Jugendcollege
Wiener Programm soll jungen Asylberechtigten zum Job helfen
In Wien gibt es seit Kurzem ein Programm, welches jugendlichen bzw. jungen erwachsenen Asylberechtigten dabei helfen soll, erfolgreich in den Arbeitsmarkt einzusteigen. In einem Intensivprogramm sollen etwa die Deutschkenntnisse ausgebaut, im Ausland erworbene Schulabschlüsse auf österreichisches Niveau gebracht werden.
WIEN. Laut jüngsten Berichten erhielten im Vorjahr rund 26.500 Menschen in Österreich einen positiven Asylbescheid. Viele davon sind jung, eine erfolgreiche Integration in das Berufsleben daher wichtig. Entscheidend sind dabei nötige Qualifikationen, welche diese Asylberechtigte für den Einstieg in den Arbeitsmarkt benötigen.
Barrieren gibt es viele. So sind etwa fehlende Deutschkenntnisse ein Hindernis. Andere wiederum haben bereits in ihren Herkunftsländer Schulabschlüsse gesammelt, dessen Niveau jedoch nicht für die Besetzung eines gleichwertigen Berufs wie im Ursprungsland reichen.
Hier soll ab dem Sommer das sogenannte Jugendcollage für asylberechtigte Jugendliche bzw. junge Menschen helfen. Am Dienstag wurde das Projekt von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ), Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und AMS Österreich-Vorstandsmitglied Petra Draxl vorgestellt.
Dahinter steckt laut den Verantwortlichen ein Intensivprogramm, welches die Qualifizierung junger Asylberechtigter über Sprach- und Basisbildung in einem schulähnlichem System ermöglicht. In zwei Stufen werden die wichtigsten Bildungsinhalte vermittelt. Im Programm "Basic" geht es um grundlegende Kenntnisse wie die deutsche Sprache als auch Mathematik, in der weiterführenden "Advanced"-Variante vertieft man Fähigkeiten für den Arbeitseintritt. Ziel ist die raschere Integration in den Arbeitsmarkt und ein selbstbestimmtes und selbstfinanziertes Leben.
Greift schneller als bisheriges Programm
„Wir sprechen heute über ein Programm, welches jetzt voll Fahrt aufnimmt. Es geht um die schnellstmögliche Integration von jungen Asylberechtigten im Arbeitsmarkt“, erklärt Kocher. Dabei seien Fortbildungsmaßnahmen gar nicht neu, ähnliche Programme gab es bereits. Jedoch spricht der Minister jetzt von einem „Paradigmenwechsel“, denn bis dato fanden einzelne Maßnahmen unabhängig voneinander und mit zeitlichen Unterbrechungen statt. Jetzt soll alles in kürzester Zeit, intensiv und ohne lange Wartezeiten zwischen den Kursen stattfinden.
„In diesem Jugendcollege wird nicht mehr gestaffelt, es geht um ein straffes Programm in kürzerer Zeit“, erklärt Kocher. Über 30 Stunden pro Woche sollen die jungen Menschen mit dem Programm beschäftigt sein, damit gelinge auch ein geregelter Tagesablauf.
Die Gesamtdauer des Colleges soll einige Monate bis zu einem Jahr betragen. Die Gelder werden dabei vom Bund in Form des AMS und der Stadt Wien beigetragen. 24 Millionen Euro stellt der Bund bereit, 25 Millionen Euro die Stadt Wien. Dazu kommen noch Mittel aus dem europäischen Sozialfonds im Bereich von drei bis vier Millionen Euro.
Fokus auf Ballungsraum
Wien weist eine besonders hohe Anzahl an arbeitslos gemeldeten Asylberechtigten auf, erklärt Draxl vom AMS: „Die höchste Betroffenheit hat ganz klar Wien, jede fünfte Person in Arbeitslosigkeit ist aus dem Asylbereich“. 45.000 Asylberechtigte sind österreichweit – Stand Ende Jänner 2024 – beim AMS vorgemerkt, 75 Prozent dieser Menschen befinden sich in Wien. Man hat sich die Zielgruppe der jungen Menschen deshalb herausgepickt, da die Altersgruppe bis 25 gut ein Viertel der beim AMS vorgemerkten Asylberechtigten ausmacht. „Wenn man fragt, warum jetzt auch nicht ältere Gruppen auch dieses Programm nutzen können, dann ist das schlichtweg eine Geldfrage. Außerdem haben wir erkannt, dass bei ältere Personen ganz andere Fragen Vorrang haben.“
Mit Bundes- und Stadtbudget wird das Projekt jetzt großflächig aufgerollt, 5.000 Personen sollen daran teilnehmen können. Und die Bundeshauptstadt hat damit eine gewisse Einzigartigkeit im Bundesländervergleich. Ein Jugendcollege gibt es in vergleichbarer Form erst in Graz, jedoch nur mit 20 Wochenstunden. In Tirol wird das Programm gerade erst vorbereitet.
Der Besuch des Programms wird außerdem zur Pflicht in Wien. Da es sich um ein Angebot des AMS handelt, müssen Arbeitssuchende auch bei Anordnung dieses Besuches daran teilnehmen, ansonsten gibt es Sanktionen – wie bei jeder anderen gesetzten und verpassten Maßnahme zur Arbeitsmarktintegration. „Wir sind jedoch froh, dass der größte Teil der Teilnehmenden auch freiwillig von sich aus bei dem Projekt mitmachen möchte, wie wir bereits erkannt haben“, so Draxl.
Anliegen von Stadt und Bund
Seit einem Jahr würden mit dem Wirtschaftsminister Kocher Verhandlungen über neue Maßnahmen im Asylbereich dauern, so Stadtrat Hacker. „Ich halte das für eine ganz zentrale Größenordnung. Arbeit ist die Grundbasis unserer Demokratie. Dass alle Menschen mit ihrer Arbeitskraft dazu beitragen, das gemeinsame Wohl zu steigern, macht uns aus.“ Laut Hacker geht es jetzt mit den 5.000 ersten Plätzen einmal um das Monitoring des neuen Projekts, „sollten wir in die Verlegenheit geraten, überbucht zu sein, dann werden wir Plätze ergänzen.“
Für den Sozialstadtrat soll mit einem raschen, zeitlich begrenzten Ausbildungsangebot aus einer Hand vor allem das Problem der zeitaufwendigen Integration behoben werden, denn: "Wir vertrödeln Zeit. Wir müssen so früh wie möglich damit anfangen, die Menschen zu integrieren und schauen, wo braucht es Deutschkenntnisse, wo braucht es berufliche Qualifikationen. Klar ist: Alle Menschen, die zu uns kommen, möchten sich weiterentwickeln.“
Gleichzeitig gibt es einen galoppierenden Fachkräftemangel, von Tourismus bis Industrie: "Wir brauchen Arbeitskräfte in diesem Land, und da braucht es Anstrengungen wie diese", ermahnt der Stadtrat. Es sei daher nur logisch und vernünftig, dass jene Menschen, welche bereits in Wien bzw. Österreich sind, in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Weitere Themen:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.