Der Bischof als Nikolaus
Erinnerungen von Hermann Glettler und Wilhelm Krautwaschl

Nicht vom Walde, aber am Rad kam er anno dazumal daher: Hermann Glettler vor rund zwölf Jahren als Nikolaus unterwegs bei Grazer Familien. | Foto: Grassegger
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Was haben Bischöfe vor ihrem Amtsantritt gemacht? Richtig! Sie haben regelmäßig am 6. Dezember für diese höheren Weihen "geübt" und als Heiliger Nikolaus verkleidet für strahlende Kinderaugen gesorgt. Im Gespräch mit MeinBezirk.at erinnern sich die beiden Bischöfe Hermann Glettler und Wilhelm Krautwaschl an ihre Nikolausauftritte und berichten, was der Nikolaus für sie bedeutet.

GRAZ/INNSBRUCK. Nicht von draußen, vom Walde, kam er her, sondern am Rad und um die Ecke – so erinnert sich die Grazer Familie Grassegger-Krogger an die Besuche von "Nikolaus" Hermann Glettler, damals noch Pfarrer in Graz St. Andrä. "Also mit dem Kostüm am Rad, das war schon beachtlich, aber richtig spektakulär war definitiv das Radfahren mit dem Bischofsstab", blickt Vater Christian Grassegger schmunzelnd zurück. Nicht nur für ihn waren die Auftritte von "Hermann" stets beeindruckend und berührend, sondern natürlich auch für die beiden Kinder. Glettler, der mittlerweile seit sechs Jahren als Bischof von Innsbruck fungiert, outet sich jedenfalls als "großer Fan des Heiligen Nikolaus – auch wenn ich mittlerweile schon sechs Jahre zu seiner Bischofs-Kollegenschaft gehöre."

Aus dem Familienalbum: Im Hause Grassegger/Krogger kam Hermann Glettler als Nikolaus verkleidet und natürlich mit Geschenken vorbei. | Foto: Grassegger
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Für MeinBezirk.at hat er in seinen Erinnerungen gekramt – diese werden an dieser Stelle genau mit seinen Worten widergegeben:

"Im Bezirk Gries war ich gerne abends als Nikolaus unterwegs – insgesamt waren wir mehrere Nikoläuse, die Familien besucht haben. Die Draufgabe nach der pastoralen Tour machte ich dann mit meiner Begleitung in Gasthäusern und auch in so manchen schrägen Lokalitäten. Und tatsächlich, in jeder Gaststätte und besonders in den Spelunken waren die Leute überrascht, dass der Nikolaus vorbeischaut und dass er etwas Freundliches von sich gibt – ein wenig Show war natürlich auch dabei, aber ich wollte es nie versäumen, den Segen Gottes zu wünschen. Allen! Segnen heißt doch, den Menschen Hoffnung zu zusprechen.

Nikolaus als Brückenbauer

Wichtig waren mir die Nikolaus-Besuche in diversen Schulen und im Hort nebenan. Überall im Bezirk Gries eine sehr bunte Zusammensetzung der Kinder – Herkunft und Religion ein anspruchsvoller Mix. In der Albert-Schweitzer Mittelschule erinnere ich mich, dass die türkischen Schüler und Schülerinnen immer besonders gestrahlt haben, wenn ich ihnen erklärte, dass der Hl. Nikolaus aus der (heutigen) Türkei kommt. Ihr Nationalstolz war geweckt. Der Nikolaus als interreligiöser Brückenbauer war „gekauft“. Und ich konnte erklären, dass die Heiligen, die Freunde Jesu, wirklich coole Stars der Nächstenliebe sind. Jeden Besuch in der Schule habe ich natürlich mit einem Gebet und Segen für die Jugendlichen abgeschlossen.

Rollentausch: Das Nikolauskostüm hat Hermann Glettler mittlerweile abgelegt. Seit sechs Jahren ist der Steirer Bischof der Diözese Innsbruck. | Foto: DIBK
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Am eindrucksvollsten war der Nikolausauftritt am Grieskai. Organisiert von der IG Gries warteten sehr viele Kinder und Erwachsene auf den Nikolaus, der mit einem Boot der Wasserrettung von der anderen Murseite über den Fluß herüberkommen sollte. Alles klar für die Abfahrt, ich im Boot und am Kai vis-à-vis die sehnsuchtsvoll wartenden Kinder – doch kleiner Wermutstropfen: Wir konnten nicht ablegen, weil das Boot mit versperrter Kette festhing. Nach einiger Zeit geduldigen Wartens begannen die Kinder zu rufen: „Hl. Nikolaus komm über das Wasser!“ Und immer lauter schrien sie. Auch nicht schlecht, dachte ich, sie glauben an so kleine Wunder. Als sie immer lauter wurden, rief ich zurück: „Ja, ich würde es gerne machen. Aber leider ist es so eine blöde Angeberei. Beim nächsten Mal!“ Schließlich alles gut. Mit Boot auf die andere Seite, schöner Empfang und dann natürlich die Geschichte vom Seesturm erzählt, der sich auf die Bitte des Hl. Nikolaus gelegt und die ganze Schiffsbesatzung gerettet hat.

"A Nikolaus, nur ohne Geschenke"

Besonders intensiv waren meine Nikolaus-Auftritte im Kindergarten von St. Andrä, der sich im Pfarrhof befindet. Da mich die Kinder natürlich bestens kannten, musste ich ihnen erklären, dass ich mir als Nikolaus vom Pfarrer Hermann diesmal alles ausgeborgt habe – die Schuhe, die Stimme und auch die Uhr, die mich am ehesten verraten hat. Nach vielen lustigen Geschichten und ganz ernsthaften Gebeten gab es immer denselben clownesken Abgang. Ich verließ mit der Mitra am Kopf den Bewegungsraum ohne auf die Türhöhe zu achten. Oben angestoßen landete die schöne Bischofsmütze immer am Boden. Zum Zerwuzeln für die Kinder machte ich mehrmals diesen Anlauf. Fröhlichkeit gehört immer zum Nikolaus – und es ist wichtig, dass wir uns menschlich begegnen, ob groß oder klein. Der Hl. Nikolaus hat dies gewusst.

Und wie ist es nun als "echter Bischof"?
Kurz nach meiner Bischofsweihe fragte ein Mädchen in der dritten Klasse, ob sie den neuen Bischof schon kennen würde. Es antwortete, darauf dass es überhaupt nicht wüsste, was ein Bischof sei. Energisch und etwas enttäuscht wurde sie daraufhin aufgeklärt – auf Tirolerisch natürlich:

„Wascht, a Bischof isch a Niklaus ohne Gschenke!“

Das hängt mir jetzt nach, Scherz! In Wahrheit beeindruckt mich immer noch die Großzügigkeit des großen Heiligen aus dem 4. Jahrhundert, seine Diskretion im Helfen und sein Glaube, der unzählige Menschen aufgerichtet hat.

Rückblick ins Jahr 2016: Bischof Wilhelm Krauwaschl zu Besuch in einem Pfarrkindergarten in Graz-St.Veit. "In eine Rolle zu schlüpfen ist immer eine Herausforderung – und die „Fußstapfen“ des Nikolaus von Myra sind große", zeigt sich Krautwaschl ehrfürchtig. | Foto: Gerd Neuhold, Sonntagsblatt (Archiv)
  • Rückblick ins Jahr 2016: Bischof Wilhelm Krauwaschl zu Besuch in einem Pfarrkindergarten in Graz-St.Veit. "In eine Rolle zu schlüpfen ist immer eine Herausforderung – und die „Fußstapfen“ des Nikolaus von Myra sind große", zeigt sich Krautwaschl ehrfürchtig.
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Genauso sieht das Glettlers steirischer Amtskollege Bischof Wilhelm Krautwaschl - auch ihn haben wir zu seiner Haltung in Bezug auf den Heiligen Nikolaus befragt:

  • Mit welchem Gefühl sind Sie in die Rolle des Heiligen Nikolaus von Myra geschlüpft?

"In eine Rolle zu schlüpfen ist immer eine Herausforderung – und die „Fußstapfen“ des Nikolaus von Myra sind große. Wenn ich Nikolaus war, ging es mir vor allem darum, die Menschenfreundlichkeit des großartigen Heiligen zum Durchscheinen zu bringen."

  • Gibt es Erlebnisse um den 6. Dezember, die besonders in Erinnerung geblieben sind, sei es, weil sie besonders schön, traurig oder auch unterhaltsam waren?

"Der Vorabend zum 6.12., dem Fest des Hl. Nikolaus war schon als kleines Kind für mich ein besonderes Datum: sich geliebt zu wissen, weil ich beschenkt werde, ist schon was Großartiges."

  • Wie stehen Sie zum Krampus – mit oder ohne?

"Nikolaus ist ein Wohltäter und ein Vorbild darin, ein Menschenfreund zu sein. Das sollen die Kinder erleben. Er ist nicht der „Erzieher von außen“ und daher ist klar, dass es ohne den Krampus geht."

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