Wohnbauprojekt bedroht die Totenruhe
Mitten in Gösting sollen auf einer archäologischen Bodenfundstätte Wohnungen gebaut werden. Makabres Detail: Darunter werden Gräber vermutet.
Es soll wieder einmal gebaut werden, an sich nichts Ungewöhnliches in einer stetig wachsenden Stadt. Ungewöhnlich ist in diesem Fall einzig der Ort des Geschehens: In der Max-Reger-Gasse in Gösting sollen demnächst die Bagger anrollen und ein Wohnbauprojekt mit 26 Wohneinheiten entstehen – auf einem Gelände, auf dem das Bundesdenkmalamt Gräber aus der Zeit der Franzosenkriege vermutet.
Voruntersuchungen empfohlen
Bereits an der Einfahrt zur Max-Reger-Gasse erinnert ein Denkmal an die Opfer der Franzosenkriege zwischen 1797 und 1814. Laut Bezirksvorsteher Martin Winkelbauer auch ein Grund, warum zur Bauverhandlung Anfang August das Bundesdenkmalamt geladen war. Im aktuellen Flächenwidmungsplan der Stadt Graz ist das betroffene Areal als archäologische Bodenfundstätte ausgewiesen. "Um zu verhindern, dass erst im Zuge allfälligen Baugeschehens archäologisch relevante Strukturen zutage treten, die dann meldepflichtig sind und (befristet) den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes unterliegen würden, werden seitens der Denkmalbehörde die Durchführung archäologischer Voruntersuchungen dringend angeraten", so der Befund von Jörg Fürnholzer vom Bundesdenkmalamt.
Archäologen am Zug
Eine Empfehlung, die seitens des Bauträgers, der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft Rottenmann nun auch dementsprechend aufgegriffen wird. "Wir werden vor Beginn der Bauarbeiten archäologische Voruntersuchungen durchführen lassen, um eventuell vorhandene archäologisch relevante Strukturen rechtzeitig erkennen zu können und die daraus resultierenden Maßnahmen einzuleiten", erklärt Rottenmanner-Vorstand Uwe Nerwein. Wie diese Maßnahmen ausschauen könnten – ob auch ein Fallenlassen des Bauvorhabens denkbar wäre – wollte Nerwein nicht sagen, aber bisher habe es "in ähnlich gelagerten Fällen zwischen dem Bundesdenkmalamt und der Siedlungsgenossenschaft Rottenmann stets ein sehr gutes Einvernehmen gegeben".
Weitere Fragezeichen
Egal, wie das Gutachten des Bundesdenkmalamts letztlich ausgehen wird, so wirft das Bauprojekt noch weitere Fragen auf. "Die Max-Reger-Gasse ist wahnsinnig schmal", weiß der Bezirksvorsteher. Da müsse es eine adäquate Verkehrslösung geben. "In diese Frage war auch die unmittelbare Bevölkerung mit Parteistellung bis dato nicht eingebunden", so Winkelbauer.
Angesichts all dieser Hemmnisse darf die Frage erlaubt sein, ob Wohnraum wirklich um jeden Preis geschaffen werden muss.
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