Binge-Eating / Essstörungen / Psychotherapie
Erste Hilfe nach einem Essanfall
Folgende psychische Erste-Hilfe-Strategien können Ihnen nach einem Essanfall helfen, besser mit sich selber umzugehen.
Was kann ich nach einem Essanfall tun, wenn ich Unmengen an Nahrungsmitteln zu mir genommen habe und mich danach schäme, mich ekelhaft und schuldig fühle?
Wenn die Essattacke zu Besuch war, dann betrachten Sie diese nicht als einen Rückfall, sondern eher als eine Ehrenrunde, aus der Sie lernen können. Wir können dann auch im Nachhinein immer noch das Beste aus dem Essanfall machen und z.B. trainieren, liebevoller mit uns selbst umzugehen. Dabei können mir folgende Fragen hilfreich sein:
Fragen nach dem Essanfall
1. Was ist passiert? Wie haben Sie die den Essanfall genau gemacht?
2. Wann war es für Sie das letzte Mal erträglich? Beschreiben Sie im Detail den Verlauf bis zum Essanfall (innere Spannung, Emotionen, Körpergefühle, Bedürfnisse, Umgang mit sich selbst, Hungergefühle, Frustrationen …)?
3. Was haben Sie unternommen, um den Essanfall zu vermeiden? Welche Fähigkeiten haben Sie angewendet?
4. Was hätten Sie anders tun können? Worauf werden Sie in Zukunft achten?
5. Wo war der Point of no Return, der Zeitpunkt, an dem es kein Zurück mehr gab?
6. Um zukünftigen Essanfällen vorzubeugen, werde ich versuchen, Folgendes einzuhalten…
7. Welche meiner Fähigkeiten helfen mir sonst, dass ich keine Essanfälle habe bzw. dass ich den Essanfalls-Impulsen nicht nachgehe. Was mache ich anders, wenn ich keine Essanfälle habe? Wie schaffe ich das dann?
8. Wozu könnte die Ehrenrunde sinnvoll gewesen sein (z.B.: Sie weist mich darauf hin, dass ich zuvor zu wenig achtsam und fürsorglich mit mir selber umgegangen bin; oder: Die Ehrenrunde ist ein Anlass, verständnisvoller mit mir umzugehen und danach, wenn ich mich schlecht fühle, Selbstfürsorge üben zu können).
Ein guter, selbstfürsorglicher Umgang ist gerade dann wichtig, wenn wir einem Ideal nicht treu bleiben konnten.
Diese Fragen können Ihnen helfen, vor allem bei Selbsthass, Selbstekel, Scham und Schuldgefühlen:
- Wie können mich andere Menschen am besten trösten?
- Wie kann ich selbst andere am besten trösten?
- Wie gehe ich mit mir selbst um, wenn es mir schlecht geht, wenn ich etwa Schmerzen habe oder schwierige Emotionen spüre?
- Wie könnte ich in Zukunft tröstender mit mir selbst umgehen, wenn es mir schlecht geht? Was könnte ich dann ganz konkret anders machen? Was brauche ich dann von mir selber? Was brauche ich von anderen?
- Gibt es Bilder, Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, die mir dabei helfen können, mir selbst Trost zu spenden, wenn ich unter schmerzhaften Gefühlen leide (etwa Erinnerungen an getröstet-Werden, an liebevolle Trost-spendende Menschen oder positive Visualisierungen)?
- Wenn ich morgen aufwachen würde und anteilnehmend und mitfühlend mit mir selber umgehen würde, wie würde ich das als erstes bemerken. Mein Schmerz wäre dann noch immer da, aber was würde ich dann anders machen, wenn ich voller Mitgefühl für mich selber wäre? Wie würden andere Menschen es bemerken, dass ich auf einmal mit Mitgefühl, Trost und Anteilnahme mit mir selber umgehen würde? Wie würde so ein Tag voller Mitgefühl aussehen?
- Gibt es schon jetzt etwas, was ich voller Mitgefühl für mich selber tun könnte?
Exkurs 1: Was ist Binge-Eating?
Beim Binge-Eating handelt es sich um wiederholte Essanfälle, die als unfreiwillig erlebt werden. Die betroffenen Personen nehmen dabei gewaltige Mengen an Nahrung zu sich (etwa mehrere Torten), führen aber – im Gegensatz zur Essstörung der Bulimie – kein Erbrechen herbei. Beim Binge-Eating handelt es sich um eine Essstörung, welche zur Folge hat, dass die betroffenen Menschen schnell an Gewicht zunehmen. Die Menschen erleben sich als dem Essanfall ausgeliefert, wie unter einem inneren, gigantischen Zwang, große Mengen an Essen in sich hineinzustopfen und die Kontrolle über das Essverhalten (was und wieviel ich esse) zu verlieren. Danach fühlen die davon betroffenen Personen meist Scham, Selbstekel, schwere Schuldgefühle, Depressionen oder Selbsthass.
Exkurs 2: Was sind Essstörungen?
Essstörungen fallen unter psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen, welche schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen können.
Vor allem bei der Magersucht ist das Risiko, an den Folgen der Unterernährung zu sterben, recht hoch.
Die Betroffenen beschäftigen sich nur noch mit Ernährung, Diäten und dem Essen bzw. der Verweigerung der Nahrungsaufnahme.
Essstörungen liegen psychosoziale und gesellschaftliche Ursachen sowie Traumen zugrunde, aber auch die Einstellung zum eigenen Körper spielt eine bedeutende Rolle.
Eine Psychotherapie kann Ihnen helfen:
- die Ursachen und Gründe für Ihre Essstörung aufzudecken, um daran zu arbeiten
- die eigenen Emotionen und authentischen Bedürfnisse ernst zu nehmen
- ein positiveres Körperbild zu entwickeln
- freundlicher mit sich selber umzugehen
- sich gut schützen zu können und autonomer zu werden
- sich in zwischenmenschlichen Konflikten besser abgrenzen zu können
- innere Leere und Selbsthass besser regulieren zu können
- mit Traumafolgestörungen besser umzugehen
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)
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