Interimistischer Direktor Forstschule Bruck
"Lehrer sollen keine Einzelkämpfer mehr sein"

Wolfgang Hintsteiner ist seit Anfang September interimistischer Direktor der Forstschule Bruck. | Foto: Martin Meieregger
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Wolfgang Hintsteiner ist seit 1. September der neue – vorerst interimistische – Direktor der Forstschule Bruck; als solcher hat er noch viel vor.

BRUCK AN DER MUR. Seit 1. September 2022 hat die HBLA für Forstwirtschaft in Bruck mit Wolfgang Hintsteiner einen neuen, vorerst noch interimistischen, Direktor. Und zwar einen aus den eigenen Reihen, schließlich unterrichtet er seit Jahren an dieser Schule. Aber das ist noch nicht alles: "Ich habe im Jahr 2003 sogar selbst an dieser Schule maturiert", so Hintsteiner. Nach der Reifeprüfung ging's dann für ein paar Jahre nach Wien: "Ich habe an der Universität für Bodenkultur Forstwirtschaft studiert und mich dann drei Jahre lang als Assistent am Institut für Waldbau der Forschung gewidmet. Seit 2013 unterrichte ich nun hier in Bruck und habe mich, als mein Vorgänger sein Sabbatical in Anspruch genommen hat, für diese Position beworben", erklärt der zweifache Familienvater, der in seiner Freizeit Tuba beim Musikverein Allerheiligen spielt.

Wolfgang Hintsteiner hat im Jahr 2003 selbst an dieser Schule maturiert. | Foto: Martin Meieregger
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Um den Anforderungen, die diese Position erfordert, gerecht zu werden, hat Hintsteiner extra das Agrarpädagogik-Studium nachgeholt. "Ich wollte immer schon mehr, wollte mitgestalten, Entscheidungen treffen, meine Kreativität einbringen", erklärt seine Beweggründe.

"Ich habe im Jahr 2003 sogar selbst an dieser Schule maturiert", Wolfgang Hintsteiner.

Familiär geprägt

Aufgewachsen ist Hintsteiner auf dem rund 89 Hektar großen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern in Jasnitz, den er mittlerweile übernommen hat und erfolgreich führt. "Daraus erklärt sich wahrscheinlich auch, warum mich das Thema Forstwirtschaft von klein an interessiert hat", so Hintsteiner.
An der Forstschule setzte er bisher seine Schwerpunkte auf Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen sowie Bauwesen und alpine Naturgefahren. Für die Zukunft hat er sich so einiges vorgenommen: "Ich möchte die Zusammenarbeit zwischen den Fachgruppen fördern; Lehrer sollen in ihrem Fach keine Einzelkämpfer mehr sein, das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Ich möchte die Pädagogik so weiterentwickeln, dass jeder von einer solchen Zusammenarbeit profitiert. Ich möchte an unserer Schule die Kommunikation verbessern, ein interdisziplinäres Denken etablieren und projektbezogen arbeiten", zeigt sich Hintsteiner entschlossen.

Seit 2013 unterrichtet er an der Forstschule. | Foto: Martin Meieregger
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Mehr Bezug zur Außenwelt

Sein Ziel ist es, den Bezug zur Außenwelt – zur Praxis, sprich zu forstwirtschaftlichen Einrichtungen und Betrieben, wie etwa die Bundesforste – verstärkt suchen und intensivieren; er möchte als einziger Schulstandort in ganz Österreich die regierende Kraft im forstwirtschaftlichen Bereich sein und diesen als Bildungszentrum mit all den räumlichen Möglichkeiten etablieren. Und, ganz wichtig: den Frauenanteil an der Schule erhöhen: "Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, denn Mädchen bzw. Frauen haben einen ganz anderen Blick auf Dinge. Wir haben derzeit bei den Schülern einen Anteil von 15 bis 20 Prozent; das Ziel wäre zumindest ein Drittel", so Hintsteiner. "Dann ist eine Weiterentwicklung in vielen Themenbereichen möglich."

Wolfgang Hintsteiner in seinem Büro an der Forstschule. | Foto: Martin Meieregger
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Was sich Hintsteiner ebenfalls vorstellen kann ist ein Ausbau der Schule, und zwar was die Fachrichtungen betrifft. "Diesbezüglich ist bereits ein Nachdenkprozess in Gang gesetzt worden; wir sind dabei, den Standort zu evaluieren und die Lehrpläne zu aktualisieren. Aber mehr kann ich dazu noch nicht verraten", zeigt er sich zurückhaltend. "Schließlich haben wir Konkurrenz, da wollen wir noch nicht zu viel verraten."

Bezüglich der negativen Schlagzeilen, die die Forstschule vor wenigen Monaten in Bezug auf eine Schülerin-Lehrer-Beziehung in den Medien machte, darf er nichts sagen, außer: "Das ist ein laufendes Verfahren. Nur soviel dazu: der Lehrer ist nicht mehr an der Schule. Von der Beziehung weiß ich offiziell leider nichts!", so Hintsteiner.
Dennoch möchte er nachhaltig auf dieses Thema reagieren: "Ich möchte an meiner Schule mehr Sensibilität für dieses Thema etablieren, da darf man nicht die Augen zumachen, denn es besteht akuter Handlungsbedarf. Wir an der Schule gehen das jetzt mit Hilfe von externen Experten an, bilden uns diesbezüglich weiter und kehren das Thema ganz bestimmt nicht unter den Teppich."

Wolfgang Hintsteiner kann sich auch einen Ausbau des Schulstandortes vorstellen. | Foto: Martin Meieregger
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Hochaktuelles Thema

Das Thema Holz und Forstwirtschaft ist derzeit –bedingt durch die hohen Energiepreise und auch durch die Klimakrise– ein hochaktuelles Thema; vernetztes, lösungsorientiertes Denken und die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen das Um und Auf. Hintsteiner möchte deshalb an seiner Schule eine zeitgemäße Ausbildung bieten, die auf genau solche Prozesse umgehend reagiert. "Ein großes Thema ist diesbezüglich auch die Digitalisierung sowie das Datenmanagement. Durch eine verbesserte Logistik, bspw. Satelliten- oder Drohnentechnologie, ist ein komplexer Prozess entstanden, der uns aber auch sehr viele neue Möglichkeiten bietet. Das muss bestmöglich genutzt werden", ist Hintsteiner überzeugt. 
So ist etwa die Bewirtschaftung des Waldes durch verschiedenste Einflüsse kaum mehr planbar. "Das sind unsere momentan größten Herausforderungen."

Wolfgang Hintsteiner beim Woche-Interview in seinem Büro. | Foto: Martin Meieregger
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Persönliches

Wolfgang Hintsteiner ist 38 Jahre alt, Vater zweier Töchter und stammt aus Kindberg. In seiner Freizeit ist er gesellschaftlich aktiv, musiziert wie bereits erwähnt im Musikverein Allerheiligen und ist Obmann im Jagschutzverein Bruck. Hintsteiner tanzt gerne und ist oft sportlich in der Natur unterwegs, so etwa beim Skitourengehen im Winter.
Ob er die Funktion des Direktors an der Forstschule Bruck dauerhaft übernehmen wird, wird nach Ende der offiziellen Ausschreibung feststehen.

"Ich möchte die Zusammenarbeit zwischen den Fachgruppen fördern; Lehrer sollen in ihrem Fach keine Einzelkämpfer mehr sein, das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Ich möchte die Pädagogik so weiterentwickeln, dass jeder von einer solchen Zusammenarbeit profitiert. Ich möchte an unserer Schule die Kommunikation verbessern, ein interdisziplinäres Denken etablieren und projektbezogen arbeiten", zeigt sich Hintsteiner entschlossen.

Über die Forstschule Bruck

Die Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft in Bruck an der Mur wurde am 10. Oktober 1900 als Höhere Forstlehranstalt für die österreichischen Alpenländer eröffnet und hat in ihrer wechselvollen Geschichte einen wesentlichen Beitrag zum Wohl des österreichischen Waldes geleistet. An der Schule werden Schülerinnen und Schüler aus allen neun Bundesländern unterrichtet, da der Standort in Bruck österreichweit der einzige ist; derzeit sind es rund 350 Schülerinnen und Schüler,die hier zur Schule gehen. 
44 Lehrkräfte sind an der Schule beschäftigt sind, insgesamt gibt es am Standort 80 Bedienstete.

Die Kernbereiche der Ausbildung umfassen:

  • Allgemeinbildung (Mathematik, Deutsch, Lebende Fremdsprache, Kultur, Geschichte)
  • Ökologie (Biologie, Forst- und Umweltschutz)
  • Technik (Bauwesen und alpine Naturgefahren, Physik, Forst- und Arbeitstechnik)
  • Wirtschaft (Geographie und Wirtschaftskunde, Betriebswirtschaftliches Rechnen)
  • Praxis (Praktischer Unterricht im Lehrforst oder den Werkstätten, Übungsfirma

Die Schule wird als HBLA mit Matura als fünfjährige Ausbildungsform oder als dreijähriger Aufbaulehrgang geführt.

Die Absolventen der Brucker Forstschule sind mit ihren Fähigkeiten überall gefragt. | Foto: Forstschule Bruck
  • Die Absolventen der Brucker Forstschule sind mit ihren Fähigkeiten überall gefragt.
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Zur Geschichte

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es in den ehemaligen Kronländern bereits fünf forstliche Mittelschulen, im deutschsprachigen Kernland, dem heutigen Österreich, jedoch noch keine. Daher stellte man ab 1892 Überlegungen zur Gründung einer den alpenländischen Verhältnissen entsprechenden Forstmittelschule an.
Nach langwierigen Verhandlungen über den Schulerhalter und den Standort begann schließlich 1898 der Neubau der Forstlehranstalt durch das Land Steiermark. 1900 wurde der Unterricht an der "Höheren Forstlehranstalt für die österreichischen Alpenländer" unter der Leitung von Rudolf Jugoviz aufgenommen. Die Ausbildung dauerte anfangs drei Jahre, setzte aber mindestens den Abschluss von fünf Klassen Mittelschule voraus. Großer Wert wurde auf die praktische Ausbildung im Lehrforst gelegt, der von der Stadtgemeinde Bruck/Mur aus einem Teil ihres Waldbesitzes der Schule zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt worden war. Die Brucker Absolventen hatten wie die Abgänger der Hochschule für Bodenkultur in Wien das Recht zur Ablegung der Wirtschaftsführerprüfung und konnten danach auch große Forstbetriebe leiten.

Trotz widriger Umstände, wie dem Ersten Weltkrieg, entwickelte sich die Forstlehranstalt Bruck/Mur zu einer weit über die Grenzen bekannten Ausbildungsstätte. Ab dem Schuljahr 1928/29 wurde die Schule vierjährig geführt und ermöglichte damit den Eintritt nach der vierten Klasse einer Mittelschule. Die Weltwirtschaftskrise machte dem Land Steiermark als Schulerhalter die Finanzierung des Unterrichtsbetriebes immer schwieriger, zumal von 1927 bis 1929 auch ein Internatsneubau erfolgte. Da das Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft nicht bereit war, sich an den Ausbildungskosten zu beteiligen oder die Schule ganz zu übernehmen, fasste das Land Steiermark 1931 den Beschluss, die Schule bis 1935 auslaufen zu lassen.

In der Holzbranche wird heute modernste Technik eingesetzt.  | Foto: Dominik Stoppacher
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Ab 1934/35 zogen Schüler einer landwirtschaftlichen Fachschule ein und als forstwirtschaftlicher Leiter blieb nur Hans Hufnagl weiter tätig. Dieser ließ nichts unversucht, um wieder eine der Bedeutung des Waldes angemessene Schulform einrichten zu können. Tatsächlich konnte Hufnagl 1938 die neueröffnete "Reichsförsterschule" als Direktor weiterführen. Ihm folgte 1940 Hans Puzyr, der die zweijährige Försterschule durch alle Wirren des Zweiten Weltkrieges und des Zusammenbruchs in die Zukunft führte.

Bruck und Gmunden waren die beiden einzigen Försterschulen des Bundes in Österreichs. Wegen des großen Andrangs wurden 1948 in Waidhofen/Ybbs und rund zehn Jahre später in Gainfarn bei Bad Vöslau weitere Bundesförsterschulen eröffnet. Die österreichische Forstwirtschaft erlebte in den Nachkriegsjahren einen ungeahnten Modernisierungs- und Rationalisierungsschub, der den Stand an Forstarbeitern auf ein Zehntel des Nachkriegsstandes schrumpfen ließ. Damit ging auch der Bedarf an Förstern zurück, während ihre Qualifikation und Verantwortung ebenso rasch stieg.

Die Forstwirtschaft drängte daher seit den Fünfzigerjahren auf eine Erweiterung der Ausbildung, damit auch artverwandte Tätigkeiten abgedeckt werden könnten. 1957 wurde dann mit der Einführung des Aufbaulehrgangs an der Fösterschule Gainfarn die Ausbildung wieder auf drei Jahre ausgedehnt. Da dies aber nicht den tatsächlichen Erfordernissen entsprach, setzten sich Direktor Adler (seit 1959) und sein Nachfolger Mächler für eine grundlegende Reform ein. Diese wurde schließlich mit der Neuorganisation des gesamten österreichischen Schulwesens auch für die forstwirtschaftliche Ausbildung vollzogen. Mit der Schaffung der Höheren Lehranstalten für Forstwirtschaft in Bruck und Gainfarn wurde 1972 endgültig der Ausbildungsweg für einen Förster geschaffen.

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