Kirche fordert
Österreich soll Flüchtlinge aus Lesbos aufnehmen
"Eine humane Katastrophe kurz vor Weihnachten ist im Gange", sagt der Vorsitzender der Bischofskonferenz Franz Lackner in Bezug auf die menschenunwürdigen Bedingungen in den griechischen Flüchtlingslagern wie auf Lesbos: "Erste Hilfe ist nötig, von der sich niemand dispensieren kann." Er fordert die österreichische Bundesregierung auf, vor allem Familien mit Kindern aus dem Elend zu retten und in Österreich aufzunehmen.
ÖSTERREICH. Angesichts der Notlage im Lager Kara Tepe auf Lesbos soll sich Österreich an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen, so Lackner im ZIB2-Interview. "Jetzt scheint mir der Moment gekommen zu sein, wo vor allem Familien mit Kindern von dort aufgenommen werden, auch von Österreich".
Lesbos - Kara Tepe
— Klecksa (@Anpatzer) December 21, 2020
"Ich will niemanden ins Gewissen reden, oder das Gewissen absprechen, aber......."
Herr @sebastiankurz sie müssen jetzt einen "Akt setzen, der mehr als notwendig ist und nicht nur ein Akt der Barmherzigkeit" Bischof #Lackner in der #ZiB2, 20.12.20 pic.twitter.com/VQKatuDhiI
Armutszeugnis für Europa
Rund 7000 Menschen leben derzeit im Camp Kara Tepe auf Lesbos, darunter viele Frauen und Kinder. Trotz der winterlichen Temperaturen müssen sie in Zelten schlafen. Die derzeitigen Bedingungen seien "katastrophal", die Kälte habe die Situation im Ersatzcamp nach dem Brand in Moria weiter verschlimmert, warnte das Rote Kreuz am Donnerstag.
Wir schreiben das Jahr 2020. #wien#lesbospic.twitter.com/vpTtzbrJ5w
— cariklaus (@KlausSchwertner) December 20, 2020
"Die Flüchtlingssituation ist ein Armutszeugnis für ganz Europa. Kein Mensch sollte in der EU gezwungen sein, im Zelt zu leben, schon gar nicht im Winter", so Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Er forderte die türkis-grüne Regierung einmal mehr auf, "Solidarität zu zeigen" und Geflüchtete aus Griechenland in Österreich aufzunehmen.
Trotz Schutzstatus im Elend
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser macht auf die Lage auf den anderen griechischen Inseln aufmerksam, „insbesondere auch auf Samos und Chios leben Schutzsuchende unter völlig unzumutbaren Bedingungen“, so Moser. Inzwischen befinden sich in den Flüchtlingslagern auch viele Menschen, die bereits einen offiziellen Schutzstatus erhalten haben. Sie haben keinen Zugang mehr zu staatlicher Unterstützung, können aber auch die Inseln nicht verlassen. Auf dem griechischen Festland bieten die meisten Flüchtlingslager zwar eine bessere Versorgung, als auf den Inseln. Moser: „Die Situation für Flüchtlinge mit offiziellem Schutzstatus ist jedoch auch dort katastrophal. Sie finden meist keinen Zugang zu Sozialleistungen. Tausende leben in Athen und Thessaloniki ohne Unterkunft und sind auf die Versorgung durch karitative Organisationen angewiesen."
Die Kollegen von „Ärzte ohne Grenzen“ berichten, dass aktuell Rattenbisse die häufigsten Verletzungen von Kindern auf Lesbos sind. Die werden Nachts angeknabbert! Rattenbisse! Rattenbisse an Kindern!!! Mitten in #Europa! Shame on you! #lesbos
— Anästhesist (@Intubator1) December 13, 2020
Unwürdiges Dahinvegetieren
„Wir ermahnen die per Selbstdefinition christlich-soziale Partei ÖVP weiterhin, Kinder und Familien aus den mittlerweile lebensgefährlichen Zuständen zu retten. Das zu ermöglichen ersuchen mittlerweile klar sichtbar viele Orten, Gemeinden, Einzelpersonen und kirchliche Würdenträger bis zu Kardinal Schönborn mit Verweis auf ein Mindestmaß gelebten Christentums- oder einfach ein wenig Menschlichkeit", so NEOS Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper: „Während Menschen unwürdig dahinvegetieren, fällt dem Kanzler nichts anderes ein, als seine PR-Maschine anzuwerfen.“
Kinder leben im Schlamm
Der Salzburger Erzbischof würdigt die von Österreich schon erbrachten Hilfeleistungen. Die Hilfe für Flüchtlingen müsse global erfolgen, es sei aber auch die Europäische Union gefordert. Ein erster Schritt müsse sein, dass die Flüchtlinge von Lesbos auf das griechische Festland verlegt werden. Alle internationalen Instanzen seien aufgefordert zu helfen. An Ort und Stelle sei es notwendig, „dass die Flüchtlingslager von den Inseln wegkommen, aufs Festland kommen“. Denn derzeit passierten dort schreckliche Dinge, Kinder würden im Schlamm leben, auch die ansässige Bevölkerung sei überfordert.
Österreich beteiligt sich nicht
Zwölf EU-Länder, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Irland, Finnland, Portugal, Bulgarien, Litauen, Slowenien und Kroatien, haben sich seit Anfang März bereiterklärt, insgesamt 1.537 unbegleitete Minderjährige aus den überfüllten griechischen Lagern aufzunehmen. Österreich beteiligt sich wie 14 weitere EU-Staaten nicht an der Aktion. Während die Grünen für eine Aufnahme Geflüchteter plädierten, lehnt das der Koalitionspartner ÖVP weiter strikt ab und will auf Hilfe an Ort und Stelle setzen.
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