Hartes Los im Jahr des Kriegsendes
In der Region litt man 1918 unter Armut bzw. den Folgen des Kriegs.
Im Rahmen unserer sechsteiligen Serie "100 Jahre Republik" setzen wir uns im aktuellen Jubiläumsjahr mit Zeitgeschichte im regionalen Kontext auseinander.
Zu Beginn blicken wir ins Jahr 1918 zurück. Was passierte damals im Bezirk? Wir haben zwei Experten gefragt: den Historiker Johann Köhldorfer vom Historischen Verein für das Kirchberger Ländchen und den Volkskundeexperten Johann Schleich.
Das Jahr 1918 war auch in der Region vom Ersten Weltkrieg geprägt. Wie Johann Köhldorfer erzählt, waren Not und Hunger angesagt. Das Wenige, das vorhanden war, musste zumeist an das Militär abgegeben werden. Dazu kam, dass die Preise für die täglichen Gebrauchsartikel deutlich angestiegen sind. Das Nötigste bekam man mit Lebensmittelkarten. So behalf sich mancher Bürger mit Schmuggelware aus Ungarn. Betroffen von den Zwangsabgaben war auch die Kirche. So musste man z.B. in Kirchberg gegen Kriegsende die Zinnpfeifen der Orgel opfern.
Politisch, die Region war zunächst generell noch christlich-konservativ dominiert, wuchs nach Kriegsende die Faszination für das Nationalistische. Eine Anekdote dazu: Kirchbergs damaliger Wirt bat 1918 den späteren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in einem Brief, ob das Stüberl dessen Namen tragen dürfe. Hindenburg erlaubte dies in einem Retourschreiben. Das Schreiben ist noch heute in der Kirchberger Kaffeestub'n, im Hindenburg-Stüberl, zu sehen.
Enttäuschte Heimkehrer
Groß war der Frust angesichts der vorherrschenden Armut und der mangelnden Perspektive bei den Kriegsheimkehrern. So schoss man beispielsweise aus Frust bzw. Jux und Tollerei auf den Kirchberger Kirchturm. Abseits dessen wurde es in der Region rund um Feldbach bald ruhig, während in der Region rund um Bad Radkersburg Kampfhandlungen rund um das Abstecken der Grenze zum Königreich Jugoslawien stattgefunden haben.
Brauchtum als Anker
Das Brauchtum wurde vor 100 Jahren mit Bedacht, aber natürlich mit wenigen Mitteln zelebriert, wie Johann Schleich weiß. So feierte man z.B. das Weihnachtsfest sehr sparsam. Streng geachtet wurde aufs Äußere des Adventkranzes. Dieser war grün, hatte violette Bänder sowie drei weiße bzw. eine rote oder rosa Kerze für den dritten Adventsonntag. Auf dem Baum hingen zumeist Nüsse und Äpfel und eingewickelter Würfelzucker für die Kinder.
Eine wichtige Rolle in der Faschingszeit spielte vielerorts das Blochziehen – das Bloch wurde aus einem Wald gestohlen, wobei Auseinandersetzungen mit den Waldbesitzern nicht ausgeblieben sind.
Ein weiterer Brauch war früher laut Schleich die Totenwache. Die Nacht im Nebenraum zum Verstorbenen hat man sich oft mit ausgelassenen Bauernspielen vertrieben. Die Freizeit vertrieben sich die Männer, falls Geld da war, gerne im Wirtshaus, wobei Bauer und Knecht an verschiedenen Tischen gesessen sind. Regelmäßig ausgeübt wurde auch das Wallfahrten.
Kleidungstechnisch gab es früher das schöne "Suntigwand" und das Arbeitsgewand für die restlichen Wochentage. Üblich war die Schürze, auch als "Firta" bekannt.
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