Erntedank
Wertschätzung für die, die für andere da sind

- Bei sonnigem Herbstwetter wird vor der Stadtpfarrkirche Gleisdorf ein Erntedankfest mit ganz besonderem Schwerpunkt gefeiert.
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In Sinabelkirchen, Gleisdorf, Markt Hartmannsdorf und St. Ruprecht finden in diesem Herbst ganz besondere Erntedankfeste statt. Nicht nur volle Körbe mit Brot und Wein standen und stehen da im Mittelpunkt, sondern auch die Menschen, die tagtäglich für andere sorgen: 24-Stunden Pflegekräfte.
GLEISDORF. Es ist eine ganz besondere Zeit im Jahr. Die des Erntedanks. Die uns darauf aufmerksam macht, wie wichtig es ist, „Danke“ zu sagen. Weil es eine Form der Wertschätzung ist. Freilich für Obst, Gemüse, Brot. Da gibt es aber noch so viel mehr. "Giftige Pilze!" bekam Pfarrer Giovanni Prietl einmal als Antwort, als er Kindergartenkinder fragte, wofür man alles dankbar sein kann, das man aber nicht essen könne. Er muss lachen, als er die kleine Anekdote erzählt. Und sagt, wie wichtig es ihm ist, auch über den Obst- und Gemüsetellerrand hinauszuschauen. Jedes Jahr lässt er sich deshalb aufs Neue etwas ganz Besonderes für seine Erntedankfeste einfallen. Gibt dort Gedanken und Menschen eine Bühne, die sonst eher im Hintergrund funktionieren.

- Zahlreich besucht sind jedes Jahr aufs Neue die Erntedankfeste im Seelsorgeraum Gleisdorf
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So holt er heuer in allen vier Erntedankmessen in Gleisdorf, Markt Hartmannsdorf, Sinabelkirchen und St. Ruprecht Pflegekräfte aus dem Ausland vor den Vorhang. „Es gibt so viele Bereiche, wo wir dankbar sein können. Dieses Jahr will ich jenen Menschen Aufmerksamkeit geben, die unser System aufrecht erhalten“, so der Leiter des Seelsorgeraums Gleisdorf und erzählt weiter, dass diese Idee auch einen persönlichen Hintergrund habe. „Meine Mama ist jetzt 86 Jahre alt. Irgendwann habe ich bemerkt, dass sie immer schlechter ausschaut, wobei sie nur gemeint hat, dass ein alter Mensch nicht mehr so viel brauche. Ich wusste, dass ihr der soziale Kontakt fehlt, dass jemand da sein sollte, mit dem man gemeinsam kocht zum Beispiel. Seit sie eine Pflegerin hat, geht es ihr um vieles besser“. Wobei gerade 24-Stunden Pflegekräfte aus dem Ausland meist selbst Familien zu Hause haben, die sie für einige Wochen immer wieder dort zurücklassen. „Das war für mich Grund genug, darauf zu schauen, was sich in unserer Gesellschaft da tut. Und gemerkt, dass das ein großes Thema für viele ist“.

- Dieses Jahr holen Menschen die Geschichten von Pflegekräften aus dem Ausland vor den Vorhang.
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Selten gehörte Stimmen
So spricht Prietl in jeder Messe mit jemandem, der mit dem Bereich der 24-Stunden-Pflege vertraut ist. Mit Gerald Hörzer etwa, dem Direktor der Pflegeschule am LKH Graz-Ost. Oder mit dem Religionspädagogen Alexander Resch, der bei einer der Feiern das berührende Gespräch mit einer ehemaligen Krankenschwester aus Serbien wiedergibt, die seine Mutter betreut und in ihrer Heimat nur eine Pension von 260 Euro erhält. „Davon kann man nicht leben“, erzählt sie. Deshalb arbeitet sie nun monatsweise in Österreich, lebt vier Wochen hier, vier Wochen daheim. „Es ist schwer, so lange von zu Hause weg zu sein. Aber hier kann ich wenigstens genug verdienen.“ Wobei sie das Schöne an ihrem Beruf betont: helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Doch die Belastungen sind groß und das Gefühl, in der Gesellschaft oft unsichtbar zu sein, ebenso.
Dankbarkeit und Politik
Bei den Erntedankfeiern wird nach dem offiziellen Teil gemeinsam gegessen und miteinander geplaudert. Dabei merke man, wie viele Menschen vom Thema Pflege betroffen sind. Und sich einig sind, dass es dort mehr Wertschätzung brauche. Und finanzielle Unterstützung. "Da ist auch die Politik gefragt", so Prietl. "Eine Pflegeversicherung wäre vielleicht ein möglicher Weg".
3 Fragen an Pfarrer Giovanni Prietl
1. Was steht aus Ihrer Sicht beim Einmaleins der Dankbarkeit ganz oben?
Worauf richte ich meinen Fokus: auf das, was ist, oder auf das, was fehlt?
2. Was würden Sie jemandem raten, der sich in Dankbarkeit üben möchte?
Nimm dir am Abend Zeit und blicke dankbar auf das Geschehene zurück.
3. Was bedeutet „Dankbar sein“ für Sie persönlich?
Für mich ist Dankbarkeit weniger ein Gefühl, sondern eine Grundhaltung, die das Leben reicher macht.






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