Weniger Flächen und Lohn
Steirische Apfelernte startet mit vielen Sorgen
Immer weniger Anbaufläche, zu wenig Geld für die Erzeugerinnen und Erzeuger: Die steirische Apfelernte steht in den Startlöchern und man darf sich wieder auf echt saftige Vitaminbomben aus den Regionen freuen. Die Bäuerinnen und Bauern haben allerdings Sorge, dass von Ertrag und Verdienst immer weniger bleibt.
STEIERMARK. "An Apple a Day keeps the Doctor away" – ist zwar englisch, sollte aber eher steirisch sein, denn wir Steirerinnen und Steirer lieben dieses Obst. Die Bilanz zur heurigen Apfelernte ist durchwachsen, aber gut: Mit geschätzten 111.000 Tonnen werden sie aber eine um 25 Prozent geringere Ernte einfahren als im vergangenen Jahr. "Damit können wir die Bevölkerung ausreichend gut und sicher mit saftigen, vitaminreichen steirischen Äpfeln versorgen", sagt Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher.
Spätfrost hat Folgen
Die Spätfröste mit bis zu minus sieben Grad Celsius und das ungünstige, verregnete Blühwetter sind für das Ernteminus verantwortlich. Die gute Wasserversorgung durch die anhaltenden Niederschläge sowie die hohen Temperaturen in der zweiten Augusthälfte haben die Apfelbäume wiederum gut vertragen. Die vielen Sonnenstunden haben sich besonders gut auf Geschmack und Inhaltsstoffe ausgewirkt – sie sind saftig und süß. Geerntet werden bereits die Sorten Gala und Elstar, die Haupternte erfolgt in den nächsten vier Wochen.
Harte Arbeit, weniger Lohn
So viel zu den guten Nachrichten. Schlecht schaut es hingegen damit aus, wie viel die Obstbäuerinnen und -bauern für ihre harte Arbeit in Wirklichkeit verdienen. Obwohl sie beste Qualität anbieten, maximale Produktionsstandards erfüllen und ein enormes Risiko tragen, haben sie mit mageren 23,7 Prozent den mit Abstand geringsten Anteil in der Wertschöpfungskette der Branche. Am meisten verdient der Handel, gefolgt von der Vermarktung (siehe Grafik).
Die aktuelle Juni-Erhebung der Landwirtschaftskammer zeigt, dass
- die Bäuerinnen und Bauern im Schnitt karge 45 Cent pro Kilo für beste Qualität bezahlt bekommen,
- obwohl die Produktionskosten bei mindestens 60 Cent liegen.
- Problematisch ist, dass die Erzeugerpreise für die Ernte 2022 gegenüber 2021 trotz erheblich gestiegener Produktionskosten – seit 2020 sind diese im Schnitt um 35,2 Prozent hinaufgeschossen – sogar um fünf Cent gefallen sind.
Nicht zuletzt durch diesen enormen Preisdruck sind seit 2010 die Obstbauflächen in der Steiermark um etwa ein Viertel – 23,5 Prozent – von 6.262 auf 4.790 Hektar zurückgegangen.
Eine Mahnung für die Zukunft
"Ein Weiter wie bisher geht nicht. Die Obstbäuerinnen und -bauern brauchen Luft zum Atmen und somit betriebswirtschaftlich vertretbare Auszahlungspreise. Ein Drittelanteil an der Wertschöpfungskette für die Bäuerinnen und Bauern oder zumindest 60 Cent pro Kilo sind dringendst erforderlich. Wird ihnen dieser faire Erlösanteil nicht zugestanden, steht sogar die für unser Land so wichtige Eigenversorgung auf dem Spiel", mahnt Titschenbacher.
"Die schwierige Preissituation, die dramatisch gestiegenen Produktionskosten, die Klimakrise und der unfaire Wettbewerb in der EU bei den Arbeitskräften – Österreich hat die höchsten Lohn- und Sozialstandards – bewirken bei den Obstbauern eine große Verunsicherung und bringen sie in arge Bedrängnis", ergänzt Branchensprecher Manfred Kohlfürst, der selbst Obstproduzent ist. Für die Zukunft benötige es gleich mehrere Maßnahmen, darunter den Fokus auf den Anbau neuer Sorten mit geringerer Krankheitsanfälligkeit, guter Frostwiderstandsfähigkeit und hoher Marktakzeptanz, noch mehr Kulturschutz – etwa durch Hagelschutznetze oder Bewässerungen –, die Stärkung der Pflanzen sowie eine Obstveredelung.
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