausdruck innerer und äußerer Freiheit dar. Diese Menschen setzen sich in der Regel intensiv mit ihrem Erleben als Mann, als Frau oder als genderfluid/polygender auseinander, hinterfragen die Dichotomie der Geschlechter kritisch, spüren ihre Bedürfnisse gut, haben einen guten Zugang zu ihren Körpergefühlen und Emotionen und führen ein authentisches Leben mit viel innerer Freiheit.

Wichtig bleibt somit weiterhin, dass wir Konstrukte von Männlichkeit und Weiblichkeit hinterfragen. Jeder Mensch hat viele „männliche“ und „weibliche“ Seiten und niemandem steht es zu, anderen Menschen vorzuschreiben wie sich ein „richtiger Mann“ oder eine „richtige Frau“ zu verhalten habe. Nur der betroffene Mensch selbst kann spüren, was sich für ihn als weiblich oder als männlich anfühlt.

Hier geht es zu Teil 1
Hier geht es zu Teil 2

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut 
(Existenzanalyse)

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