Lobautunnel
Niederösterreich will Mitspracherecht – was Wien dazu sagt
Das Thema Lobautunnel taut wieder auf, denn das Land Niederösterreich wird diesbezüglich Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einlegen. Was Wien vom geplanten Schachzug des Nachbarbundeslandes hält.
WIEN/NIEDERÖSTERREICH. Eine Zeit lang war es um das heiß debattierte Lobautunnel-Projekt ruhig geworden. Das Milliarden-Bauvorhaben, das mit einem kilometerlangen, zweiröhrigen Straßentunnel einen Lückenschluss der Wiener Außenring-Schnellstraße S1 bilden und so zur Verkehrsentlastung beitragen soll, wurde 2021 von der zuständigen Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) aufs Eis gelegt.
Damals kündigte sie nach einer Evaluation des Projekts an, dass der Bau des Tunnels nicht weiter verfolgt wird. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die gemäß Gutachten fragwürdige Verkehrsentlastung sowie das aufgrund des Klimawandels als nicht mehr zeitgemäß angesehene Projekt.
NÖ will beim Tunnel mitreden
Nun legt das Land Niederösterreich in Zusammenhang mit dem Lobautunnel Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein. Ziel sei es, ein rechtliches Mitspracherecht zu bekommen. "Die Ministerin missachtet willkürlich rechtsstaatliche Entscheidungen und will diese im Nachhinein aushebeln. Niederösterreich wird jedes zur Verfügung stehende Mittel ergreifen, um diese willkürliche Vorgangsweise zu verhindern", teilte der für den Verkehr zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) in einer Aussendung mit. "Der Lobautunnel ist eine unverzichtbare Maßnahme zur Entlastung der Pendler", erklärte er.
Was sagt Wien zum geplanten Vorpreschen des Nachbarbundeslandes in der Sache Lobautunnel? Auf den Vorstoß der Niederösterreicher ging man bei der Wiener Stadtplanung zwar nicht direkt ein. Doch schlägt man auf Nachfrage von MeinBezirk.at aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ), genauso wie aus dem Büro von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), in dieselbe Kerbe: "Der Streckenverlauf, wie er derzeit im Bundesstraßengesetz beschrieben, beschlossen und gültig ist, kann von Ministerin Gewessler nicht einfach geändert werden. Für eine solche Änderung bräuchte es einen Mehrheitsbeschluss im Nationalrat. Wenn die Ministerin diese Mehrheit im Nationalrat nicht findet, kann sie ihr Vorhaben nicht durch ein 'selbstgestricktes Verfahren durch die Hintertür' durchsetzen, auch sie muss sich an demokratische Grundprinzipien halten."
Für Wien sei die S1 notwendig
Bereits im November 2022 habe man in einer Stellungnahme klargestellt, dass der Versuch, ein "intensiv rechtskräftiges UVP-Ergebnis" mittels SP-V (Strategische Prüfung im Verkehrsbereich) aufzuheben, "unsachlich" sei und grundlegenden Vorgaben des österreichischen Rechtsstaates widerspreche.
Man bleibe dabei, dass die S1 notwendig sei, nicht nur für die Wiener Bezirke links der Donau, sondern für die gesamte Ostregion sowie dem internationalen Transitverkehr in Nord-Süd-Richtung, der aktuell zu 100 Prozent durch die Stadt verläuft. "Eine Streichung der S 1, VA 1 und VA 2, ist nicht im Sinne der Stadt Wien und konterkariert ihre Raumordnungs-, Klima- oder Mobilitätsziele", betont man aus den Büros von Sima und Ludwig. Daher lehne man weiterhin eine "Veränderung bzw. Auflassung des Streckenverlaufes der S1 ab und somit auch die gegenständliche angedachte SP-V" des Klimaschutzministeriums.
Der 8,2 Kilometer lange Tunnel ist ein zentrales Element der geplanten, rund 19 Kilometer langen Ostumfahrung der Bundeshauptstadt, also des Streckenabschnitts Schwechat–Süßenbrunn der Wiener Außenring Schnellstraße (S1) und damit letzten Teilstücks des etwa 200 Kilometer langen Regionenringes um Wien.
Umweltschützer gingen auf die Barrikaden
Dieser soll einen Lückenschluss zwischen Schwechat und Süßenbrunn darstellen und unterhalb des Nationalparks Donau-Auen bei Wien im Bereich der Lobau verlaufen. Am 21. Dezember 2021 stellte Gewessler das Mammutprojekt ruhend. Diese hatte angekündigt, Alternativen zum Lobautunnel zu prüfen und die Möglichkeit zu schaffen, die Baupläne aus dem Bundesstraßengesetz zu streichen. Damit wäre der geplante Lobautunnel endgültig zu Fall gebracht.
Umweltschützerinnen und -schützer haben das Bauvorhaben lange Zeit kritisiert. Das Verhältnis der Belastung für die Umwelt und die Verkehrsentlastung sei viel zu unverhältnismäßig. Vor allem die Flora und Fauna des Nationalparks Donau-Auen würde durch den Bau stark unter den Emissionen leiden. Dort sind viele geschützte Tierarten heimisch, darunter der Eisvogel, der Seeadler, der Biber und die Europäische Sumpfschildkröte.
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