Meteorologen klären auf
Frost im April – wie man die Pflanzen schützt

- Teuer, aber gut: Die wirksamste Maßnahme, um die Obstkulturen zu schützen, ist eine Frostschutz-Beregnungsanlage.
- Foto: Wolfgang Mazelle
- hochgeladen von Mag. Maria Jelenko-Benedikt
In der Nacht auf Freitag kam es in Österreich teils zu Frost-Rekorden. In den letzten Jahren häuften sich Schäden durch Spätfrost, da sich viele Pflanzen durch sehr milde Wetterphasen im März und April sehr früh entwickelt haben. Aber wie häufig kommt Frost im April eigentlich vor? Und wie kann man Obstkultur gegen den Frost schützen?
ÖSTERREICH. Die Nacht auf Freitag brachte die tiefsten Temperaturen der Woche. Am Samstag und Sonntag erwarten wir sehr milde Nachmittage, mit Höchstwerten in vielen Regionen zwischen 15 und knapp über 20 Grad. Die Nächte sind aber kalt, mit Tiefstwerten oft nur um 0 Grad.
Von den rund 280 Wetterstationen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) blieben in der Nacht auf Freitag nur drei frostfrei: Fraxern, Feldkirch (beide Vorarlberg) und Wien Innere Stadt. Vereinzelt gab es in der Nacht auf Freitag an Orten mit relativ langen Messreihen neue Kälterekorde für April, zum Beispiel:
- -11,8 Grad in Bad Mitterndorf (ST), Messungen seit 1970
- -9,9 Grad in Windischgarsten (OÖ), Messungen seit 1940
- -8,9 Grad in Zeltweg (ST), Messungen seit 1963
Schon am Donnerstag einzelne Kälterekorde
Schon in der Nacht auf Donnerstag gab auch in St. Andrä/Lavanttal (-7,1 Grad, Messungen seit 1961) und in Graz/Flughafen (-7,0 Grad, Messungen seit 1939) neue Kälterekorde für April. St. Andrä/Lavanttal verzeichnete nur gut eine Woche vorher einen neuen Wärmerekord für März (25,5 Grad am 31.3.2021). Der österreichweite Kälterekord für April liegt an bewohnten Orten bei
-19,7 Grad, gemessen am 8.4.2003 in Seefeld (T, 1182 m). Der Kälterekord unter 1000 Meter Seehöhe stammt ebenfalls aus Tirol vom 8.4.2003, mit -17,3 Grad in Achenkirch (904 m).
Häufigkeit von Frost im April
Ein Tag mit leichtem Frost kommt im April selbst in den tiefen Lagen Österreichs fast jedes Jahr vor. Deutlich seltener sind hingegen mehrere Tage in einem April deutlich unter 0 Grad, wie wir es derzeit erleben. Prinzipiell ist Frost im April in Österreich also nicht ungewöhnlich: „Selbst in Lagen unterhalb von 800 Meter Seehöhe muss man jedes Jahr mit zumindest einer Frostnacht im April rechnen", sagt Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Relativ selten ist hingegen, dass es in einem April gleich an mehreren Tagen deutlich unter 0 Grad hat, wie wir es derzeit erleben. Ein April, in dem es mindestens drei Tage Frost gibt mit Temperaturen bei minus zwei Grad oder darunter, kommt zum Beispiel in Krems statistisch gesehen alle fünf Jahre vor, in Gleisdorf und Jenbach alle zehn Jahre."
Die Zutaten für Frost im April
Für Frost im April müssen einige Faktoren zusammenpassen:
- Kalte Luftmasse: In den letzten Tagen strömte polare Kaltluft nach Österreich.
- Klare Nacht: Ohne Wolken strahlt die Erdoberfläche ihre Wärme ungehindert in den Weltraum aus.
- Kein Wind: Ohne Wind kühlt die Luft in Bodennähe ungestört ab. Sobald Wind weht, kommt es zur Vermischung mit milderer Luft aus der Umgebung und aus höheren Luftschichten.
- Schneedecke: Eine geschlossene Schneedecke verstärkt den Effekt des Abkühlens zusätzlich. Sie reflektiert tagsüber einen Großteil der Sonnenstrahlung und verhindert in der Nacht wie eine Isolierschicht, dass Wärme aus dem Boden an die Luft kommt.
Blühbeginn und Frostgefahr
Obwohl Frost im April relativ normal ist, gab es in den letzten Jahren immer wieder massive Frostschäden an Obst- und Weinkulturen. „Die bisherigen Untersuchungen zeigen allerdings keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Temperaturzunahme der letzten Jahrzehnte und den häufigen Spätfrostereignissen in den Jahren 2016, 2017, 2020, 2021", sagt ZAMG-Phänologe Helfried Scheifinger, „eindeutig sehen wir in den phänologischen aber, dass die Blüte von Marille, Apfel und Kirsche mittlerweile um durchschnittlich zehn Tage früher stattfindet als noch vor 30 Jahren."
Obstkulturen können Schaden nehmen
Sinken die Temperaturen zu sehr in den Minusbereich, könnten Obstkulturen Schaden nehmen. Schutzmaßnahmen seien aufwendig und teuer, klagen Obstbauern. Durch die immer frühere Blüte der Obstkulturen würden sich Temperatureinbrüche im April stärker auswirken. Derzeit ist besonders die Marille von den frostigen Nächten betroffen. In der gesamten Steiermark werden laut Landwirtschaftskammer auf etwa 150 Hektar Marillen angebaut, das sind rund 16 Prozent der österreichischen Marillenflächen. Den größten Flächenanteil hat nach wie vor das Bundesland Niederösterreich. Die Hektaranzahl ist in der Grünen Mark aber seit Ende der 1990er Jahre kontinuierlich im Steigen.
Die wirksamste Maßnahme, um die Obstkulturen zu schützen, ist eine Frostschutz-Beregnungsanlage. Mit solchen Anlagen werden Blüten mit Wasser besprüht, welches gefriert und so Kristallisationswärme freisetzt, die Blätter und Blüten vor Frostschäden bewahrt. Dazu benötige man allerdings viel Wasser – und viel Geld. Ebenfalls teuer ist das Beheizen der Plantagen. Direkte Frostabwehr wie Frostschutzberegnung oder das Aufstellen von Heizöfen betreiben etwa ein Viertel der steirischen Obstbaubetriebe. Etwa 80 Prozent sind gegen einen Totalausfall durch Frost versichert.
2017 sogar Wildpflanzen betroffen
In den Jahren 2017 und 2020 wurden über viele Wochen andauernde Warmphasen im Februar und März von massiven Kaltlufteinbrüchen beendet. Durch die ungewöhnliche Wärme wurde die Vegetation in ihrer Entwicklung vorangetrieben und erreichte ein sehr fortgeschrittenes Stadium zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Daher verursachten die polaren Luftmassen im April 2017 nicht nur an Kulturpflanzen großen Schaden, sondern beeinträchtigten sogar Wildpflanzen, die an unser Klima gut angepasst sind.
„Heuer bewegt sich die Entwicklung der Vegetation im Bereich des langjährigen Durchschnitts und ist daher noch nicht so frostempfindlich wie 2020", sagt Phänologe Scheifinger, „trotzdem kann es bei entsprechend tiefen Temperaturen zu Schäden an Kulturpflanzen kommen."
Auch andere Faktoren spielen eine Rolle
Neben der Meteorologie spielen auch andere Faktoren eine Rolle, wie Änderungen des Anbauortes. In den letzten Jahrzehnten wurden in einigen Regionen Obst- und Weinkulturen vermehrt von Hanglagen in die Ebene verlegt, da sie hier leichter zu bewirtschaften sind. In der Ebene ist aber die Frostgefahr oft größer als einige Höhenmeter weiter oben an einem Hang. Denn kühlt Luft ab wird sie schwerer und sammelt sich wie Wasser an den tiefsten Punkten einer Region.
Selber forschen mit der kostenlosen App „Naturkalender ZAMG"
Mit der kostenlosen App „Naturkalender ZAMG" können alle Interessierten ihre phänologischen Beobachtungen einfach und schnell festhalten und so Beobachtungsreihen für den eigenen Garten oder die Region erstellen. Sie unterstützen damit auch die Wissenschaft, denn die Daten gehen in nationale und internationale phänologische Datenbanken und Projekte ein.



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.