Medikamentenengpass
Antibiotikasäfte für Kinder weiterhin Mangelware
Seit Monaten sind um die 500 bis 600 Medikamente in Österreich nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Antibiotikasäfte für Kinder sind derzeit besonders rar, dabei gehen in den Kindergärten und Schulen derzeit Infektionskrankheiten um. Etwa Breitband-Antibiotika sind nicht mehr vorrätig und sollen im März auch nicht geliefert werden können, heißt es.
ÖSTERREICH. Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr erzählt nun sogar von Wartelisten, wonach über 23.000 Packungen an Antibiotika benötigt würden. Gründe dafür, dass aktuell 613 Medikamente in Österreich nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar sind, sei das System aber auch Produktionsstandorte im Ausland und fehlende Rohstoffe. Nichts davon könne man in kurzer Zeit lösen. Die Apothekerkammer fordert daher erneut, dass man Rohstoffe einkauft, denn diese hätten eine lange Haltbarkeit. Die Apothekerinnen und Apotheker können Präparate dann selbst herstellen.
Wirkstoffverschreibung als Lösung
Der Pharmagroßhandel sprach sich für die Einrichtung eines nationalen Notfalllagers aus, worin 200 der am häufigsten gebrauchten Medikamente eingelagert werden, um bei Lieferproblemen überbrücken zu können.
Die Apothekerkammer setzt sich indes dafür ein, dass Ärztinnen und Ärzte auf Rezepten Wirkstoffe an Stelle von bestimmten Medikamenten verschreiben sollen. Apotheken könnten dann auf ein gleichwertiges Generikum zurückgreifen oder ein vergleichbares Mittel vor Ort selbst herstellen. Diesen Vorschlag begrüßen die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), Ministerium, Patientenanwaltschaft sowie Apothekerinnen und Apotheker. Ärztekammer und Pharmaindustrie können dem nicht viel abgewinnen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) meint Österreich sei das einzige Land in der EU, das noch keine Wirkstoffverschreibung nutzt. Eine Verordnung, die das ändern soll, kündigte er bereits im September an.
Rohstoffverteilung wird begrüßt
Vor der Pandemie 2019 wurden rund 130.000 Packungen Antibiotikasäfte für Kinder benötigt. Seit Herbst 2022 hätten sich die Lieferengpässe weiter verschärft, 80.000 Packungen wurden damals ausgegeben, mehr hatte man nicht zur Verfügung. "Wir haben es nicht einmal geschafft, den Jahresbedarf von vor der Pandemie zu decken", ärgert sich Mursch-Edlmayr.
"Wir wissen, es gibt Rohstoff am Markt zurzeit, und wir wissen genau, wie viel Rohstoff wir brauchen für diese Produkte", so die Apothekerkammer-Präsidentin. Man habe dem Gesundheitsministerium angeboten die benötigten Produkte in den Apotheken in "magistraler Rezeptur" herzustellen. Um die Rohstoffe zu bekommen, müsse die Republik die Abnahme garantieren und Finanzierung sichern, hieß es bei einem Pressetermin der Apothekerkammer.
Kindergerechte Dosierung nötig
Über den Großhandel könne man die Rohstoffe auf ganz Österreich verteilen und die Patientinnen und Patienten müssten lediglich die Rezeptgebühr entrichten. Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), Reinhold Kerbl, stimmte diesem Vorgehen vollends zu.
Sind die Rohstoffe in den Apotheken eingetroffen, könnten diese die Mittel dann flächendeckend in gleicher Rezeptur herstellen, meint Kerbl. Einige Antibiotika seien zwar noch verfügbar, bei den bewährten, die die wenigsten Resistenzen verursachen sei das nicht der Fall: "Die gibt es seit Wochen nicht", berichtet ein Kinderarzt aus dem LKH Leoben. Hinzu kommt, dass die Mittel die richtige Dosierung für Kinder haben müssen. Ist diese nicht kindergerecht, sei das "bedrohlich und eine Gefahr für die Betroffenen". Der Facharzt nennt Beispiele, wo Kinder weite Strecken zurücklegen müssen, um in einem entfernten Spital das benötigte orale Antibiotikum zu bekommen. An ähnliche Zustände in der Vergangenheit könne sich der Kinderarzt nicht erinnern.
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