Kindergärten
Es gilt, Chancen für die frühkindliche Bildung zu ergreifen

Die frühkindliche Entwicklung wird weltweit anders gehandhabt.  | Foto: Tanaphong Toochinda/Unsplash
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Frühkindliche Bildung spielt eine fundamentale Rolle in der Entwicklung eines Kindes. Deshalb gibt es mehrere Ansätze und Zugänge, diese so kindgerecht wie möglich zu gestalten.

WIEN/FLORENZ. Veraltet, überlastet, überarbeitetes Lehrpersonal: Positive Nachrichten über das Bildungssystem liest man selten.

Prekär ist die Lage in den Kindergärten, die Pädagoginnen und Pädagogen in der frühkindlichen Bildung sind erst im Oktober dieses Jahres für ihre Anliegen auf die Straßen gegangen. Ihre Forderungen dabei waren vor allem kleinere Gruppen mit mehr Personal, damit man mehr Zeit für die Bildungsarbeit hat, eine einheitliche Ausbildung der Assistenzkräfte in den Kindergärten, ausreichend Zeit, um Unterrichtsmaterialien vor- und nachzubereiten und einheitliche Rahmenbedingungen auf Bundesebene.

Eine Initiative zur Steigerung der Qualität in den Wiener Kindergärten wurde von Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und Gemeinderat Marcus Gremel vorgestellt. Der Dialog Elementarpädagogik, der bereits Anfang des Jahres ins Leben gerufen wurde, hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägerorganisationen wie den Wiener Kinderfreunden und anderen, Konzepte für verbesserte Rahmenbedingungen erarbeitet.

Neue Konzepte

Die erarbeiteten Konzepte basieren auf Arbeitsgruppen, die sich Themen wie der Entlastung von Pädagogen und Pädagoginnen, Qualifizierung und Personalrecruiting, sowie der strategischen Planung des Fördersystems widmeten. Mit dem Ziel, die Qualität in Kindergärten zu verbessern, werden finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung des Platzangebots und eine Aufstockung von Assistentenstunden umgesetzt.

In einem Schritt plant die Stadt Wien, das Kindergartengesetz zu ändern, indem mehr Assistentinnenstunden für die Arbeit mit Kindern in Kleinkind- und Familiengruppen gesetzlich verankert werden. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Pädagogen und Pädagoginnen zu entlasten und den Kindern mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, trotz des anhaltenden Fachkräftemangels.

Platzmangel

Ein Blick über die Landesgrenze nach Italien zeigt ähnliches. Florenz ist beliebtes Reiseziel für Touristinnen und Touristen aus der ganzen Welt, was aber dazu führt, dass die Einheimischen sich in der eigenen Stadt nicht mehr heimisch fühlen. Ein Spaziergang durch das Stadtzentrum zeigt auch: Spielplätze gibt es kaum, Kinder im Kindergarten- oder Schulalter sieht man nicht wirklich.

Foto: mia

Die Struktur des Systems variiert je nach Region. Die Vorschulerziehung ist in drei Altersstufen unterteilt: eine für Kinder von 0 bis 3 Jahren (asilo nido), eine für Drei- bis Sechs-Jährige (scuola dell'infanzia) und eine gemischte Altersgruppe.

In Italien beginnt die Bildungsreise der Kleinsten in der "Scuola di Infanzia", einem Bereich, der Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren gewidmet ist. In den letzten 15 Jahren wurden verstärkt Möglichkeiten geschaffen, um jedem Kind eine Chance zu geben, diese Einrichtungen zu besuchen, obwohl sie nicht verpflichtend sind. Jedoch zeigt sich hier eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen den Regionen. Während im Norden und in der Mitte des Landes eine Abdeckung von rund 30-40 Prozent existiert, liegt diese im Süden bei weniger als 10 Prozent

Das frühkindliche Bildungssystem beim Nachbarn ist weitreichend und umfasst Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren. Es besteht aus verschiedenen Einrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten und Vorschulen. Die Teilnahme an diesen Einrichtungen ist nicht obligatorisch, aber die meisten Kinder nehmen daran teil. „Die scuola dell'infanzia richtet sich an Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Das Angebot wird gut angenommen. Anders sieht es da bei Kindern im Alter bis zu drei Jahre aus. Etwa jedes vierte Kind in Italien ist in einer Form der frühkindlichen Betreuung“, erklärt Aldo Fortunati, Experte für Evolutionspsychologie und Kindererziehung und Bildungsdirektor in Florenz. Weiters führt er an, dass es im Norden und Süden des Landes immer noch eine große Differenz gibt.

Die Rolle der Familie

Fortunati betont die Rolle der Familie in der frühkindlichen Bildung. Er hebt hervor, wie wichtig es ist, Eltern bei der Entwicklung ihrer Kinder zu unterstützen. Die Herausforderung liegt nicht nur in der Bildung, sondern auch in der Unterstützung von Eltern, insbesondere in einer Zeit, in der die Geburtenrate rückläufig ist und das Durchschnittsalter für die Geburt des ersten Kindes bei 32-35 Jahren liegt.

Die Canadian School ist eine internationale Schule. | Foto: mia
  • Die Canadian School ist eine internationale Schule.
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Ein Ansatz, der in diesem Kontext besonders herausragt, ist der "San Miniato Approach", der Teil des "Ambiente Bambino"-Netzwerks ist. Dieser Ansatz integriert vielfältige Erfahrungen und fördert ein flexibles Curriculum sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Familien.

In der Regel sind die öffentlichen Kindergärten und Vorschulen kostenfrei oder verlangen einen kleinen Unkostenbeitrag. Private Einrichtungen sind ebenfalls vorhanden, erfordern jedoch Gebühren, die je nach Standort variieren können.

Raum zur kreativen Entfaltung

Das pädagogische Konzept konzentriert sich auf die ganzheitliche Entwicklung der Kinder, wobei der Schwerpunkt auf sozialen, emotionalen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten liegt. Lehrpläne variieren, jedoch betonen viele Programme kreatives Spiel, künstlerische Aktivitäten und soziale Interaktion.

Obwohl das System einige Vorteile bietet, sind Herausforderungen vorhanden. Eine davon ist die Ungleichheit im Zugang zu Bildung. Einige Regionen haben eine bessere Ausstattung und Qualität der Einrichtungen als andere. Dies führt zu einer disparaten Bildungschance für Kinder je nach ihrem Wohnort.

Ein weiteres Problem ist die begrenzte Anzahl an Plätzen in öffentlichen Einrichtungen im Vergleich zur Nachfrage. Viele Familien kämpfen darum, einen Platz in Kindergärten oder Vorschulen zu finden, insbesondere in städtischen Gebieten. Durch die dichte Bebauung ist der Platz begrenzt – was aber zum Charme der Stadt beiträgt.

Mapi Fusi, die in einer Provinz bei Florenz geboren ist und dort ihre Schullaufbahn absolviert hat, ortet bei den privaten Einrichtungen ein Problem. Sie moniert, dass Einrichtungen für Kinder im Alter von null bis drei Jahren oft kostenpflichtig sind und man sich zu stark auf die Familie, besonders die Mütter und Großmütter verlässt. Eine Väterkarenz vermisst sie zur Gänze: „Väter dürfen ganze zehn Tage auf Vaterschaftsurlaub nehmen“, hängt die Florentinerin bei einem Gespräch in der Florentiner Innenstadt bitter an.

Steigendes Alter

Fortunati erklärt, dass mittlerweile mehr Frauen die Möglichkeit einer Karenz wahrnehmen, als das früher der Fall war, er betont aber, dass es Frauen sind, die dieses Angebot wahrnehmen und nicht Männer. Weiters erklärt er, dass die Geburtenrate in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen ist. Im Jahr 2022 sind geschätzt rund 12,4 Prozent der Bevölkerung Italiens zwischen 0 und 14 Jahre alt, rund 63,5 Prozent zwischen 15 und 64 Jahre und rund 24,1 Prozent 65 Jahre und älter. Auch die Frauen, die Kinder bekommen, werden immer älter.

Die Bezahlbarkeit von privaten Einrichtungen ist auch ein Anliegen für viele Familien, da dies zu finanziellen Belastungen führen kann, insbesondere für einkommensschwächere Haushalte. Isabelle Leblanc und Iacopo Fornai von der Canadian School Firenze, einer privaten Bildungseinrichtung, die Kinder von drei bis 18 Jahren begleitet, sind sich diesem Ungleichgewicht bewusst. Die Schule ist in einem ruhigen Wohngebiet in einem Randbezirk der Stadt. Leblanc, die ursprünglich aus Kanada kommt, berichtet, dass es ein großes Angebot an internationalen Schulen in ganz Italien gibt und diese auch von vielen Kindern italienischer Familien besucht werden: „Bei uns ist die Verteilung fifty-fifty. Auf den Gängen hört man die Schülerinnen und Schüler sowohl Italienisch als auch Englisch reden.“

Aktuell wird intensiv daran gearbeitet, Projekte und Initiativen zu fördern, die die Bedürfnisse der Kinder besser adressieren. Eine Herausforderung besteht jedoch darin, Eltern stärker in die Erziehung ihrer Kinder einzubeziehen und sie besser zu unterstützen.

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