Corona-Virus
So werden Mitarbeiter im Homeoffice ausspioniert

Tatsächlich werden viel mehr Mitarbeiter vom Dienstgeber bei der Arbeit zuhause ausspioniert, als es den meisten bewusst ist. Doch: Darf ein Arbeitgeber das eigentlich, wie funktioniert das technisch, woran erkennt der Mitarbeiter, dass er ausspioniert wird und welche Möglichkeiten hat er, sich dagegen zu wehren? | Foto: pixabay/Symbolfoto
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  • Tatsächlich werden viel mehr Mitarbeiter vom Dienstgeber bei der Arbeit zuhause ausspioniert, als es den meisten bewusst ist. Doch: Darf ein Arbeitgeber das eigentlich, wie funktioniert das technisch, woran erkennt der Mitarbeiter, dass er ausspioniert wird und welche Möglichkeiten hat er, sich dagegen zu wehren?
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Spionage im Homeoffice, wenn Mitarbeiter ausspioniert werden: In Zeiten von Corona, wo Hunderttausende im Homeoffice arbeiten, wächst bei vielen Vorgesetzten das Bedürfnis, ihre Mitarbeiter zu kontrollieren. Wird im Homeoffice tatsächlich gearbeitet oder gar die Spülmaschine ausgeräumt? Fakt ist: Die Hersteller von Überwachungssoftware verzeichnen derzeit hohe Zuwachsraten. Doch das Ausspionieren im Homeoffice ist ganz klar rechtswidrig, sagt eine Arbeitsrechtsexpertin der AK-Wien im Interview mit RMA-Redakteurin Anna Richter-Trummer.

ÖSTERREICH. "Mitarbeitertracking" nennt sich das Wort der Stunde. Es scheint für viele Unternehmen, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Mitarbeiter von zuhause aus im sogenannten Homeoffice arbeiten lassen, eine Notwendigkeit zu sein, um selbige zu kontrollieren: Arbeiten sie tatsächlich? Wann und wie lange machen sie Pause? Surfen sie auf privaten Seiten, wie lange verbringen sie auf Social Media? Oder sitzen sie garnicht vor dem vom Dienstgeber bereitgestellten PC? Könnte das ein Kündigungsgrund sein? Tatsächlich werden viel mehr Mitarbeiter vom Dienstgeber bei der Arbeit zuhause ausspioniert, als es den meisten bewusst ist. Doch: Darf ein Arbeitgeber das eigentlich, wie funktioniert das technisch, woran erkennt der Mitarbeiter, dass er ausspioniert wird und welche Möglichkeiten hat er, sich dagegen zu wehren?

Überwachungstechniken sind immer zustimmungspflichtig

Grundsätzlich gilt: Überwachsungstechniken, die der Dienstgeber am Dienstnehmer anwendet, sind immer zustimmungspflichtig. Das bestätigt auch die Arbeitsrechtsexpertin der AK Wien: "Ganz klar nein, der Dienstgeber darf auf den berufliche Laptop ohne Zustimmung des Dienstnehmers keine Spyware verwenden, um  den Dienstnehmer zu kontrollieren.  Jegliche Spyware, die im Homeoffice zur Anwendung kommt, ist klar rechtswidrig und gesetzwidrig." Auch GPS-Tracking für Außenmitarbeiter sind nicht gerechtfertigt, wenn sie ohne Wissen des Dienstnehmers angebracht werden. Laut Expertin müssen für Überwachungsmaßnahmen immer "sachlich gerechtfertigte Gründe" vorliegen. Ansonsten liegt eine klare Verletzung der Menschenwürde und des Rechts auf Privatsphäre vor. Das ist ein Grundrecht und das höchste Rechtsgut. Der Dienstgeber darf weder ein Bewegungsprofil erstellen noch Spyware installieren, um zu überprüfen, ob der Mitarbeiter arbeitet oder nicht." Angesprochen auf die aktuelle Corona-Pandemie und die zunehmende Zahl an Homeoffice-Mitarbeitern bestätigt dieExpertin, dass solch illegales Mitarbeiter-Tracking in der Praxis oft vorkomme.

Bildschirm duplizieren: Chef schaut mit

Technisch gibt es bei der Arbeitskontrolle im Homeoffice kaum Grenzen: So besteht etwa die Möglichkeit der Überwachung der Mausbewegungen, über die Messung von Anschlägen auf der Tastatur bis hin zu Systemen, die sich nach fünf Minuten Inaktivität automatisch auf abwesend stellen. Es gibt auch Spyware die es möglich macht, dass der Chef einfach zusieht, was der Dienstnehmer am Laptop macht - ganz einfach indem sie den Bildschirm duplizieren. Laut Berichten setzten auch zahlreiche Unternehmen in der Corona-Krise auf das Videochat-Tool Sneek, das alle fünf Minuten ein Foto der Konferenzteilnehmer macht. So kann der Chef kontrollieren, ob die Mitarbeiter gerade am Bildschirm sitzen. Auch Firmenlaptops können aus der Ferne kontrolliert werden: Mit der Software Interguard etwa lassen sich alle möglichen Aktivitäten tracken: E-Mails, Webseitenbesuche, aufgerufene Programme, geöffnete Ordner, Tastatureingaben. Damit lassen sich regelrechte Logbücher des Nutzungsverhaltens erstellen. Wer war wie lange auf Facebook? Wer hat während der Arbeitszeit Sportnachrichten gelesen? Wer war auf Shoppingseiten?  Die Software dient aber nicht nur der Aufdeckung arbeitsrechtlicher Verstöße im Bereich Compliance, sondern auch der Produktivitätsmessung.

Freiwillige Überwachung

Der Pharmariese Novartis offeriert übrigens Homeoffice gegen Überwachung: Das Unternehmen kontrolliert dafür, womit die Teams ihre Zeit verbringen, etwa wie oft sie mailen und telefonieren. Rund 630 Euro bekommt ein Mitarbeiter, um sich ein Homeoffice einzurichten, dann überprüft das Unternehmen via Software,  wie viel man im Homeoffice mailt, telefoniert, digitale Meetings abhält. Offenlegen der Aktivitätsdaten sei freiwillig. Laut Novartis machen 97 Prozent der Belegschaft mit.

Betriebsrat oder Datenschutzbehörde

Wenn ein Arbeitnehmer den Verdacht hat, dass er im Homeoffice elektronisch überwacht wird, oder wenn es sogar eindeutige Belege dafür gibt, sollte er sich erstmal an den Betriebsrat wenden. Gibt es keinen Betriebsrat oder bleibt dieser untätig, so kann sich der Arbeitnehmer – auch anonym – an die Datenschutzbehörde wenden.

Kein Recht auf Homeoffice

In Österreich macht sich ob steigender Corona-Neuinfektionszahlen der Ruf nach einem Recht auf Homeoffice breit. Gerade Mitarbeiter aus Großraumbüros fürchten um ihre Gesundheit.  Weiters befremdet auch die Tatsache, dass für Homeoffice noch immer keine rechtlichen Grundlagen gegeben sind, sondern diese erst für März 2021 angekündigt sind.

„Kann ein Geschäftsführer in Homeoffice gehen?”

Übrigens: Vor der Corona-Pandemie hatten erst 18 Prozent der österreichischen Unternehmen auf Telearbeitsplätze umgestellt. Für alle anderen bedeutet das: große Investitionen und viele offene arbeitsrechtliche Fragen. Die Themen Vertrauen und Unternehmenskultur spielen in der neuen Arbeitswelt eine zentrale Rolle. Für Herbert Schlossnikl, respACT-Vizepräsident und Landeskoordinator für Niederösterreich sowie Geschäftsführer der Vöslauer Mineralwasser GmbH, stellte sich zu Beginn des Lockdowns die Frage: „Kann ein Geschäftsführer in Homeoffice gehen?” Seine Antwort dazu fiel eindeutig positiv aus: „Ja, ich trage die Verantwortung für viele Mitarbeiter, bin sehr vernetzt und will niemanden gefährden.“ Vertrauen, als Schlüsselthema bei Vöslauer, habe den gesamten Dialog zwischen Geschäftsleitung, Mitarbeitenden in der Verwaltung und Produktion begleitet. „Wir waren schon vor dem Lockdown gut aufgestellt. Wir hatten das Equipment, ein gutes Vertrauensverhältnis auf allen Ebenen und es hat auf Anhieb funktioniert”, betont Schlossnikl. Bereits vor dem Lockdown hat das Unternehmen die Mitarbeiter-App VÖSLAURA gelauncht, die 175 von den 200 MitarbeiterInnen gerne nutzen, um direkte soziale Kontakte mit Kollegen und Führungskräften aufrecht zu erhalten. Im September hat der Public Relations Verband Austria PRVA diese vorbildhafte Initiative zur Förderung der internen Kommunikation auch mit der Silbernen Feder in der Kategorie „Digital” ausgezeichnet

Quellen: Datenschutzbehörde
Novartis kontrolliert die Angestellten im Homeoffice
The Best Employee Monitoring Software 2020

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