Nach der Flut
Fünf Millionen Soforthilfe, Untersuchung zu Hangrutschung

- "Es lässt einen verzweifelt und traurig zurück, wenn ein kleines Kind sterben muss", bringt Landeshauptmann Christopher Drexler (mittig mit LH-Vize Anton Lang und Landesbranddirektor-Stellvertreter Christian Leitgeb) gemeinsam mit allen Verantwortlichen seine tiefe Anteilnahme zum Ausdruck.
- Foto: Land Steiermark/Binder
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Analog zur Hochwasserkatastrophe im August 2023 startet das Land einen mit fünf Millionen dotierten Katastrophenfonds für alle seit dem letzten Wochenende betroffenen Steirerinnen und Steirer. Bei einem Pressetermin wurde zudem eine erste Bilanz über die verursachten Schäden gezogen und erste mögliche Ursachen der tragischen Hangrutschung am Mittwochabend bekannt gegeben.
STEIERMARK. "Bis gestern hatten wir die Hoffnung, dass die Katastrophe vom Wochenende – abseits all des materiellen Schadens und Leids, wo Menschen ihre Existenzen verloren haben, keine Todesopfer zu beklagen sind", bringt Landeshauptmann Christopher Drexler sein tiefstes Bedauern und seine Anteilnahme zu Beginn des Pressetermins zum Ausdruck. "Es lässt einen sprachlos zurück", so Drexler. Anberaumt war die Pressekonferenz von Landesspitze, Feuerwehr sowie den verantwortlichen Abteilungen des Landes in der Landeswarnzentrale am Donnerstagmorgen tatsächlich als erster Rückblick über die verheerenden Unwetter des Wochenendes sowie als Ausblick auf die nun folgenden Soforthilfemaßnahmen sowie die anstehenden Sanierungen. Überschattet wurde der Termin durch die unfassbare Tragik des Geschehens am Mittwochabend, als ein fünfjähriges Kind bei einem Erdrutsch ums Leben kam.

- Gesamtstatistik der Einsätze der Feuerwehren seit dem vergangenen Wochenende: Knapp 8.000 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren haben hier Übermenschliches geleistet.
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Erste Hintergründe zu möglicher Ursache
Wie genau es zu der fatalen Hangrutschung in St. Marein bei Graz gekommen ist, ist jetzt Gegenstand von Ermittlungen von verschiedenen Expertinnen und Experten. Es sei jedenfalls eine Kombination aus mehreren unglücklichen Faktoren wie die tagelangen Regenfälle in den vergangenen Wochen, die immense Gewitterzelle vom Wochenende, die sich auch über dem betroffenen Gebiet entladen haben dürfte. Ebenso Teil der Untersuchungen zum Unglückshergang sind geologische Begehungen und Erhebungen, die bereits am Mittwoch eingesetzt haben, wie Landesgeologe Martin Schröttner schildert: "Wir wurden von der Landespolizeidirektion hinzugezogen, um die Sicherheit in der näheren Umgebung der Unglücksstelle aus geologisch-geotechnischer Sicht zu beurteilen und um Absperrbereich festzustellen, in welchen sich keine Personen aufhalten sollen."
"Dabei wurde festgestellt, dass sich in dem betroffenen Hang, in einem versteilten Böschungsbereich eine Sandgrube befindet, wo fünf bis sechs hohe nahezu senkrechte Sandwände ersichtlich sind. An der Böschungskante stehen große, alte mächtige Bäume mit überhängendem Humuswerk. Im Rahmen der Begehung konnte auch festgestellt werden, dass es immer wieder zu kleineren Nachabplatzungen gekommen ist. Aus diesem Grund ist dieser Bereich – ohne weitere Maßnahmen – nicht betretbar."
Martin Schröttner, Landesgeologe
Zwei Superzellen als Auslöser der Flut
Katastrophenreferent Harald Eitner fasst schließlich den Hergang der weitreichenden Überflutungen von Samstag und Sonntag zusammen. Dieses Hochwasser sei nicht mit der Geschichte des Hochwassers im August des Vorjahres zu vergleichen, da es im aktuellen Fall zum Aufbau zweier "Superzellen" südlich der Gleinalm und weiter im Osten im Joglland gekommen sei. Diese extremen Gewitterzellen hätten innerhalb kürzester Zeit solche Regenmengen gebracht, als "ob auf einer wasserundurchlässigen Oberfläche das Wasser zehn Zentimeter hoch stehen würde – und das in einem Bundesland wie der Steiermark, das von seiner Topografie her sehr gebirgig ist. Das heißt, diese Wassermassen sind in die Täler gestürzt und haben sich dort kumuliert", so der Leiter der Landeswarnzentrale und des Katastrophenschutzes.
"Bei derartigen Ereignissen können die wirklich sehr gute Schutzverbauung und der Hochwasserschutz nur bedingt helfen, beziehungsweise Schaden abwenden, da hier einfach die Schwerkraft stärker ist."
Harald Eitner, Landeskatastrophenreferent

- Arbeiten seit dem Wochenende auf Hochtouren, um die betroffenen steirischen Gebiete zu evaluieren: Christoph Schlacher, Referatsleiter und Koordinator für Hochwasserrisikomanagement in der Steiermark und Landesgeologe Martin Schröttner (v.l.)
- Foto: MeinBezirk
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Tatsächlich seien 1,6 Millionen Kubikmeter an Wasser zurückgehalten worden, bringt es Christoph Schlacher auf den Punkt. Er leitet das Referat für Schutzwasserwirtschaft und ist
Koordinator für Hochwasserrisikomanagement in der Steiermark.
Grundsätzlich seien die Hochwasserschutzanlagen in der Steiermark, in die zuletzt massiv investiert wurde, auf Jahrhunderthochwasser ausgelegt, sprich sogenannte HQ100. "Im Falle des Pegels des Übelbaches sprechen wir von einem HQ300", so Schlacher.
Soforthilfe gestartet
Das Land Steiermark setzt hier nun – ähnlich wie bereits im August 2023 – den Katastrophenfonds des Landes ein, um "rasch und unbürokratisch zu helfen", wie es die Landesspitze um Landeshauptmann Christopher Drexler und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang erklären. "Dazu kommen aus dem Finanzressort gesamt fünf Millionen Euro", so Lang.
Der Finanzreferent zeichnete auch einen Überblick über die bis dato erhobenen Schäden im Landesstraßennetz: "6,5 Millionen Euro sind hier fürs Erste zu beziffern, und diese Zahl wird noch steigen. Die Schäden an den Gemeindestraßen sind noch gar nicht abschätzbar, da wurden ganze Straßenzüge weggeschwemmt."
Auch im Bahnverkehr sind die Schäden enorm, so muss etwa die Übelbacher Bahn voraussichtlich bis Ende August unterbrochen bleiben, zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro an Schaden seien hier zu beziffern.

- Überblick über die Zivilschutzalarme zwischen 8. und 13. Juni 2024 in der Steiermark.
- Foto: MeinBezirk
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Zuletzt appellieren alle Verantwortlichen an die steirische Bevölkerung, in der nächsten Zeit sensibel und vorsichtig bei jeglichen Outdoor-Aktivitäten zu sein. "Die Böden sind einfach extrem durchnässt, was dazu führen kann, dass auch die Wurzeln der Bäume nachgeben, sprich, es besteht neben Hangrutschungen und Vermurungen auch die Gefahr umstürzender Bäume in Waldgegenden", so der dringende Appell, jetzt einfach "der Natur mit Hausverstand zu begegnen".
Mehr Informationen zur Soforthilfe:
Um den Betroffenen der Unwetterereignisse rasch finanzielle Hilfe zukommen zu lassen, hat das Land Steiermark nicht nur den Katastrophenfonds geöffnet, sondern es wurden in der Sitzung der Landesregierung am Donnerstag darüber hinaus Soforthilfemaßnahmen beschlossen. So werden insbesondere bei entstandenen Gebäudeschäden Akonto-Zahlungen möglich sein. Geschädigte Personen, denen im Zuge einer Vorbegutachtung durch Sachverständige eine Schadenshöhe von mindestens 5.000 Euro attestiert wird, können auf Antrag eine Akonto-Zahlung in der Höhe von zehn Prozent der vorab erhobenen Schadenssumme erhalten. Diese Zahlungen sind mit 5.000 Euro limitiert. Für die Abwicklung werden in einer ersten Tranche fünf Millionen Euro aus Mitteln des Finanzressorts für den Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt.
Hier gehts zum Katastrophenfonds
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