Caritas fordert Paket gegen Armut
Knapp 40 Prozent der arbeitslosen Menschen sind armutsgefährdet

Foto: Caritas/Johannes Hloch
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Caritas fordert Bekämpfung der Rekordarbeitslosigkeit und Pakt gegen Kinderarmut.

ÖSTERREICH. Das Geld reicht am Ende des Monat kaum noch für ein volles Einkaufswagerl, die Stromrechnung ist überfällig, ein kaputter Kühlschrank rei´ßt ein Loch ins Familienbudget. Schon vor der Corona-Krise waren in Österreich hunderttausende Menschen von Armut betroffen. Die Pandemie verstärkt die Not vieler aber zusätzlich. Die Armut sei bereits in die Mitte der Gesellschaft vorgerückt, erzählt Caritas Präsident Michael Landau im Rahmen einer Pressekonferenz bei einer Caritas-Lebensmittelausgabestelle in Wien. "Zunehmend begegnen wir Menschen, die durch die Pandemie in Not geraten sind.  Wir sehen an vielen Orten in ganz Österreich, dass die Krise die schwächsten der Gesellschaft am härtesten trifft", so Landau. Aus Sicht der Caritas sei daher klar: "Wir müssen eine Pandemie der Armut unter allen Umständen verhindern!"

Gemeinsam mit der neuen Generalsekretärin der Caritas Österreich, Anna Parr, verwies Landau auf steigende Hilfsanfragen während der Krise. Parr: „In unserer täglichen Arbeit begegnen wir Menschen, die schon vor der Krise in einer Krise waren, aber immer häufiger auch Menschen, die noch nie auf unsere Hilfe angewiesen waren". In Teilen Niederösterreichs habe man etwa in den Sozialberatungsstellen seit Jahresbeginn um 41 Prozent mehr Erstkontakte als im Vorjahr gezählt, in der Steiermark waren es um 37 Prozent mehr. Seit beginn der Krise wurden in den zwölf Lebensmittelausgabestellen der Caritas in Wien knapp 24.000 Lebensmittelpakete ausgegeben. 

Auch am Donnerstagmorgen ist die Schlange vor der Lebensmittelausgabe der Caritas in Wien Floridsdorf lang. Die Kälte hält die Menschen nicht davon ab, sich für ein Lebensmittelpaket zum Preis von vier Euro anzustellen. Michaela ist alleinerziehende Mutter und nimmt zum fünften mal diese Unterstützung in Anspruch. Das Karenzgeld von monatlich 644 Euro reiche zwar aus, für sie ist der Einkauf bei der Caritas aber eine finanzielle Erleichterung. "Man bekommt hier relativ viel für wenig Geld", erzählt die Mutter einer acht Monate alten Tochter. 

Auch am Donnerstagmorgen ist die Schlange vor der Lebensmittelausgabe der Caritas in Wien Floridsdorf lange.  | Foto: Julia Schmidbaur
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Arbeitslosengeld langfristig erhöhen

Der Druck steigt mit Fortdauer der Krise an. Zwar hätten zahlreiche Maßnahmen der Bundesregierung bislang Schlimmeres verhindert, auch die zuletzt beschlossenen Einmalzahlungen im Bereich des Arbeitslosengeldes seien hilfreich, doch aus Sicht der Caritas ist klar: „Während ein einziger Impfstoff genügen kann, um die gesundheitlichen Folgen der Krise zu bekämpfen, wird es eine Vielzahl wirksamer Rezepte brauchen, um die sozialen Folgen in den Griff zu bekommen.“ Konkret fordert die Caritas zusätzliche Schritte, um Rekordarbeitslosigkeit und Kinderarmut stärker als bislang zu bekämpfen. "Es braucht raschere, existenzsichernde Maßnahmenfür die kommenden Monate. Die Zahl der arbeitslosen Menschen ist mit 409.000 auf einem Rekordhoch. Eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht", so Landau. 41 Prozent der Arbeitslosen seien heute armutsgefährdet. Dauere die Erwerbslosigkeit ein Jahr an so steige die Quote auf 45 Prozent. „Die geplante Verlängerung der Einmalzahlung für arbeitslose Menschen ist gut und wichtig. Es braucht aber eine langfristige Erhöhung des Arbeitslosengeldes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Notstandshilfe, damit Menschen trotz Jobverlust weiterhin ausreichend Geld für Lebensmittel, Heizen und anfallende Mieten haben.“

Soforthilfen über die Fortdauer der Krise

Die Caritas begrüßt zwar, dass es zu Beginn der Krise zu einem Mietkostenaufschub und zu einem vorläufigen Delogierungsstopp gekommen ist. Landau: „Wir sehen aber auch: Für viele Menschen werden diese Kosten jetzt schlagend. Als Caritas würden wir uns wünschen, dass die Maßnahmen mit dem Andauern der Krise weiter fortgeschrieben und dass rasch und unbürokratisch Hilfsgelder für besondere Lebenslagen zur Verfügung gestellt werden. Wir müssen gerade jetzt im Winter verhindern, dass Menschen in kalten Wohnungen leben oder Gefahr laufen, ihre Wohnung zu verlieren.“ 

"Wir müssen gerade jetzt im Winter verhindern, dass Menschen in kalten Wohnungen leben oder Gefahr laufen, ihre Wohnung zu verlieren“, fordert Caritas Präsident Michael Landau.  | Foto: Caritas/Johannes Hloch
  • "Wir müssen gerade jetzt im Winter verhindern, dass Menschen in kalten Wohnungen leben oder Gefahr laufen, ihre Wohnung zu verlieren“, fordert Caritas Präsident Michael Landau.
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Pakt gegen Kinderarmut: Sozialhilfe Neu reformieren

Oft betrifft die Not auch Kinder. Laut offizieller Statistik waren in Österreich schon vor der Corona-Krise 231.000 Kinder und Jugendliche armutsgefährdet. Die größte Bezieherinnengruppe in der Sozialhilfe/Mindestsicherung sind Kinder. „Das ist unerträglich für ein wohlhabendes Land wie Österreich. Wer Kinderarmut rasch bekämpfen will, muss die Sozialhilfe jetzt reformieren und armutsfest ausgestalten. Denn Familienarmut ist immer auch Kinderarmut“, betont Generalsekretärin Parr. Mittelfristig fordert die Caritas einen Pakt für Kinder: „Es muss dabei auch über eine bundesweit einheitliche Kindergrundsicherung ergebnisoffen diskutiert werden. Eine Grundsicherung, die sich am Familieneinkommen und den tatsächlichen Kinderkosten orientiert." Das Ziel müsse auch abseits von Corona sein, Kinderarmut in Österreich bis zum Jahr 2030 endgültig abzuschaffen. 

Die Caritas selbst gerät durch die Corona-Krise in eine Doppelmühle: Einerseits wird die Hilfsbedürftigkeit größer, andererseits haben weniger Menschen die Ressourcen, zu spenden. Caritas-Präsident Landau: „Klar ist: Hilfsorganisationen wie die Caritas werden die sozialen Folgen der Corona-Krise nicht alleine abfangen können. Auch wir können nur helfen, weil es Menschen in unserem Land gibt, die jetzt spenden und unsere Hilfe möglich machen.“ Informationen zu den Lebensmittelausgabestellen der Caritas und Öffnungszeiten findet ihr auf der Webseite https://www.caritas-leo.at/. 

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