Keine Spur vom Alter?
Hochaltrige sind aktiver und gesünder als gedacht

Das Bild vom hohen Alter erweist sich mit Blick auf die tatsächliche Gesundheits- und Lebenssituation vieler alter Menschen als falsch. | Foto: Micheile/Unsplash
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  • Das Bild vom hohen Alter erweist sich mit Blick auf die tatsächliche Gesundheits- und Lebenssituation vieler alter Menschen als falsch.
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Die aktuelle Hochaltrigenstudie unter über 80-Jährigen zeigt ein differenziertes Bild des Alters. Die ältere Bevölkerung ist fitter und glücklicher als gemeinhin geglaubt - rund ein Drittel leidet aber an mehreren chronischen Krankheiten.  

STEIERMARK. Rund 6,5 Prozent der steirischen Bevölkerung sind über 80 Jahre alt - das entspricht exakt 81.905 Personen zum Stichtag 1.1.2022. Diese Vielzahl an alten Menschen birgt gesellschaftliche und gesundheitspolitische Herausforderungen. Genau diese wurden in der Interdisziplinären Hochaltrigenstudie (ÖIHS) bereits zum dritten Mal seit 2013 erhoben. An der ÖIHS sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Geriatrie, Soziologie, Psychologie, Neurologie, Psychologie und den Pflegewissenschaften beteiligt. 

717 Frauen und Männer im Alter zwischen 80 und 90 Jahren wurden zwischen 2019 und 2022 in ausführlichen persönlichen Interviews befragt und untersucht. Zusätzlich dazu wurden ergänzende telefonische Interviews sowie eine Fokusstudie zum subjektiven Erleben der Covid-19 Pandemie unter hochaltrigen Menschen durchgeführt.

Falsches Bild vom Alter(n)

Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass sich das Bild vom hohen Alter mit Blick auf die tatsächliche Gesundheits- und Lebenssituation vieler Hochaltriger als falsch erweist. Zwar ist ein Teil der älteren Menschen von mehr oder weniger gesundheitlichen und funktionalen Einschränkungen betroffen, aber ein großer Teil verfügt über einen guten körperlichen Allgemeinzustand. Das heißt, diese Personen sind in der Lage, ein weitgehend selbstständiges und aktives Leben ohne nennenswerte Unterstützung zu führen. Die ältere Bevölkerung zeichnet sich laut der Erhebung außerdem durch eine „überwiegend hohe Lebenszufriedenheit" aus. Auch Einsamkeit findet sich nicht annähernd so häufig wie vielfach angenommen.

15 Prozent der Menschen über 80 leiden an Depressionen, schwere Depressionen stellen eine Ausnahme dar - das zeigt die aktuelle Hochaltrigenstudie. | Foto: CDC/Unsplash
  • 15 Prozent der Menschen über 80 leiden an Depressionen, schwere Depressionen stellen eine Ausnahme dar - das zeigt die aktuelle Hochaltrigenstudie.
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„Das hohe Lebensalter ist extrem heterogen - ‚die Alten′ oder eine einheitliche Gruppe der Hochaltrigen gibt es nicht. Auf Basis der umfassenden Erhebungen und Primärdaten der ÖIHS können wir ein sehr differenziertes und realistisches Bild von den Gesundheits- und Lebensumständen im hohen Alter ableiten", erklärt Studienautor Georg Ruppe. So könne die ÖIHS einerseits auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Stereotypen entgegenwirken und andererseits zu einer Entmysthifizierung des Alterns beitragen.

Aktives Leben und hohe Resilienz

Die Befragten zeigen einen hohen Grad an Aktivität und Kompensationsfähigkeiten - abhängig vom funktionalen und gesundheitlichen Status. Der relativ gute körperliche als auch psychische Zustand darf allerdings nicht über viele altersassoziierte Erkrankungen und Einschränkungen hinwegtäuschen. Fast zwei Drittel der Hochaltrigen sind von funktionalen Einschränkungen betroffen und rund drei Viertel leiden unter mehreren chronischen Krankheiten gleichzeitig.

Der Verlust kognitiver Fähigkeiten und die Zunahme von Demenz erhöht die Wahrscheinlichkeit funktionale Kapazitäten und Selbsthilfefähigkeit einzubüßen und geht zudem mit einer deutlich erhöhten Sterbewahrscheinlichkeit einher. Aber auch umgekehrt führt der Verlust funktionaler Fähigkeiten zu einer höheren Wahrscheinlichkeit an Demenz zu erkranken. Gezielte Förderung kann die Selbsthilfefähigkeit und Autonomie von Betroffenen länger erhalten bzw. auch wieder verbessern - auch das zeigt die Studie deutlich.

Die ältere Bevölkerung ist aktiv und gesundheitlich kaum eingeschränkt. | Foto: Sven Mieke/Unsplash
  • Die ältere Bevölkerung ist aktiv und gesundheitlich kaum eingeschränkt.
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Ein Drittel leidet unter Harninkontinenz

Auch ein bislang wenig erforschtes und stark tabuisiertes Thema fand Eingang in die Studie: die Harninkontinenz. Rund ein Drittel der Befragten Ü80 leidet darunter, wobei Frauen stärker betroffen sind als Männer. Die Folgen der Harninkontinenz können rasch zu einem Anstieg von Hilfsbedürftigkeit, bis hin zur Notwendigkeit der institutionellen Betreuung führen. Gezielte Aufklärung und Bewusstseinsbildung sowie präventive Maßnahmen können Abhilfe schaffen.

„Das Erforschen des Hochaltrigseins geht mit unmittelbaren Herausforderungen in Gesellschaft und ganz besonders mit der Gesundheitspolitik einher. Antworten auf diese Herausforderungen zu finden, sowie eine altersübergreifende Prävention, sind nicht nur gesundheitspolitische Ziele, sondern bedürfen einer gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung, die nachhaltig das Bild vom Alter ändern wird.
Juliane Bogner-Strauß, Gesundheitslandesrätin

Um die Versorgung für Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen zu verbessern und die Angebote zu bündeln, wird derzeit eine Demenzkoordinationsstelle im Gesundheitsfonds Steiermark aufgebaut.

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