Durchbruch am Brenner
Schlüssel zur Transitwende und Meilenstein und auch Kritik

- Im Großen Saal im Innsbrucker Landhaus standen die Verkehrslösungen im Fokus.
- Foto: Land Tirol/Sedlak
- hochgeladen von Georg Herrmann
Für die Industriellenvereinigung (IV) Tirol ist der Brenner Basistunnel (BBT) der Schlüssel zur Entlastung von Bevölkerung und Wirtschaft. Damit das Jahrhundertprojekt sein volles Potenzial entfalten kann, seien nun konkrete politische und infrastrukturelle Schritte notwendig. Die WK Tirol feiert den Durchbruch als Meilenstein. Es gibt aber auch Kritik.
INNSBRUCK. Mit dem Durchschlag wird europäische Geschichte geschrieben: Nach jahrzehntelanger Planung, länderübergreifender Zusammenarbeit und harter Bauarbeit verbindet der Tunnel erstmals Österreich und Italien unterirdisch. Damit eröffnet sich die Chance auf eine verkehrspolitische Neuordnung des alpenquerenden Transitverkehrs.
„Der BBT ist die Lösung für das Transitproblem Tirols – vorausgesetzt, wir organisieren seine Befüllung“, betont Matthias Danzl, Werksleiter des EGGER-Stammwerks in St. Johann und Verkehrsexperte der IV Tirol. Da der deutsche Nordzulauf noch Jahrzehnte auf sich warten lasse, brauche es leistungsfähige Verladeterminals in Tirol – etwa in Kufstein oder Langkampfen. „Nur so kann der Tunnel vom ersten Tag an seinen Zweck erfüllen und Tirols Straßen entlasten.“
Infrastruktur und Verantwortung
Während 90 Prozent der Tunnelkilometer bereits ausgebrochen sind, fehlt ein tragfähiger politischer Konsens über die künftige Nutzung. Heute verkehren rund 190 Güterzüge täglich über den Brenner. Der BBT könnte diese Zahl nahezu verdoppeln – vorausgesetzt, grenzüberschreitende Anbindungen, Steuerungsmechanismen und rechtliche Rahmenbedingungen werden rechtzeitig abgestimmt. Unklar bleibt, wie das politisch angekündigte Slot-System ausgestaltet werden soll. „Die Wirtschaft braucht keine neuen Hürden, sondern ein funktionierendes, digitales Verkehrsmanagement, das Kapazitäten steuert und Planbarkeit ermöglicht“, erklärt Danzl. Noch sei jedoch nicht erkennbar, wie dieses System grenzüberschreitend umgesetzt werden soll. „Solange das offen ist, droht ein bürokratisches Monster ohne Wirkung auf den Transitalltag.“
Kritik am Stillstand der Politik
Die IV Tirol kritisiert zudem mangelnden politischen Fortschritt. „Ein weiteres Jahr vergeht, ohne spürbare Ergebnisse beim Transit. Die Bundesregierung hält sich zurück, Deutschland verschleppt den Nordzulauf, Europa ringt um Standards. Währenddessen steigt der Druck auf Bevölkerung, Umwelt und Wirtschaft“, warnt Danzl.
Meilenstein
Der Durchbruch des Brennerbasistunnels (BBT) ist für Tirols Wirtschaft ein entscheidender Schritt in Richtung Verkehrsverlagerung. Damit das Jahrhundertprojekt seine volle Wirkung entfalten kann, müssen nun weitere Maßnahmen folgen – insbesondere der Ausbau von Zulaufstrecken, Terminals und attraktiven Schienenangeboten.
„Der heutige Durchbruch ist ein Meilenstein für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und ein starkes Signal für die ökologische und wirtschaftliche Zukunft unseres Landes“, erklärte Barbara Thaler, Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol. „Die Wirtschaftskammer hat das Projekt von Beginn an als Chance gesehen: für eine zukunftssichere Verkehrsanbindung, für mehr Standortqualität und für nachhaltige Mobilität.“
Terminal Hall im Fokus
Als zentrales Infrastrukturprojekt rückt die geplante Erweiterung des Terminals in Hall in den Mittelpunkt. Derzeit verfügt die Anlage über drei 400 Meter lange Gleise, an denen jährlich rund 38.000 Transporteinheiten – Container und Sattelauflieger – im Umfang von etwa einer Million Tonnen umgeschlagen werden. Schon heute ist das Terminal tagsüber ausgelastet. „Der mit der Landespolitik abgestimmte Ausbau des Terminals am Bahn-Knotenpunkt Hall ist eine zentrale Voraussetzung für das weitere Wachstum der Tiroler Wirtschaft“, betont Günter Schmarl, Niederlassungsleiter von Gebrüder Weiss Tirol. Das Logistikunternehmen betreibt über die Tiroler Straße Schiene Umschlagsgesellschaft (TSSU) die Anlage.
Appell an Politik und Bahnmanagement
„Die Techniker beweisen mit dem heutigen Durchbruch, dass sie ihren Job professionell erledigen. Dieselbe Professionalität müssen jetzt Politik und Bahnmanagement bei den Zulaufstrecken und attraktiven Angeboten für die Transportwirtschaft an den Tag legen. Erst dann ist der Brennerbasistunnel das, was Bevölkerung und Wirtschaft von ihm erwarten: die leistungsfähigste Verkehrsachse, die es im Alpenraum je gegeben hat“, unterstreicht Barbara Thaler.

- Im E-Bus: LR René Zumtobel und BM Peter Hanke im Gespräch mit EU-Kommissar Apostolos Tzitzikostas.
- Foto: Land Tirol/Sedlak
- hochgeladen von Georg Herrmann
Harmonisierung nötig
Es ist gelungen EU-Kommissar Tzitzikostas für die großen Herausforderungen Tirols zu sensibilisieren und ihm auch unsere Lösungsvorschläge näherzubringen. Er zeigte großes Verständnis für diese Herausforderungen und hat zugesagt, Tirol bei der Bewältigung dieser großen Herausforderungen bestmöglich zu unterstützen. "Aus meiner Sicht ist es nun wichtig, jetzt die entscheidenden Pflöcke einzuschlagen, um den BBT ab der Fertigstellung auch entsprechend nutzen zu können. Dazu braucht es klare europäische Maßnahmen, die das preisliche Ungleichgewicht zwischen Schiene und Straße ausgleichen und somit endlich einen fairen Wettbewerb ermöglichen. Eine funktionierendes Terminalangebot sowie die notwendigen wirtschaftlichen Lenkungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene sollen den längsten Eisenbahntunnel der Welt künftig als bessere Alternative zur Straße positionieren. Darüber hinaus braucht es am Brennerkorridor auch einen Abbau der rechtlichen Barrieren im Schienenverkehr. Daher muss eine Harmonisierung des europäischen Eisenbahnverkehrs schnellstmöglich umgesetzt werden", betont LR René Zumtobel.
Kritik der Grünen
Grüne Landessprecher Gebi Mair: "Es gibt keine Zusage zu einer höheren Maut aus Wien, keine Zusage zu einer verpflichtenden Verlagerung und auch keine Zusage zu einem Transit-Deckel. Es ist extrem bitter, aber Tirol steht nackt da wie der Kaiser mit seinen neuen Kleidern." Die Grünen sehen aber durchaus Möglichkeiten, wie Tirol auch in dieser Situation etwas für Bevölkerung und Umwelt tun kann. „Wir müssen uns jetzt selbst auf die Hinterbeine stellen. Wir können selbst Maßnahmen gegen den Ausweichverkehr setzen. Wir können auch auf der Brenner-Bundesstraße ein Durchfahrtsverbot für Pkw verordnen und mit dem Schutz der angrenzenden Gebiete nach der Straßenverkehrsordnung gut begründen. Und Tirol kann selbst eine Dosierung der LKW in Richtung Norden beginnen. Das ist ja wirklich komisch, dass bisher nur in Richtung Süden dosiert wird.“
NEOS zu Brennerbasistunnel
„Die Tiroler ÖVP kündigt immer wieder große Lösungen an, bevor überhaupt klar ist, ob diese mit EU-Recht vereinbar ist“, kritisiert NEOS Klubobfrau Birgit Obermüller in Hinblick auf die geforderte Verlagerungspflicht auf die Schiene mit Inbetriebnahme des BBT. „Solange die Straße künstlich billig gehalten wird, wird die Schiene nie die nötige Wettbewerbsstärke entfalten. Wer es ernst meint mit einer nachhaltigen Verkehrspolitik, muss die Kostenwahrheit endlich herstellen. Wenn wir die Straße konsequent bepreisen, schaffen wir Anreize für echte Verlagerung und damit eine nachhaltige Verkehrspolitik. Daran müssen wir jetzt schon arbeiten und nicht auf die Inbetriebnahme des BBT im Jahr 2032 warten“, so die NEOS Klubobfrau.
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