CD und Donauinselfest
Für Julian le Play "ist es okay, süchtig zu sein"

Ein Auftritt am Donauinselfest (24. Juni), der 32. Geburtstag (27. Juni) und der Albumrelease von "Tabacco" (30. Juni) mit neuem Song "Woodstock" - für den Wiener Musiker Julian le Play steht eine wichtige Woche an. Doch zuvor nahm sich der Popstar Zeit und plauderte als Glücks-Treffer aus dem Nähkästchen.

ÖSTERREICH. Julian le Play, der eigentlich Julian Heidrich heißt, hat sich als Popmusiker, Singer-Songwriter und Moderator einen Namen gemacht. Nun meldet er sich mit seinem fünften Album zurück - es wird "räudiger", verspricht er im Interview. Der Talk über die Freude an der Sucht, seine neu gelebte Wien-Liebe oder darüber, warum er wohl nicht so schnell bei "Dancing Stars" auftanzen wird.

MeinBezirk.at: Was bedeutet Glück für dich?
Julian le Play:
(lacht) Möglichst viele Momente im Moment erleben zu können. Wenn der Kopf nicht rattert, bin ich eigentlich fast immer glücklich. Weil wenn er rattert, ist es meistens irgendein Blödsinn, über den ich nachdenke. 

Rattert der Kopf denn aktuell viel?
Julian le Play:
Ja. Beim Musikmachen eher weniger, da bin ich dann sehr drinnen im Tun. Aber wenn ich dann fertig bin, beginnt mein Kopf immer zu rattern.

Da hat der Kopf ja aktuell viel zu bedenken: Es steht einiges bei dir an - neben neuen Singles kommst du mit neuem Album aufs Donauinselfest. "Woodstock" - was sollten wir darüber wissen?
Julian le Play:
Ein paar haben mich gefragt, ob mir das Festival Woodstock und die Musik dort so wichtig waren. Ehrlicherweise nicht - mir ging es darum, mit dem Wort zu spielen und was ich damit verbinde. Eigentlich ist es ja sogar ein Anti-Woodstock-Song, insofern, weil ich ja sage, dass ich das alles nicht brauche: Drogen, Sex mit vielen verschiedenen Menschen, Musik. In dem Song geht's darum, dass ich eigentlich nur dich brauche. Ich brauche kein Amphetamin in den Adern. Ich singe auch: "Mit dir fühlt es sich wie Woodstock an, nur dass ich sonst niemand lieben kann." Das ist ja nicht typisch im Woodstock-Land ist. Aber dieser Satz war so schön. Liebe macht leider oft unfrei und man fühlt sich beschränk, eingeengt. Und diese Art von Frisch-Verliebtsein, wo man sich wie ein Hippie fühlt, wo alles möglich ist - darüber wollte ich schreiben. Daraus wurde "Woodstock".

Neues Album, neues Lebensgefühl: Mit "Tabacco" hat Julian le Play auch mehr zu sich selbst gefunden. Ab 30. Juni! | Foto: Troubadour Tonträger GmbH
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Deine neue Platte heißt "Tabacco" - es dreht sich ab 30. Juni viel um Sucht und Sehnsucht ...
Julian le Play:
 Es ist ein Album über Sucht. Die Sucht nach dem Sich-Spüren. Ich habe zwei Jahre hinter mir, nach denen ich Lust hatte, mich wieder einmal so richtig ins Leben zu schmeißen. Ich war viel unterwegs und habe viel erlebt. Ich will gar nicht zu viel verraten, man hört das am Album. Da gibt es Momente, in denen ich so mega im Moment sein und mega loslassen konnte. Du hast mich auch gefragt, was Glück im Leben ist - und Glück ist für mich auch das Loslassenkönnen, an nichts denken zu müssen. Und das ist mir sehr oft gelungen. Darüber habe ich viel geschrieben. Und der andere Part am Album ist die Sehnsucht, man will da wieder hin. Die Sucht nach einem Menschen, einem Lebensgefühl. Das ist das zweischneidige Schwert. Es ist für mich nichts Negatives - es ist für mich okay, süchtig zu sein. Damit meine ich nicht Drogen, sondern nach einem Gefühl, süchtig zu sein. "Tabacco" ist ein räudigeres, rougheres Album geworden. Es ist nicht so perfektionistisch. In dem Wort Tabacco steckt auch Genuss - das Leben genießen, ein Laissez-faire-Ding.

Zeigst du uns hiermit eine andere Facette von dir?
Julian le Play:
 Ich habe vor zwei Jahren das Gefühl verspürt, meine Popmusik neu anzustreichen. Dazu habe ich vermehrt die E-Gitarre in die Hand genommen und auch viel persönlicher geschrieben. "Tabacco" ist ein Album, in dem Wien viel mehr vorkommt. In einigen Nummern singe ich über meine Orte in Wien. Früher habe ich das ja eher kaschiert, dass ich Wiener bin - jetzt habe ich sogar die Videos hier gedreht. Mit diesem Album ist es mir viel mehr gelungen, zu Wien zu stehen.

Wie kam es zu deiner nun offen gelebten Wien-Liebe?
Julian le Play:
 Ich glaube, dass ich mittlerweile auch als Künstler mehr zu mir stehe, zu meiner Heritage - also meinem Erbe. Ich habe früher das Gefühl gehabt, dass du als Wiener Austropop machen musst, um ernstgenommen zu werden. So in die Richtung: "Du bist Wiener, warum singst du nicht wie Ambros (Wolfgang, Anmerkung)? Wo auch Vorwürfe laut werden, wenn man sich als Wiener dazu entscheidet, auf Hochdeutsch zu singen. Aber so ist es eben, viele Wienerinnen und Wiener reden Hochdeutsch. Und aus all diesen Gründen ist es mir schwergefallen, zu Wien zu stehen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich davor Videos in Marrakesch oder Los Angeles gedreht habe - auch, wenn ich mir danach gedacht habe, was ich mit Kamelen in Marrakesch mache. Das hatte ja nichts mit mir zu tun (lacht). Jetzt war ich an dem Punkt angelangen, wo ich gemerkt habe: In der Fledermaus oder im Tanzcafé Jenseits will ich sein. Das sind so meine Orte in Wien. In dem Album ist viel mehr Ich drinnen - nicht so ein aufgeblasenes, internationales Ding.

Wenn wir schon bei Wien sind: Du trittst zum 40. Jubiläum des Donauinselfests auf. Wie sehr ehrt dich das?
Julian le Play: 
Ich finde es megageil. Wenn ich die letzten Jahre gefragt wurde, was ich noch erreichen will mit meiner Musik, habe ich immer gesagt: Ich will auf der Mainstage am Donauinselfest spielen. Und dann kam irgendwann vor ein paar Monaten der Anruf, wo ich gefragt wurde: Jubiläum, Mainstage, 19 Uhr, eine Stunde - und ich habe mir gedacht: Hallelujah, das ist geil. 

Das Line-up beim Donauinselfest 2023

Wie ist der Plan am Samstag davor?
Julian le Play: 
Am Freitag habe ich dem Bruder meiner Freundin versprochen, mit ihm RAF Camora anzuschauen. Da muss ich mit. Also ich möchte auch mit, ich finde ihn ja auch gut - teilweise (lacht). Am Samstag selber werde ich auf die Bühne gehen - was nicht geprobt ist, ist nicht geprobt. Insofern versuche ich, etwas Gutes zu essen, Ohropax in die Ohren zu geben und möglichst entspannt auf die Insel zu fahren. Denn am Tag selber wollen immer Tausende Leute etwas von dir. Deswegen werde ich versuchen, mich zu verschanzen und dann auf die Bühne zu gehen.

Du bist schon ein gutes Jahrzehnt im Musik-/Showbusiness. Wie blickst du zurück?
Julian le Play: 
(schmunzelt) Ja geil! Ich sage immer, wenn mich morgen ein Bus überfährt, dann ist das schade - vor allem für die Menschen, die mich mögen. Aber das Leben war geil! Bitte nicht falsch verstehen, das ist jetzt keine Aufforderung an Busfahrer, mich zu überfahren. Also viel mehr hätte ich nicht machen können. Jetzt bin ich in einem Alter, in dem ich mich dazu fast zwingen muss, mehr zu genießen und auch einmal zu chillen. Vielleicht schon meine Frühpension beim Musikmachen? Nein, Spaß beiseite. Das waren bislang sehr gute 10 Jahre, manche beginnen erst in meinem Alter, Musik zu machen. Ich habe sehr früh begonnen und das alles sehr ernst genommen. Mittlerweile fokussiere ich das ganze Drumherum nicht mehr so sehr - das Musikmachen nehme ich aber ernster denn je.

Julian le Play meldet sich nach dem Erfolgsalbum "Tandem" (2020) mit neuem Stoff zurück.  | Foto: Danny Jungslund
  • Julian le Play meldet sich nach dem Erfolgsalbum "Tandem" (2020) mit neuem Stoff zurück.
  • Foto: Danny Jungslund
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Du hast eine starke Woche vor dir: Donauinselfest, Geburtstag und Album-Release - es ist deine Woche!
Julian le Play:
 Ich werde meinen Geburtstag mit dem Album mitfeiern, denn zwei große Feiern überlebe ich nicht (lacht). Denn wenn ich feiere, feiere ich gerne und lang. Ich muss die Release-Woche überleben, denn meine Konzerte will ich noch überleben (lacht). Wir gehen im August und im September auf Österreich-Tour.

Du bist ja einmal bei "Die große Chance" aufgetreten, die feiert nächstes Jahr ein Comeback. Verfolgst du solche Shows - und: Findest du Shows wie diese noch zeitgemäß?
Julian le Play: 
"Die große Chance" finde ich nicht sonderlich zeitgemäß. Da könnte man sich auch einmal etwas Neues einfallen lassen (lacht). "Starmania" haben sie probiert, aber nicht mit sonderlich viel Frischheit angegangen. Man müsste wohl auch einmal die Musikszene mit an Bord holen und schauen, was zeitgemäß ist und wie man eine Show machen kann, in der nicht nur Unterhaltung zählt, sondern in der echte Talente entdecken kann, die langfristig bleiben. Es würde mich überraschen, wenn das der absolute Knaller wird. Ich finde es super, wenn es Shows aus Unterhaltungssicht gibt - dafür ist "Die Große Chance" perfekt. Ich weiß nicht, wie zeitgemäß Shows wie diese sind. Ich war ja auch bei so einer Sendung und war auch gerne dort - aber im Jahr 2023 muss man sich andere Gedanken machen, wie man gute Leute dort hinbringt. Wenn das zu sehr Zirkuscharakter hat, wollen die guten Leute da nicht mitmachen.

Es steht öfter in der Diskussion, dass Österreich auf einen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest verzichtet. In anderen, sehr erfolgreichen Ländern wie Schweden dient diese Auswahl u.a. dazu, junge Talente vor den Vorhang zu holen und die heimische Musiklandschaft abzubilden. Auch der "Amadeus", der heimische Musikpreis, dümpelt im Late-Night-Programm herum ...
Julian le Play:
 Was das betrifft, müsste die Musik einen anderen Stellenwert bei diesen TV-Macherinnen und TV-Machern haben. Da herrscht eine veraltete Denkweise: "Musik interessiert keinen". Das Gegenteil ist der Fall: Bei RAF Camora am Donauinselfest werden vermutlich 100.000 Leute sein. Pizzera & Jaus, Seiler & Speer, Wanda, Bilderbuch, Mathea, Ina Regen oder My Ugly Clementine sind Erfolgsgeschichten dafür, dass die Menschen an Musik interessiert sind und sich Karten kaufen. Daraus schließe ich, dass es nicht am fehlenden Interesse an der österreichischen Musik liegt, sondern daran, dass die Umsetzung nicht gut gemacht ist. Zum Song Contest: Die Italiener oder Schweden sind sehr erfolgreich mit ihren ESC-Vorentscheiden. Wie könnte ich eine coole Show machen - das ist die Frage! Dann zeigt man im heimischen TV halt drei Sendungen pro Jahr. Ich gebe gerne Inputs. Ich glaube, das kann nicht so schwer sein (lacht).

Wenn wir schon beim Thema Show sind: Würdest du bei "Dancing Stars" mitmachen?
Julian le Play: 
Ich wurde schon vier Mal gefragt - auch heuer. Mich ehrt das ja auch, dass sie mir das zutrauen. Aber ich würde mich da voll unwohl fühlen. Ich habe allerdings den größten Respekt vor den Teilnehmerinnen und Teilnehmnern. Freunde wie Cesár Sampson haben da mitgemacht - gut, der ist trainiert und hat es drauf. Aber noch mehr Respekt habe ich vor Leuten, die nicht trainiert sind und sich das im hohen Alter antun. Die Sache ist: Ich tanze nicht so gerne. Diese engen Outfits finde ich sehr ulkig, zumindest für mich. Aber ehrlich, ich finde es cool, wenn das jemand feiert und mag. Aber es ist nicht die Show, in der ich gerne dabei sein möchte.

I bin's: der Wordrap

MeinBezirk.at: Was liebst du an Österreich?
Julian le Play:
Das Trinkwasser. Also immer, wenn ich woanders bin, eine Lebensmittelvergiftung habe und es dann mit Österreich vergleiche, merke ich, wie toll es ist.

Was ist dein Lieblingsessen der heimischen Küche?
Julian le Play: Paprika-Rahm-Geschnetzeltes mit Butter-Spätzle. Nicht selber gemacht, sondern von der Mama.

Was ist dein Lieblingsplatzerl in Österreich?
Julian le Play: Ich wohne im 8. Bezirk, da ist ein kleines Platzerl - ich weiß nicht einmal, wie er heißt - hinter dem Rathaus. Drei Bäume, drei Bänke, ein Brunnen. Da ist niemand.

Was ist dein Lieblingsdialektwort?
Julian le Play: 
Mir fällt gerade das Wort "drawig" ein. Auch, wenn ich nicht weiß, was das heißt. 

Welcher Österreicher/ welche Österreicherin hat dich inspiriert? 
Julian le Play: Eine Kinderfernsehlegende - Erich Schleyer. Er ist aus der DDR geflohen und hat sich in Österreich eine schöne Sache aufgebaut. Er hat mich deswegen inspiriert, weil er im hohen Alter so unglaublich neugierig und kindlich war. Schleyer hatte immer Energie und war bis zu seinem Tod ein toller Charakter. Ein ganz inspirierender Mensch für mich.

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