Familien in der Krise
"Holt euch Hilfe bevor es zur Eskalation kommt!"

60 Jahre SOS-Kinderdorf Steiermark: Seit Beginn des Bestehens konnte rund 2.000 Kindern und Jugendlichen und über 300 Familien ein liebevolles Zuhause ermöglicht werden. Auch Familie Brunner aus Murau nahm nach zwei schweren Schicksalsschlägen Hilfe durch die mobile Familienbetreuung in Anspruch.

STEIERMARK. Seit nunmehr 60 Jahren unterstützt SOS-Kinderdorf Familien in schwierigen Situationen mit präventiven Angeboten und verhindert, dass Kinder von den Eltern getrennt werden müssen. „Es gibt viele Faktoren, die Familien unter Druck bringen“, sagt Heidi Fuchs von der Geschäftsleitung von SOS-Kinderdorf. „Wenn sich Alltagsprobleme aufstauen, reicht oft eine einzige Zusatzbelastung, wie Arbeitslosigkeit, Wohnungsverlust, Krankheit, Trennung der Eltern oder ein Todesfall in der Familie, um das Gesamtgefüge ins Kippen zu bringen. In der aktuellen Zeit der Dauerkrisen ist das nur allzu verständlich.“

Sorgen, Unsicherheit und fehlende Strukturen: Bei SOS-Kinderdorf sind die Beratungen infolge der Corona-Pandemie drastisch gestiegen. | Foto: Pixabay
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Rechtzeitige Hilfe zur Rettung von Familien

SOS-Kinderdorf kommt nicht erst ins Spiel, wenn Kinder nicht mehr bei ihren Eltern leben können. „Wir unterstützen auch Familien, damit sie gar nicht erst auseinanderbrechen. Nicht immer, wenn Familien in schwierige Lebenslagen geraten, müssen Kinder von ihren Eltern getrennt werden. Wir sind überzeugt, in vielen Fällen ist es möglich, dass Familien zusammenbleiben, wenn sie rechtzeitig die passende, professionelle Unterstützung bekommen", betont Fuchs. 

Eine Form dieser Unterstützung ist die mobile Familienarbeit. Dabei besuchen Familienberaterinnen und -berater von SOS-Kinderdorf belastete Familien mehrmals wöchentlich bei ihnen zu Hause.

Familie Brunner aus Murau wurde in einer schwierigen Lebenssituation von der Mobilen Beratung von SOS Kinderdorf begleitet. Heute möchte sie anderen Menschen Mut zusprechen, sich Unterstützung zu holen, wenn das Familiengefüge ins Wanken gerät.  | Foto: Marina Draschl
  • Familie Brunner aus Murau wurde in einer schwierigen Lebenssituation von der Mobilen Beratung von SOS Kinderdorf begleitet. Heute möchte sie anderen Menschen Mut zusprechen, sich Unterstützung zu holen, wenn das Familiengefüge ins Wanken gerät.
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Mobile Beratung schafft Entlastung

Familie Brunner aus Murau hat die Hilfe der mobilen Familienberatung von SOS Kinderdorf in Anspruch genommen. Waren es zwei schwere Schicksalsschläge, die das Familiengefüge vor einigen Jahren ins Wanken gebracht haben, ist es heute eine Geschichte über die Stärke, sich in schwachen Momenten Hilfe zu holen, die Susanne und Erich Brunner mit ihren drei Kindern erzählen können. Während sich Erich damals zunächst skeptisch zeigte, war es Susanne, die um Unterstützung bat: 

"Ich habe mir gedacht: Schluss! Ich hole mir jetzt Hilfe, weil ich meine Kinder nicht verlieren will, indem ich sie von mir wegstoße."
Susanne Brunner, Murau

Nach dem Treffen mit einer Sozialarbeiterin der Kinder- und Jugendhilfe des Bezirks wurde der Familie vorgeschlagen, Hilfe in Form einer mobilen Familienarbeit in Anspruch zu nehmen. Zwei Mitarbeiterinnen von SOS-Kinderdorf kamen von da an regelmäßig auf den Biobauernhof der Familie in Oberwölz und schaffen die notwendige Entlastung. "Wir haben uns zunächst zusammengesetzt und einen Plan erstellt", erzählt Susanne Brunner. Rund ein Jahr lang wurde Familie Brunner von SOS-Kinderdorf betreut.

Susanne und Erich Brunner können durch die Entlastung der SOS-Familienberaterinnen den Blick wieder nach vorne richten und ihr Familienleben genießen.  | Foto: Marina Draschl
  • Susanne und Erich Brunner können durch die Entlastung der SOS-Familienberaterinnen den Blick wieder nach vorne richten und ihr Familienleben genießen.
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Was braucht die Familie wirklich? 

Eine der Sozialpädagoginnen vor Ort war Marina Draschl. "Die Familie Brunner hat sich selbst Hilfe gesucht und so sind wir auch sehr offen aufgenommen worden und konnten rasch Vertrauen zueinander aufbauen, um auch gut miteinander arbeiten zu können", erinnert sich Draschl zurück. Dem ersten Zusammentreffen folgten Entlastungsgespräche mit den Eltern, Ausflüge mit den Kindern, um Susanne und Erich Brunner auch wieder Zeit für sich selbst und ihre Beziehung zu ermöglichen, sowie die Vermittlung von "Werkzeugen", um mit Problemsituationen künftig anders umgehen zu können. 

"Die mobile Familienarbeit ist deshalb so wichtig, weil man damit einfach die Möglichkeit hat, dass man vor Ort mit dem gesamten Familiensystem arbeiten kann und sich einen Überblick darüber verschaffen, was die Familie wirklich braucht. D.h. in welchen Bereichen braucht es Unterstützung, wer braucht welche Unterstützung, welche familiären oder außerfamiliären Ressourcen zur Unterstützung gibt es.
Marina Draschl, Mobile Familienberatung SOS Kinderdorf, Murau

Rund vier Jahre sind seit dem "Hilferuf" von Susanne Brunner vergangen. Viele Dinge kann die Familie nun aus einem anderen Blickwinkel betrachten. "Für mich war es besonders wichtig zu lernen, dass ich auch einmal sagen kann: So, mir geht es gerade nicht gut, ich brauche eine Verschnaufpause. Und die nehme ich mir dann auch", möchte die Murauerin anderen Familien, die sich in ähnlichen Situationen befinden wie sie einst, Mut zusprechen, sich rechtzeitig professionelle Hilfe zu holen, "bevor die Situation kippt und es zur Eskalation kommt". Denn danach wieder in ein normales Familienleben zurückzufinden, sei ein wesentlich schwierigerer Weg. 

Familienprobleme als Tabu-Thema

Probleme in der Familie sind immer noch ein Tabu-Thema und werden nicht gerne in der Öffentlichkeit besprochen. Dabei sei es wichtig anzuerkennen, dass die Eltern selbst die Experten und Expertinnen für ihr Leben sind, so Heidi Fuchs. 

Im Jahr 2021 wurden rund 1.100 Kinder und ihre Familien von SOS-Kinderdorf mobil betreut. Rund zwei Drittel der Familien, die mobil betreut werden, schaffen es laut SOS-Kinderdorf, zusammenzubleiben. Das erspare nicht nur den betroffenen Kindern und Familien unnötiges Leid, sondern sei auch das deutliche günstigere Konzept verglichen mit der sogenannten Fremdunterbringung, in der die Kinder von den Eltern getrennt werden müssen.


60 Jahre SOS Kinderdorf Steiermark

  • Das große Jubiläumsfest findet bei freiem Eintritt am Donnerstag, dem 6. Oktober auf der Grazer Schlossbergbühne Kasematten statt.
  • Neben 60 Sekunden Nervenkitzel Challenges warten die Chartstürmer "Alle Achtung", Welt- und Europameisterin im Kickboxen Nicole Trimmel, Gabriel Matosevic „The Voice Kids“, TikTokerin und Influencerin Paula Plsi, der SOS-Kinderdorf Chor und „The Family Tones“, jüngst beim Supertalent auf RTL, sowie Uschi Profanter, österreichische Kanutin Weltmeisterin im Wildwasserrennsport und schnelle Bälle von SK Sturm auf alle Gäste.
  • Einlass: 13.30 Uhr bis 14 Uhr, Jubiläumsshow bis 15.30 Uhr, 15.30 Uhr bis 18 Uhr Spielenachmittag

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