Steigende Energie- und Mietkosten
Wohnen wird zum Brennpunkt-Thema

Aufgrund von steigenden Betriebs- und Mietkosten sind immer mehr Grazer in Sorge, sich ihre Miete bald nicht mehr leisten zu können. | Foto: Panthermedia
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Die Situation am steirischen Wohnungsmarkt spitzt sich aufgrund von steigenden Betriebs- und Mietkosten aktuell dramatisch zu. Die Verzweiflung vieler Mieterinnen und Mieter äußert sich teils in Aggression und Wut gegenüber Vermieterinnen und Vermietern sowie Hausverwaltungen. Dies könnte allerdings erst die Spitze des Eisbergs sein.

STEIERMARK. "Viele sind in Sorge, sich das Wohnen bald nicht mehr leisten zu können", fasst Barbara Walzl-Sirk vom Mieterschutzverband die angespannte Stimmungslage unter Mieterinnen und Mietern in der Steiermark zusammen. Grund dafür sind zum einen die massive Steigerung der Strom- und Gaspreise und zum anderen die anfallenden Mietzinserhöhungen: Dreimal innerhalb der vergangenen Monate – im April, Juni und November – haben Mieterinnen und Mieter die unerfreuliche Nachricht erhalten, dass sich die Kategoriemieten erneut erhöhen

"Die Keule ist jetzt da" 

Betroffen von den Erhöhungen sind Mietverträge, die zwischen 1982 und Februar 1994 abgeschlossen wurden. Denn diese werden laut Mietrechtsgesetz regelmäßig an die Inflation angepasst. "Die in kürzester Zeit durchgeführten drei Erhöhungen haben damit zu tun, dass diese Wertanpassungen pandemiebedingt 2020 und 2021 nicht durchgeführt wurden", erklärt Gerald Gollenz, Obmann der Immobilientreuhänder in der steirischen Wirtschaftskammer. "Wir haben schon 2020 davor gewarnt, die Keule wird durch das Aufschieben irgendwann kommen und jetzt ist sie da, zu einem wirtschaftlich sehr schweren Zeitpunkt", so Gollenz. 

Gerald Gollenz hat das Aufschieben der Mietzinserhöhungen schon ursprünglich kritisiert. | Foto: Prontolux
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Laut Mieterschutzverband sei davon auszugehen, dass die Mieten noch weiter angehoben werden, wenn die Inflation weiter steige. Auch im geförderten Wohnbau gibt es Sorgenfalten: So werden durch die Zinserhöhungen die Annuitätendarlehen steigen, grob gerechnet bedeutet das: 1 Prozent mehr Zinsen sind 1 Euro pro Quadratmeter im Monat. Man wird zum Beispiel für eine 70-Quadratmeter-Wohnung, die bis dato 550 Euro gekostet hat, ab 1. Jänner rund 750 Euro zahlen.

Neben den hohen Miet- und Kreditpreisen sind es aber auch die Betriebskosten, die den Mieterinnen und Mietern zu schaffen machen. Bereits jetzt sind die Kosten für Strom und Gas stark angestiegen, "wirklich arg dürfte es aber im Juni 2024 werden, wenn die Erhöhungen über ein ganzes Jahr lang durchschlagen“, befürchtet Christian Krainer, Geschäftsführer der ÖWGes und Obmann im Verband der gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) in der Steiermark. "Wenn die Nachzahlungen gemeinsam mir den Betriebskostenerhöhungen eintreffen, kommt einiges zusammen", weiß auch Walzl-Sirk .

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Aggressive Stimmung am Wohnungsmarkt

Die angespannte Situation unter den Mieterinnen und Mietern bleibt auch bei den Vermieterinnen und Vermietern beziehungsweise bei den Hauverwaltungen nicht unbemerkt: "Die Kollegen sind die Überbringer der schlechten Botschaft. Sie müssen sich viel anhören, obwohl sie nichts dafür können", so Gollenz. "Wir nehmen das leider immer stärker wahr, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind immer wieder in gefährlichen Situationen“, schildert auch Krainer die teils aggressive Stimmung und berichtet, dass man sich daher gezwungen sehe, in den Kundencentern Sicherheitskräfte einzusetzen. 

Die teils verbreitete Annahme, Eigentümerinnen und Eigentümer von vermieteten Wohnungen würden nun Übergewinne machen, wird seitens der Wirtschaftskammer dementiert. Viele private Vermieterinnen und Vermieter, die der Anpassung nicht verpflichtet sind, würden vielmehr aus Angst von Leerständen keine Erhöhungen durchführen. Die Situation ist so gesehen für alle Beteiligten herausfordernd. 

Auch im geförderten Wohnbau gibt es Sorgenfalten, weiß Christian Krainer. | Foto: geopho
  • Auch im geförderten Wohnbau gibt es Sorgenfalten, weiß Christian Krainer.
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Appell an die öffentliche Hand

Auf die Frage hin, wozu man beim Mieterschutzverband rate, sagt Walzl-Sirk: "Ich rate, die Nachzahlungen schon einzukalkulieren und dafür schon etwas auf die Seite zu legen." Für Personen, die aktuell schon zu kämpfen haben, ist das natürlich wenig tröstlich. Die massiven Erhöhungen sollten deshalb laut Walzl-Sirk gesetzlich geregelt werden. "Die öffentliche Hand sollte sagen, wir bremsen ein", findet Gollenz. 

Eine Entwicklung, die Krainer als Folge der steigenden Kosten bereits verzeichnet, ist eine Welle an Wohnungskündigungen. Einerseits ziehen Partnerinnen und Partner, die bis dato zwei Wohnungen unterhielten, zusammen. Oder man geht sogar zurück zu den Eltern. Andererseits findet ein "downgrading" statt, sprich: Die Menschen versuchen, auf kleinere Wohnungen umzusteigen. Das führt dazu, dass große Wohnungen kaum mehr ohne Verlust zu verkaufen sind, worunter vor allem ältere Menschen leiden, die nach dem Auszug der Kinder auf nahezu unverkäuflichen 100 bis 130 Quadratmeter großen Wohnungen "sitzen", die sie sich nicht mehr leisten können. 

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