Gewaltschutz, Asylstopp, Prävention
Polit-Debatte nach Frauenmorden in Wien
Vier Frauen und ein junges Mädchen wurden am Freitag in Wien ermordet. Während es bei dem Dreifachmord in der Brigittenau bereits zu einer Verhaftung kam, wird nach dem mutmaßlichen Täter einer Frau und ihrer Tochter noch gefahndet. Die Parteien drängen auf rasche Maßnahmen.
WIEN/LANDSTRASSE/BRIGITTENAU. Stunden nach dem Dreifachmord in der Brigittenau ist man weit über die Grenzen des Bezirks hinaus geschockt. Drei Frauen wurden Freitagabend tot in einem Erotik-Lokal in der Engerthstraße aufgefunden. Sie wurden erstochen, eine vierte Frau konnte sich in einem separaten Raum einsperren und überlebte.
Der mutmaßliche Täter, ein 27-jähriger Asylwerber, wurde kurz darauf verhaftet und wird derzeit von der Polizei einvernommen. Die Identität der drei Opfer ist weiterhin unklar. Sie sollen nicht durch Messerstiche tödlich verletzt, sondern auch entstellt worden sein.
Landstraße: Mord an Frau und Tochter
Der Dreifachmord im 20. Bezirk war nicht die einzige tödliche Tat an diesem Freitag in Wien. Zuvor waren die Leichen einer 51-jährigen Frau und ihrer 13-jährigen Tochter in der Landstraße aufgefunden worden. Als dringend tatverdächtig gilt der 53-jährige österreichische Ehemann bzw. Vater. Nach ihm wird derzeit intensiv gefahndet. Die Polizei ermittelt im familiären Umkreis nach möglichen Hintergründen der Tat.
SPÖ fordert Sicherheitskonzept
Derweil gibt es immer mehr Reaktionen auf die fünf Femizide in der Bundeshauptstadt. SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner appelliert an die Bundesregierung, eine Krisensitzung einzuberufen und gemeinsam an einem Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz zu arbeiten. Sie fordert die Umsetzung der in der Istanbul Konvention festgehaltenen Maßnahmen. Dabei handelt es sich um ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Ganz ähnlich sieht das Christine Dubravac-Widholm (SPÖ), Bezirksvorsteherin der Brigittenau. "Schon langsam sollte auffallen, dass meine Forderung nach mehr Polizist:innen für die Brigittenau kein leerer Wahn ist. Aber es muss den Verantwortlichen auch klar werden, dass es damit verbunden ein Sicherheitskonzept braucht, das Gewaltschutz – insbesondere für Frauen – endlich ernst nimmt", so Dubravac-Widholm in einem Statement gegenüber MeinBezirk.at. Die Bezirkschefin unterstütze die "Forderung nach Umsetzung der festgelegten Maßnahmen aus der Istanbul Konvention".
Offenes Gedenken und Wiener Gewaltschutzgipfel
Dem Kampf gegen Gewalt gegen Frauen, besonders der Präventionsarbeit, müsse "endlich oberste Priorität auf absolut allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen eingeräumt werden", äußerte sich Neos Wien-Frauensprecherin Dolores Bakos in einer Aussendung.
Hannah Luschnig, Links-Bezirksrätin im 20. Bezirk, ruf für Samstagabend zu einer Gedenkkundgebung in der Nähe des Orts des Dreifachmords in der Brigittenau auf. Ab 18 Uhr will man in der Engerthstraße Ecke Traisengasse den ermordeten Frauen gedenken und zugleich ein Zeichen des Protests gegen patriarchale Gewalt setzen. “Das sind leider keine Einzelfälle, die Gewalt hat System. Wir müssen uns zusammentun, um dieses Gewaltsystem zu bekämpfen und zu beenden”, so Links-Sprecherin Anna Svec.
Die Grünen befinden sich derzeit in der Steiermark beim Bundeskongress, wo Lena Schilling am Samstag zur Spitzenkandidatin für die EU-Wahl gewählt wurde. Statements gab es dennoch, etwa von Grüne Wien-Frauensprecherin Viktoria Spielmann. "Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um diese extremste Form der patriarchalen Form zu beenden. Es braucht in #Wien dringend einen Gewaltschutzgipfel!", postete Spielmann auf X (vormals Twitter).
FPÖ drängt auf Asylstopp
Während SPÖ, Grüne, Neos und Links Maßnahmen in puncto Gewaltschutz fordern und darin ein gesamtgesellschaftliches Problem sehen, ortet die FPÖ das Problem an anderer Stelle. Wiens FPÖ-Landesparteichef Dominik Nepp fordert von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) eine "rigorose Abschiebe-Politik" sowie einen Asylaufnahmestopp für die Bundeshauptstadt.
Die Bundespartei nimmt hingegen die schwarz-grüne Bundesregierung, insbesondere Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), in die Pflicht. "Wir brauchen endlich eine ‚Festung Österreich‘, um selber zu entscheiden, wer in unser Land kommen darf", so FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Statements, wie mit österreichischen Gewalttätern umzugehen ist, wie im Falle des dringend tatverdächtigen Ehemannes und Vaters aus der Landstraße, gab es nicht.
Schutz von Frauen oberste Priorität
Auch ÖVP-Frauensprecherin Elisabeth Pfurtscheller meldete sich zu Wort: "Wir müssen uns gemeinsam gegen jede Form der Gewalt an Frauen einsetzen. Das muss für alle politischen Parteien in diesem Land der Grundkonsens sein. Jeder Gewaltakt an Frauen muss verhindert werden", so Pfurtscheller. Für sie habe die Bundesregierung in dieser Hinsicht alles richtig gemacht: "In dieser Legislaturperiode wurde das höchste Gewaltschutzbudget der 2. Republik beschlossen. Es hat die Verankerung der sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen durch die Bundesregierung gegeben, von denen alleine 234 im letzten Jahr stattgefunden haben."
Zudem wurde das verpflichtende Waffenverbot und das Gewalttraining für Gefährder eingeführt, fährt die ÖVP-Frauensprecherin fort. "Das sind nur einige der vielen Maßnahmen, die von der Bundesregierung durchgeführt wurden, um den Schutz von Frauen in diesem Land zu gewährleisten. Fakt ist: Der Stopp von Gewalt an Frauen und der Schutz von ihnen ist für die Bundesregierung von oberster Priorität und bleibt das auch“, betont sie.
Hier finden Opfer von Gewalt Hilfe
Frauen, die Gewalt erleben, finden Hilfe und Informationen bei der Frauenhelpline unter:
* 0800/222 555 (kostenlos und rund um die Uhr) * www.frauenhelpline.at *beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at *Bei der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie: www.interventionsstelle-wien.at *Betroffene von Gewalttaten und Verbrechen können sich an die Opferschutzorganisation Weißer Ring wenden unter der Tel.: 0800/112-112, www.opfernotruf.at *Droht akute Gewalt, Polizeinotruf unter 133 oder 112. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen.Du möchtest selbst beitragen?
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