Nach warm-feuchtem Wetter
Rekordjahr für steirische Schwammerlsucher
Hochsaison für Steinpilze, Eierschwammerl & Co.: Was du beim Sammeln von Speisepilzen beachten solltest und welche Auswirkungen die Klimaerwärmung auf die heimische Pilzvegetation hat, erklärt der steirische Mykologe Gernot Friebes.
STEIERMARK. Von einer rekordverdächtigen Schwammerlsaison berichten heuer zahlreiche Steirerinnen und Steirer nach ihren Ausflügen in den Wald. Und auch Gernot Friebes, Pilz-Experte des Universalmuseums Joanneum, kann diese Eindrücke nur bestätigen: "Insgesamt gestaltet sich die diesjährige Pilzsaison sehr vielversprechend. Nach den starken Niederschlägen und hohen Temperaturen konnten in den vergangenen Wochen große Mengen an Speisepilzen geerntet werden." Waren es im Juni und Juli vor allem Eierschwammerl, die die Körbe füllten, so wanderte im August auch eine große Auswahl an Steinpilzen, Täublingen und Parasolen vom Wald in die Küche.
Mehr giftige Pilze durch Klimawandel
Scheinen Eierschwammerl & Co den Sommer 2023 besonders zu genießen, waren es in den vergangenen Jahren jedoch vor allem die Trockenphasen, d.h. die Phasen, in denen lange nichts wächst, die für Mykologen wie Gernot Friebes auf einen vielschichtigen Wandel in unseren Wäldern hinwiesen:
"Generell ist bemerkbar, dass die Pilzsaison nach hinten hinaus im Jahr länger wird, weil auch die ersten Fröste im Jahr später kommen. Manche Pilzarten wandern tendenziell nach oben und wachsen in höheren Lagen, bei anderen merkt man, dass sie häufiger werden."
Gelegentlich tauchen durch die wärmeren Temperaturen jedoch auch Giftpilze bei uns auf, die nur im mediterranen Raum bekannt sind. "Das passiert im Moment noch eher selten, aber es kommt dennoch vor", betont Friebes. Da diese Giftpilze hierzulande meist unbekannt sind, werden sie beim "normalen" Blick in den Wald auch nicht als solche wahrgenommen und klassifiziert - sondern oft erst in Zusammenhang mit einem medizinischen Notfall.
Gefährlicher Genuss durch giftige Doppelgänger
Schwammerlsucherinnen und -sammler mahnt Gernot Friebes generell zur Vorsicht, denn zu fast jedem heimischen Speisepilz gebe es bei uns gefährliche Doppelgänger. "Bei Zweifel darüber, ob ein Pilz essbar ist, ist es besser ihn stehenzulassen. Nur Pilze, die man zu 100 Prozent kennt, sollten gesammelt werden. Im Idealfall sollte man auch die jeweiligen Doppelgänger zu den Speisepilzen kennen", betont Friebes.
Einer häufigen Verwechslung unterliegen z.B. Steinpilze und Gallenröhrlinge. "Gallenröhrlinge sind zwar nur schwach Magen-Darm-giftig, aber extrem bitter", macht Friebes darauf aufmerksam, dass ein kleiner Teil eines solchen Pilzes das schmackhafteste Gericht verdirbt.
Weitaus gefährlicher sei jedoch der "Klassiker" unter den Verwechslungen: Denn immer wieder werden grüne Täublinge oder Parasole mit dem gefährlichsten Giftpilz Mitteleuropas verwechselt, dem Grünen Knollenblätterpilz. "Dieser ist bei uns für rund 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich", erklärt Friebes. Durchaus angenehm im Geschmack seien auch Pantherpilze. Diese Giftpilze werden oftmals mit dem Grauen Wulstling oder Perlpilz und zum Teil auch mit Parasolen verwechselt, sind jedoch ebenso stark giftig.
Über 3.000 Großpilzarten in der Steiermark
Grundsätzlich präsentiert sich die Steiermark als pilzreiches Bundesland: Unterschiedliche Waldtypen - von wärmebegünstigten in tieferen Lagen bis hin zu alpinen Lebensräumen - bilden die Grundlage für eine besondere Artenvielfalt. "Insgesamt gibt es in der Steiermark über 3.000 bekannte Großpilzarten und eine Vielzahl an Kleinpilzen", informiert Friebes.
Das, was wir als Pilz wahrnehmen, sei jedoch nur der Teil, der der Sporenverbreitung diene. "Der eigentliche Pilz ist ein feines Geflecht aus Pilzfäden, das sich im Substrat, d.h. im Boden oder im toten Holz, befindet. Wenn die Witterung passt, wird der Fruchtkörper gebildet. Ist das Klima milder und stimmt der Niederschlag, beginnt der Fruchtkörper früher zu wachsen und tut das auch länger", gewährt der steirische Experte Einblick in die faszinierende Welt der kleinen Waldwunder und ihren Wandel.
Erste Hilfe bei Pilzvergiftungen
Um Verwechslungen vorzubeugen, gibt es eigene Pilzberatungsstellen, wo Expertinnen und Experten die Bestimmung der gesammelten Pilze übernehmen sowie deren Genusstauglichkeit überprüfen. In Graz gibt z.B. Gernot Friebes gerne Auskunft; Terminvereinbarung: Tel.: 0316 8017-9752
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