Zweiter Teil der Pflegereform
Verbesserungen und mehr Geld für Pflegende

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger präsentierten am Mittwoch den zweiten Teil der Pflegereform. | Foto: BKA/Dunker
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  • Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger präsentierten am Mittwoch den zweiten Teil der Pflegereform.
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Rund ein Jahr nach dem ersten wurde am Mittwoch der zweite Teil der Pflegereform präsentiert. Ein Fokus wurde dabei auf strukturelle Verbesserungen für Pflegeleistende gelegt, wie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger erklärten. So wird etwa die Förderung für 24-Stunden-Betreuung neuerlich angehoben. Darüber hinaus sind Verbesserungen für pflegende Angehörige sowie Pflege-Personal geplant. Wenig begeistert zeigte sich die Gewerkschaft. Sie kritisiert eine vergeben Chance in der Attraktivierung der 24-Stunden-Betreuung.

ÖSTERREICH. Vor rund einem Jahr präsentierten der Sozialminister und der ÖVP-Klubobmann die Pflegereform – sie enthielt 20 Maßnahmen. Nun schickt die Regierung einen zweiten Teil hinterher. Am Mittwoch legten Rauch und Wöginger den entsprechenden Regierungsbeschluss vor. Darin enthalten seien 18 Maßnahmen, die sich vor allem auf strukturelle Verbesserungen für alle jene, die Pflege leisten, konzentrieren würden, wie die beiden Politiker erklärten.

"Der nun angestoßene zweite Teil der Pflegereform soll zu einer langfristigen Stabilität des Pflegesektors beitragen", betonte Rauch. Für Pflegeleistende müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die diesen "angemessene Arbeitsbedingungen, Durchlässigkeit zur Höherqualifizierung, einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Verbesserungen im Pflegegeldwesen zusichern", betonte der Sozial- und Gesundheitsminister.   

Mehr Geld und Vereinfachung in der Pflege

Im Bereich der 24-Stunden-Betreuung wird die Förderung erneut um 25 Prozent auf 800 Euro pro Monat erhöht. 24-Stunden-Betreuerinnen und -Betreuer können künftig außerdem mehrere Personen betreuen, auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind. Dem Personalproblem im Gesundheits- und Pflegebereich soll durch die vereinfachte Anerkennung ausländischer Abschlüsse entgegengewirkt werden. Zudem soll es Pflegekräften künftig möglich sein, Ersteinstufungen fürs Pflegegeld vorzunehmen. Ziel ist es, die Wartezeit auf das Pflegegeld zu verkürzen.

Für pflegende Angehörige wird der Angehörigenbonus erweitert. Die Zahl der kostenlosen Angehörigengespräche wird zudem auf zehn Einheiten pro Jahr verdoppelt. Für Eltern gibt es Rechtsanspruch auf Pflegekarenz während der Begleitung bei einer Reha ihrer Kinder. 

Alle 18 Maßnahmen im Detail findest du weiter unten im Beitrag. 

Gewerkschaft sieht "vergebene Chance"

Wenig begeistert zeigte sich der Gewerkschaftsbund (ÖGB) von den vorgelegten Maßnahmen betreffend die 24-Stunden-Betreuung. Österreich befinde sich hier in Konkurrenz mit anderen Ländern, die für die Betreuerinnen und Betreuer finanziell attraktiver seien, erklärte Gewerkschafter Christoph Lipinski in einer Aussendung. Zwar begrüße er die Erhöhung der Förderung für die 24-Stunden-Betreuung, allerdings sei der Betrag in Anbetracht der Inflation zu niedrig angesetzt.   

"Die Förderung muss jedenfalls 1.000 Euro betragen", so Lipinski. Zudem brauche es eine Sonderregelung für 24-Stunden-Betreuerinnen und -Betreuer hinsichtlich der Beiträge für die Selbstständigen-Sozialversicherung (SVS). Eine weitere Forderung der Gewerkschaft ist die Transparenz bei den sogenannten Pauschalverträgen. 

Maßnahmen für die 24-Stunden-Betreuung

  • Erhöhung der Förderung: Die Förderung für 24-Stunden-Betreuung wird spätestens ab 1. September 2023 um 25 Prozent angehoben. Sie steigt von 640 auf 800 Euro bei zwei selbstständigen Personenbetreuerinnen/-betreuer, von 1.280 auf 1.600 Euro bei zwei unselbstständigen Betreuungspersonen.
  • Hausbesuche: Die Zahl der Hausbesuche durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal wird auf bis zu vier Besuche im Jahr ausgeweitet. Dadurch soll in der 24-Stunden-Betreuung eine laufende Begleitung durch qualifiziertes Personal sichergestellt werden.
  • Teilbarkeit: Selbstständige 24-Stunden-Betreuerinnen/Betreuer dürfen künftig bis zu drei Personen in einem privaten Haushalt betreuen, auch wenn sie nicht in einem Verwandtschaftsverhältnis stehen. Die Teilbarkeit soll neue Möglichkeiten der Betreuung im gemeinsamen Wohnen ermöglichen.
  • Beratungszentren: Beratungsstellen für 24-Stunden-Betreuerinnen/-Betreuer sollen zukünftig in ganz Österreich zur Verfügung stehen.
  • Supervision und E-Learning: 24-Stunden-Betreuerinnen/-Betreuer können künftig kostenlos Supervision in Anspruch nehmen. Zusätzlich wird eine multilinguale E-Learning-Plattform entwickelt. 
  • Transparenz bei der Abrechnung: Für die Abwicklung der Abrechnungen kann die Agentur eine Gebühr verrechnen. Es soll verstärkt sichergestellt werden, dass die Abrechnung für Betreute und Betreuerinnen/Betreuer nachvollziehbar ist.

Maßnahmen für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe

  • Erweiterung Kompetenzen: Künftig können diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen/-pfleger Medizinprodukte nicht nur weiter-, sondern auch erstmalig verordnen.
  • Leichtere Nostrifikation: Bei ausländischen Pflegekräften werden künftig Gesamtqualifikation und Berufserfahrung beurteilt und nicht mehr das Stundenausmaß der Fächer in der Ausbildung. Dies soll einen schnelleren Berufseinstieg in Österreich ermöglichen.
  • Anerkennung für Pflegeassistenz: Im Ausland ausgebildete Pflegeassistentinnen/-assistenten (PA) dürfen unter Anleitung und Aufsicht auch während der Nostrifikation in ihrem Beruf arbeiten. Sie haben zwei Jahre Zeit, ergänzende Ausbildungen zu absolvieren.
  • Mehr Möglichkeiten für Zivildiener: Mit einem Ausbildungsmodul können Zivildienstleistende die berufsrechtliche Befugnis zur Unterstützung bei der Basisversorgung von Pflegebedürftigen erlangen.
  • Aufschulungen: Der Zugang zur verkürzten Diplomausbildung für Pflegefachassistentinnen/-assistenten wird erleichtert, in dem die Voraussetzung einer zweijährigen Berufserfahrung entfällt. Wie bisher können sie auch zielgruppenspezifische FH-Bachelorstudiengänge nutzen.
  • Nachgraduierung: Die Anrechnungsmöglichkeiten von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen/-pfleger auf die Bachelor-Ausbildung an Fachhochschulen sollen erweitert werden.

Maßnahmen für Angehörige

  • Angehörigenbonus: Derzeit haben pflegende Angehörige, die im gemeinsamen Haushalt mit der pflegebedürftigen Person wohnen, Anspruch auf einen Angehörigenbonus. In Zukunft soll der gemeinsame Haushalt nicht mehr erforderlich sein.
  • Pflegegeldeinstufung durch Pflegekräfte: Pflegekräften dürfen bei der Pflegegeldbegutachtung im Rahmen von Erhöhungsanträgen künftig auch Ersteinstufungen vornehmen.
  • Pflege-/Familienhospizkarenz für Selbstständige: Für die Pflege oder Begleitung sterbender Angehöriger oder schwersterkrankter Kinder soll ein Modell entwickelt werden, damit sich künftig auch Selbstständige vorübergehend karenzieren lassen und Pflegekarenzgeld erhalten können.
  • Rechtsanspruch auf Begleitung bei Kinderreha: Für die Begleitung von Kindern zur Rehabilitation nach einer schweren Erkrankung oder einem Unfall besteht künftig ebenfalls Rechtsanspruch auf insgesamt vier Wochen Pflegekarenz inklusive Bezug von Pflegekarenzgeld.
  • Ausweitung der Angehörigengespräche: Die kostenlosen Angehörigengespräche werden von fünf auf zehn verdoppelt. 
  • Unterstützung von Young Carers: Für Kinder und Jugendliche, die Pflege und Betreuung leisten, wird eine breite Infokampagne gestartet. Damit sollen etwa Lehrkräfte oder Hausärztinnen/-ärzte für die Situation dieser Kinder sensibilisiert werden.

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