Immer mehr Suspendierungen
Radikalisierung an steirischen Schulen bekämpfen
Bereits im Herbst hat das Bildungsressort des Landes zu einem Runden Tisch mit Behörden sowie Expertinnen und Experten geladen, um der zunehmenden Radikalisierung an den steirischen Schulen zu begegnen. Erste Maßnahmen wurden schon damals in die Wege geleitet, am Freitag wurde nun ein eigener Leitfaden für Schulen sowie die Implementierung eines speziellen mobilen Kriseninterventionsteams für Schulen präsentiert.
STEIERMARK. 23 Mal wurden im Schuljahr 2020/21 in der Steiermark Suspendierungen gegen Schülerinnen und Schüler ausgesprochen, im Schuljahr 2022/23 betrug diese Zahl 105 und heuer sind es mit Stand Jänner bereits 48 Suspendierungen. Soweit die Statistik der Bildungsdirektion Steiermark.
Eine Entwicklung, die Bildungslandesrat Werner Amon bereits im Herbst auf den Plan gerufen hatte und zur Einberufung eines Runden Tisches geführt hatte. "Es ist die Verantwortung der Schulen, der Behörden, der Politik – eigentlich der gesamten Gesellschaft – dem Erstarken von Extremismus entgegenzuwirken. Gemeinsam müssen wir alles tun, um Konflikte im Schulalltag und die Radikalisierung von jungen Menschen zu verhindern", so Amon. War im Herbst besonders eine religiös motivierte Gewaltbereitschaft im Zuge des wieder aufgeflammten Nahost-Konflikts zu beobachten, so nehme nun Gewalt an sich einen gefährlichen Aufwärtstrend an.
Leitfaden für Schulen
Die Bildungsdirektion für Steiermark hat deshalb einen neuen Leitfaden mit Maßnahmen und Handlungsanleitungen zum Umgang mit Gewalt und Radikalisierung an steirischen Schulen entwickelt – denn "die Schulleiterinnen und Schulleiter sowie Pädagoginnen und Pädagogen dürfen mit diesen Problemen nicht alleine gelassen werden", betont Werner Amon. Prävention sei einerseits in der Verantwortung des gesamten Schulstandorts zu sehen, andererseits sei aber auch die Gesamtgesellschaft gefragt. Der vorgelegte Leitfaden ist als Unterstützung im Erkennen gefährlicher Tendenzen zu sehen und als Handlungsempfehlung im Falle auftretender Radikalisierungen.
Konkret beinhaltet das Maßnahmenpaket samt Leitfaden gezielten Förderunterricht für Kleingruppen- und Einzelsettings außerhalb des Klassenverbandes, die Einrichtung einer Koordinationsstelle für Gewalt- und Extremismusprävention, eine Suspendierungsbegleitung samt mobilem schulischen Kriseninterventionsteam sowie die Wiedereingliederung suspendierter Schülerinnen und Schüler in den Schulalltag.
Maßnahmen im Detail
- Kleingruppen- und Einzelsettings außerhalb des Klassenverbandes
Dieser Förderunterricht zu den Themenbereichen Interkulturelles Lernen, Wertevermittlung, Toleranz und Demokratiebewusstsein kann in Einzel- und Kleingruppensettings, auch additiv, also außerhalb des Klassenverbandes, und sogar in geblockter Form durchgeführt werden. Schülerinnen und Schüler an Volksschulen, Mittelschulen, Polytechnischen Schulen und Berufsschulen sind verpflichtet, den Förderunterricht zu besuchen, sofern der Bedarf an einer Förderung festgestellt wird.
- Koordinationsstelle für Gewalt- und Extremismusprävention in der Bildungsdirektion für Steiermark
Zur Unterstützung der Lehrpersonen, Schulleitungen und schulinternen Unterstützungssystemen ist die Einrichtung einer neuen Koordinationsstelle für Gewalt- und Extremismusprävention in der Bildungsdirektion für Steiermark vorgesehen. Diese Koordinationsstelle berät bei der Planung und Umsetzung des Förderunterrichts, informiert darüber, welche Angebote externer Vereine von der Bildungsdirektion für Steiermark empfohlen werden und welche Organisationen in der Steiermark auf genau solche Fälle spezialisiert sind.
Aufgaben dieser Koordinationsstelle sind
- telefonische, schriftliche und persönliche Beratung
- Koordination und Vernetzung mit innerschulischen und außerschulischen Helfersystemen in Kooperation mit der Schulpsychologie
- Unterstützung bei angedachten Förderstunden
- Erstanlaufstelle für Schulen bei tatsächlichen oder vermuteten Fällen von Gewalt sowie dem Auftreten von möglicher Radikalisierung oder Extremismus
- Koordination und Veranlassung des Einsatzes eines mobilen Teams (Kriseninterventionsteam der Bildungsdirektion für Steiermark).
- Suspendierungsbegleitung
Im Falle einer Suspendierung, wobei dies für Bildungslandesrat Werner Amon nur die "Ultima ratio" sein kann, ist das mobile Kriseninterventionsteam der Bildungsdirektion für Steiermark unverzüglich durch die Schulleitung über die neue Koordinationsstelle anzufordern. Sobald das mobile Team vor Ort ist, erfolgt die Kontaktaufnahme mit den Erziehungsberechtigten und die gemeinsame Festlegung der weiteren Schritte. Dabei wird die Inanspruchnahme des Angebotes der Suspendierungsbegleitung den Erziehungsberechtigten dringend empfohlen. Die Suspendierungsbegleitung im Schulbereich zielt darauf ab, mit Schülerinnen und Schülern während einer Suspendierungsphase sozial und emotional derart zu arbeiten, dass sie ihre Identität als Schülerin bzw. als Schüler durch Verhaltensstabilisation wieder zurückerlangen und so am schulischen Alltag wieder problemlos teilnehmen können.
Die Betreuung bzw. Begleitung suspendierter Schülerinnen und Schüler durch das mobile Team (Kriseninterventionsteam) findet außerhalb des Klassenverbandes statt.
- Wiedereingliederung suspendierter Schülerinnen und Schüler in den Schulalltag
Diese umfasst mehrere Phasen wie die Vorbereitung auf die Rückkehr in den regulären Unterricht, die Kommunikation mit Lehrkräften und Schulpersonal, die Unterstützung der Erziehungsberechtigten, die Begleitung und das Monitoring bis hin zur Nachbetreuung.
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